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Türkei-Wahlkampf: Gaggenau: Bozdag spricht von "faschistischem Vorgehen"

Türkei-Wahlkampf

Gaggenau: Bozdag spricht von "faschistischem Vorgehen"

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    Der türkische Justizminister Bekir Bozdag im März 2013 in Baden-Württemberg. Sein geplanter Auftritt in Gaggenau wurde abgesagt. Die Türkei reagiert mit harscher Kritik.
    Der türkische Justizminister Bekir Bozdag im März 2013 in Baden-Württemberg. Sein geplanter Auftritt in Gaggenau wurde abgesagt. Die Türkei reagiert mit harscher Kritik. Foto:  Marijan Murat, dpa (Archivfoto)

    Die Beziehungen zwischen Berlin und Ankara sind an einem Tiefpunkt angelangt. Justizminister Bozdag warnt vor einer "alten Krankheit" Deutschlands. Eine regierungsnahe Zeitung wagt schon mal eine Diagnose - und befindet: "Deutschland ist verrückt geworden."

    Der türkische Justizminister Bekir Bozdag hat den Stopp seines Auftritts in Deutschland als "faschistisches Vorgehen" gebrandmarkt. "Dieses Skandal-Vorgehen in Deutschland ist im wahrsten Sinne des Wortes ein faschistisches Vorgehen", sagte Bozdag am Freitag bei einer Veranstaltung im ostanatolischen Malatya. "Wir dachten, die Berliner Mauer sei schon lange gefallen. Aber wir sehen, dass es in manchen Köpfen in Deutschland immer noch ideologische

    Türkischer Außenminister droht Deutschland mit Konsequenzen

    Außenminister Mevlüt Cavusoglu warf Deutschland nach der Absage von Wahlkampfauftritten türkischer Minister vor, ein Präsidialsystem in der Türkei verhindern zu wollen. "Sie wollen nicht, dass die Türken hier Wahlkampf führen, denn auch sie arbeiten auf ein Nein hin", sagte Cavusoglu in Ankara mit Blick auf Deutschland. "Sie wollen einer starken

    Cavusoglu warnte Deutschland vor Konsequenzen. "So kann es nicht weitergehen", sagte er. "Wenn Sie mit uns arbeiten wollen, müssen Sie lernen, wie Sie sich uns gegenüber zu verhalten haben." Die Türkei werde die Behandlung ansonsten "ohne Zögern mit allen Mitteln" erwidern. "Dann müssen Sie an die Folgen denken." Welche Folgen das sein könnten, sagte er nicht. 

    Das türkische Volk sei einem "systematischen Druck" durch Deutschland ausgesetzt, werde sich aber nicht einschüchtern lassen, betonte Cavusoglu. Er forderte eine Behandlung seines Landes auf Augenhöhe. "Sie müssen uns als ebenbürtigen Partner betrachten", sagte er. "Die Türkei untersteht Ihnen nicht. Sie sind nicht der Chef der Türkei. Sie sind nicht erste Klasse und die Türkei zweite Klasse." 

    Justizminister wittert Faschismus hinter Gaggenau-Absage

    Die Stadt Gaggenau hatte einen für Donnerstagabend geplanten Auftritt Bozdags gestoppt. Bozdag ließ aus Protest ein Treffen mit Bundesjustizminister Heiko Maas in Karlsruhe platzen. Maas wollte mit Bozdag in

    Bozdag stellte am Freitag klar, dass er nicht glaube, dass die Gemeinde Gaggenau eigenständig entschieden habe. "Es ist klar ersichtlich, dass das eine Entscheidung ist, die die Zuständigkeit von Gemeinden übertrifft." Der Minister warnte ominös vor einer Wiederholung der deutschen Geschichte. 

    "Sie sollen auf ihre eigene Geschichte zurückblicken", sagte er. "Wir sehen, dass alte Krankheiten herumgeistern. Sollen sie sich mit der Behandlung dieser Krankheiten beschäftigen. Wenn sie diese Krankheiten nicht behandeln, dann befürchte ich, dass jene, die heute den Justizminister der Türkei in Deutschland nicht sprechen lassen, selber in ihrem eigenen Land nicht mehr sprechen werden können." Die türkische Regierung beklagt seit langem wachsenden Rassismus in Europa. 

    Bozdag warf Deutschland erneut vor, Terroristen aus der Türkei Schutz zu gewähren. "Ob Mitglieder von PKK, Fetö oder DHKP-C. Wer auch immer Straftaten gegen die Türkei begangen hat, für den ist Deutschland heute zur Zufluchtsstätte geworden." Bozdag bezog sich auf die verbotene kurdische Arbeiterpartei

    Türkei-Wahlkampf in Deutschland: Bisher kein öffentlicher Kommentar von Erdogan

    Staatschef Recep Tayyip Erdogan äußerte sich bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Auftrittsstopp für Bozdag nicht zu dem Streit. Sein Sprecher Ibrahim Kalin hatte die Absage zuvor als "Skandal-Entscheidung" kritisiert. Die Absage in Gaggenau sei aus "fadenscheinigen Gründen" erfolgt, teilte Kalin auf Twitter mit. "Mit solchen Entscheidungen kommt das wahre Gesicht derjenigen offen zum Vorschein, die bei jeder Gelegenheit versuchen, der Türkei Lektionen in Demokratie und Meinungsfreiheit zu erteilen."

    Auch bei der größten türkischen Oppositionspartei CHP stieß der Auftrittsstopp für türkische Minister auf Kritik. "Das ist ganz und gar nicht in Ordnung", sagte CHP-Chef und Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu nach Angaben der Nachrichtenagentur DHA in Istanbul. An die Adresse Deutschlands gerichtet fügte er hinzu: "Einerseits belehrt Ihr die Welt über Demokratie, andererseits wollen zwei Minister einer Partei sprechen, aber aus diesem oder jenem Grund verbietet Ihr diese Rede. Das finden wir keineswegs richtig." 

    In der regierungsnahen türkischen Presse stieß die Absage der Minister-Auftritte auf ein verheerendes Echo. "Deutschland ist verrückt geworden", diagnostizierte etwa die Zeitung "Yeni Safak" am Freitag. Das Blatt sprach von einer "Schande". dpa

    Lesen Sie dazu: Pressestimmen zur Absage in Gaggenau: "Bürgermeister Mutig!"

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