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Türkei: Erdogan-Gegner übernimmt in Istanbul das Ruder

Türkei

Erdogan-Gegner übernimmt in Istanbul das Ruder

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    Gewählt: Istanbuls neuer Bürgermeister Ekrem Imamoglu.
    Gewählt: Istanbuls neuer Bürgermeister Ekrem Imamoglu. Foto: Christine-Felice Röhrs, dpa

    Die türkische Opposition übernimmt das Ruder in der wichtigsten Stadt des Landes: Die Wahlkommission hat am Mittwoch den knappen Sieg des Kandidaten der Regierungsgegner, Ekrem Imamoglu, bestätigt. Er soll noch am Abend seine Ernennungsurkunde erhalten. Damit steht die Niederlage der Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan in der 15-Millionen-Metropole fest. Die AKP will jedoch eine Annullierung der Wahl und eine Neuauflage am 2. Juni durchsetzen.

    Bei der Wahl am 31. März siegte Imamoglu dem amtlichen Endergebnis zufolge mit einem Vorsprung von knapp 14.000 Stimmen: Er bekam genau 4.169.765, sein AKP-Gegner Binali Yildirim 4.156.036, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.

    Imamoglus Wahlsieg läutet eine neue Ära in Istanbul ein. Seit 1994 wurde die Stadt von islamisch-konservativen Politikern regiert. Der 48-jährige Imamoglu dagegen ist Mitglied der säkularistischen Partei CHP. Er kündigte an, städtische Subventionen für regierungsnahe Vereine und Stiftungen zu stoppen.

    Seit dem Wahltag beschwert sich die AKP über angebliche Manipulationen der Gegenseite. Nachzählungen ließen Imamoglus Vorsprung zwar um einige tausend Stimmen schrumpfen, brachten Yildirim aber nicht den Sieg. Erdogan und andere AKP-Politiker argumentieren, es gebe mittlerweile so viele Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl, dass nur eine Neuauflage jetzt Klarheit bringen könne.

    Politische Niederlage für Erdogan beträchtlich

    Die elf Richter in der zentralen Wahlkommission in Ankara – sechs vom Berufungsgerichtshof und fünf vom Verwaltungsgerichtshof – könnten das Ergebnis selbst nach Imamoglus Ernennung noch annullieren. Einen entsprechenden Antrag hat die AKP am Dienstag gestellt. Sie werde nicht lockerlassen und weiter versuchen, ihre Macht in Istanbul zu behaupten, schrieb die Journalistin Banu Güven auf Twitter. Die

    Dennoch ist die politische Niederlage für Erdogan beträchtlich. Istanbul ist nicht nur seine politische Heimat, sondern Standort von rund 40 Prozent der türkischen Wirtschaftsleistung. Dadurch kann die dort herrschende Partei ihre Anhänger mit millionenschweren Posten und Aufträgen belohnen. Deshalb wehrt sich die AKP gegen eine Machtübergabe am Bosporus. Eine Neuwahl wäre für die Erdogan-Regierung jedoch ein Risiko; selbst regierungsnahe Kommentatoren erwarten, dass die Opposition dann noch motivierter wäre als bisher.

    "Die verstehen nicht, wie es ist, arm zu sein"

    Regierungsgegner vermuten, dass das Ausscheiden der AKP aus Rathäusern in Istanbul und anderen Städten viele Fälle von Korruption und Machtmissbrauch ans Tageslicht bringen wird. So will die Opposition bereits entdeckt haben, dass sich ein Ex-Minister aus Erdogans Regierung seinen Chauffeur jahrelang aus Istanbuler Steuergeldern bezahlen ließ.

    Im südosttürkischen Diyarbakir prangerte der pro-kurdische Politiker Selcuk Mizrakli nach seiner Wahl zum neuen Bürgermeister die Prunksucht seines Vorgängers an, der von der Zentralregierung in Ankara eingesetzt worden war. Auf Twitter veröffentlichte er ein Video, das ihn bei einem Rundgang durch luxuriöse Amtsräume zeigt. Dazu gehört ein prunkvoll ausgestattetes Marmor-Badezimmer. "Die waren wohl noch nie in einem Armenviertel in

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