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Türkei: Merkels Besuch bei Erdogan wird ungemütlich

Türkei

Merkels Besuch bei Erdogan wird ungemütlich

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    Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft den türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan erstmals seit dem Putschversuch. (Archivbild)
    Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft den türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan erstmals seit dem Putschversuch. (Archivbild) Foto: Jesco Denzel / Bundesregierung (dpa)

    In politisch besonders stürmischen Zeiten kann sich Angela Merkel wenigstens auf ermutigende Worte aus ungewohnter Richtung verlassen. „Ich beneide sie nicht um diesen Besuch“, sagt Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann über die Türkeireise der CDU-Kanzlerin, bei der Merkel morgen Staatschef Recep Tayyip Erdogan treffen wird. „Es ist wirklich schwierig, diese Gespräche zu führen“, sagt Kretschmann. „Aber wer, wenn nicht sie, kann das.“

    Der Stuttgarter Regierungschef, der als Merkel-Fan CDU-Wähler zu den Grünen holte ( „Ich wüsste keinen, der diesen Job besser machen könnte als sie“), steht allerdings mit seinem Zuspruch recht alleine da. Merkels heikle Reise nach Ankara trifft vielerorts auf Unbehagen und Kritik. Die Grünen-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth verlangt, dass die Kanzlerin in

    Seit dem Putschversuch vom 15. Juli und der anschließenden umstrittenen Säuberungswelle Erdogans ist es der erste Türkei-Besuch der Kanzlerin und einer der schwierigsten seit langem. Denn auch in der

    Opposition in der Türkei kritisiert Merkel für Erdogan-Besuch

    Der Chef der türkischen Opposition, Kemal Kilicdaroglu, kritisiert, dass Merkel Wahlkampfhilfe für Erdogan leiste. Denn der türkische Präsident will mithilfe einer Volksabstimmung über die umstrittene Verfassungsreform eine immense Machtfülle an sich reißen. „Seine Botschaft wird lauten, dass sie mit ihrem Besuch seinen Plan unterstützt, selbst wenn sie nicht die Absicht haben sollte“, kritisiert der Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei CHP.

    Auch in Deutschland halten viele den Zeitpunkt der Merkel-Reise angesichts der Verfassungs-Abstimmung für falsch. Regierungssprecher Steffen Seibert wies ungewöhnlich barsch den Verdacht als „absurd“ zurück, Merkels Reise stehe in Verbindung mit Erdogans Wahlkampf. Es gehe nur um einen Arbeitsbesuch. Zumal die Kanzlerin auf dem Weg zum EU-Gipfel in Malta nur einen Zwischenstopp in Ankara einlegt.

    Erdogan und Merkel haben viel Gesprächsbedarf

    An Gesprächsbedarf mangelt es nicht. Doch die Positionen von Deutschland und der Türkei scheinen in vielen Bereichen unüberbrückbar. Mit der Aufnahme von Regierungsgegnern wie dem Journalisten Can Dündar hat Deutschland ein Zeichen gesetzt gegen Erdogans Einschüchterungspolitik, mit der er gegen Presse, Kritiker und Opposition vorgeht. Kurz vor Merkels Besuch wurde bekannt, dass 40 türkische Soldaten aus Nato-Einrichtungen in Deutschland Asyl beantragt haben, weil ihnen in ihrer Heimat Haft und Folter drohten.

    Der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer betonte bereits: „Es gibt keinen Zweifel, dass wir diese Soldaten nicht in die Türkei zurückschicken dürfen.“ Doch auf türkischer Seite ist der Zorn groß, dass deutsche Behörden die Auslieferung von mutmaßlichen Anhängern des islamischen Predigers Fethullah Gülen ablehnen, den Erdogan als Terroristen und Verantwortlichen hinter dem Putschversuch verdächtigt. Erdogan klagte kürzlich, er habe Merkel die Akten zu mehr als 4000 Terrorverdächtigen in Deutschland übergeben, ohne dass etwas passiert sei.

    Über alledem schweben Erdogans Drohungen der Aufkündigung des Flüchtlingsdeals mit der EU, wonach sich hunderttausende Menschen erneut in Richtung Westeuropa auf den Weg machen könnten. Allerdings wird die Kanzlerin wenige Monate vor der Bundestagswahl jeden Eindruck vermeiden, vor Erdogan einzuknicken. Umgekehrt muss aber Erdogan kurz vor dem Verfassungsreferendum über die Einführung des Präsidialsystems im April vor eigenem Publikum zeigen, dass er sich nicht von den Europäern hinhalten lässt. Die Kanzlerin muss sich auf ungemütliche Verhandlungen einstellen.

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