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Türkei: Türkische Staatsbedienstete fliehen zu Hunderten vor Erdogan

Türkei

Türkische Staatsbedienstete fliehen zu Hunderten vor Erdogan

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    Zu zaghaft gegenüber der türkischen Regierung? Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßt in Hamburg Recep Tayyip Erdogan, Staatspräsident der Türkei.
    Zu zaghaft gegenüber der türkischen Regierung? Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßt in Hamburg Recep Tayyip Erdogan, Staatspräsident der Türkei. Foto: Michael Kappeler (dpa)

    Bereits ein Jahr dauern die umstrittenen Säuberungswellen gegen Regierungskritiker in der Türkei nach dem gescheiterten Putschversuch an. Mit unverminderter Härte geht Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan gegen seine politischen Gegner vor. Weltweit wächst die Kritik an seiner autokratischen Herrschaft. Aber auch die Bundesregierung gerät unter Druck, zu wenig entschieden gegen Verhaftungswellen und Menschenrechtsverletzungen in der Türkei Stellung zu beziehen.

    Zugleich suchen immer mehr türkische Staatsbürger in Deutschland Schutz vor politischer Verfolgung: Allein 209 türkische Diplomaten und weitere 205 teils hochrangige Staatsbedienstete haben seit Jahresbeginn Asyl beantragt. Insgesamt verzeichnet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in diesem Jahr über 3200 Asylanträge türkischer Staatsangehöriger.

    Seit der Umsturzversuch des Militärs vor einem Jahr niedergeschlagen wurde, haben in der Türkei über 100.000 Staatsbedienstete ihren Arbeitsplatz verloren, darunter viele Lehrer und auch unabhängige Wissenschaftler. Mehr als 50.000 Menschen sind verhaftet worden.

    Nach Angaben der Organisation "Reporter ohne Grenzen" sitzen derzeit auch 170 Journalisten in türkischen Gefängnissen – mehr als in jedem anderen Land der Welt. Die Regierung unter Erdogan habe "den Ausnahmezustand für eine beispiellose Hexenjagd auf ihre Kritiker in den Medien genutzt", kritisiert die Organisation. Die Regierung hat nach Angaben des Verlegerverbands 45 Zeitungen geschlossen.

    Bundesregierung gerät in Kritik wegen zögerlichen Verhaltens gegenüber Türkei

    Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, Frank Überall, fordert von der Bundesregierung einen stärkeren Einsatz für die in der Türkei verhafteten Journalisten, darunter auch die Ulmerin Mesale Tolu, die seit Wochen mit ihrem zweijährigen Sohn in Istanbul im Gefängnis sitzt. "Nur mit politischem Druck lässt sich etwas bewirken", sagt Überall.

    Das Leben von Recep Tayyip Erdoğan

    Recep Tayyip Erdoğan wird als Sohn eines türkischen Seemanns am 26. Februar 1954 in Istanbul geboren.

    Er geht auf eine Imam-Hatip-Schule in Istanbul, ein religiös orientiertes Fachgymnasium.

    Nach der Schule besucht er die Marmara Universität in Istanbul und studiert dort Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften.

    Im Alter von 24 Jahren heiratet er seine Frau Emine.

    Erdoğan ist zwischen 1994 und 1998 Oberbürgermeister von Istanbul.

    Wegen Demagogie wird er 1999 zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt, vier davon sitzt er ab.

    2001 gründet er die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP).

    2002 ist die AKP bei den Parlamentswahlen erfolgreich. Erdoğan darf wegen seiner Strafe kein öffentliches Amt ausüben.

    Er zieht 2003 nach Verfassungsänderungen durch seine Partei ins Parlament ein.

    Er übernimmt den Vorsitz seiner Partei und wird zum Ministerpräsidenten.

    In den darauffolgenden Wahlen gewinnen Erdoğan und seine Partei immer die absolute Mehrheit.

    Der Präsident hat insgesamt vier Kinder. Sein Schwiegersohn Berat Albayrak ist Mitglied des türkischen Parlamentes.

    Auch Grünen-Chef Cem Özdemir wirft der Bundesregierung einen zu zögerlichen Kurs gegenüber Erdogan vor. Er warnt, dass dessen Arm über die Islam-Vereinigung Ditib bis nach Deutschland reiche: "Wir dürfen nicht zulassen, dass Moscheen zu Spionageeinrichtungen umfunktioniert werden, wie dies teilweise passiert ist", betont der Grünen-Chef. "Die Bundesregierung hat mit Ermittlungen abgewartet, bis Beweismittel vernichtet waren – aus Angst vor Erdogan, so drängt sich der Eindruck auf."

    Özdemir betont, bis heute sei nicht klar, wer für den versuchten Staatsstreich verantwortlich sei. „Klar ist jedoch, dass Ankara den Putschversuch für eine lang geplante Säuberungswelle und Massenverhaftungen nutzt.“ Die türkische Regierung kündigte am Freitag an, den umstrittenen Ausnahmezustand erneut zu verlängern.

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