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Tübingen: Boris Palmer kritisiert fehlende Langfrist-Strategie im Kampf gegen Corona

Tübingen

Boris Palmer kritisiert fehlende Langfrist-Strategie im Kampf gegen Corona

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    Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer geht in der Krise seinen eigenen Weg.
    Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer geht in der Krise seinen eigenen Weg. Foto: Tom Weller, dpa

    Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer kritisiert Bund und Länder für ihre zögerliche Corona-Politik in den vergangenen Monaten. Über den Sommer hinweg sei es versäumt worden, eine Strategie zu entwickeln, die über Kontaktbeschränkungen hinaus reicht. „Der Handlungsdruck war weg und wir haben die unbequemen Fragen nicht gestellt“, sagt Boris Palmer unserer Redaktion. „Diesen Vorwurf muss die Politik sich gefallen lassen. Wir haben unser Waffenarsenal nicht erweitert.“

    Nun sei der Lockdown tatsächlich unvermeidlich. „Hätten wir das letzte halbe Jahr genutzt, um effektive Schutzstrategien für die älteren Menschen zu etablieren, hätten wir eine Kontaktverfolgung wie in Südkorea oder Taiwan gegen absurde Datenschutzbedenken durchgesetzt, hätten wir diesen Kampf gesucht, stünden wir heute besser da.“ Auch Palmer setzt auf einen stärkeren Fokus auf die digitale Nachverfolgung der Kontakte. Es müsse möglich sein, Datenschutz-Grundsätze zu überdenken. Palmer: „Dann müssten wir auch nicht mehr mit der Schrotflinte rumschießen, wir brauchen jetzt chirurgische Eingriffe.“

    Boris Palmer hat Morddrohungen erhalten

    An ein Ende des harten Lockdowns Mitte Januar glaubt er nicht – und hofft es dennoch. „Es sieht doch nicht danach aus, dass wir am 10. Januar aufwachen aus diesem Winterschlaf und die Inzidenz dann bei 50 liegt“, sagt Palmer. Die Werte deutlich zu drücken, klappe im Winter offenbar nicht. „Wenn wir aber am 10. Januar den Lockdown verlängern und das vielleicht sogar bis April durchziehen, dann ist der Schaden an Wirtschaft und Gesellschaft und Gesundheit so immens, dass wir das nicht durchstehen.“ Deshalb müsse jetzt die Zeit genutzt werden, um Schutzstrategien konsequent durchzusetzen.

    Froh ist der Grünen-Politiker über die Strategie, nun zumindest gezielter Risikogruppen wie Senioren zu schützen. Das habe zu lange gedauert. „Da hat die Politik sich nicht ran getraut. Die Verwechslung von Differenzierung und Diskriminierung ist eines der Probleme der Politik“, sagt Palmer. „Ich habe am eigenen Leib erfahren, wie man mit Morddrohungen überzogen wird, wenn man eine Differenzierung einfordert, nämlich, dass man die Alten anders behandelt als die Jungen.“

    Grünen-Fraktionschef Katharina Schulze will den Menschen Planungssicherheit geben.
    Grünen-Fraktionschef Katharina Schulze will den Menschen Planungssicherheit geben. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Katharina Schulze fordert Fünf-Stufen-Plan im Kampf gegen Corona

    Unterdessen wird der Ruf nach einer Langzeitstrategie im Kampf gegen Corona immer lauter. Die Fraktionsvorsitzende der bayerischen Grünen, Katharina Schulze, sagte unserer Redaktion: „Die Pandemie ist am 10. Januar nicht zu Ende.“ Die Grünen fordern deshalb weiter einen detailliert ausgearbeiteten Fünf-Stufen-Plan „Leben mit der Pandemie“, der bei Erreichen regionaler Inzidenzschwellen klare Handlungsmaßgaben festlege.

    „Das gibt endlich Planungssicherheit für die Menschen und Betriebe bis wir einen Impfschutz haben“, sagt Schulze. „So kann es uns hoffentlich gelingen, Infektionsherde differenziert zu bekämpfen und einzuhegen und eine dritte große, deutschlandweite Welle zu verhindern.“

    Gleichzeitig müssten Gesundheitsämter endlich technisch und personell zur Infektionskettennachverfolgung besser ausgestattet und gefährdete Personengruppen stärker geschützt werden. Katharina Schulze: „Mit einem guten Plan und konsequentem Selbst- und Fremdschutz müssen wir es schaffen, diesen Pandemiewinter zu überstehen und mit steigenden Temperaturen im Frühjahr und langsam greifendem Impfschutz schrittweise in ein normales Leben zurückzukehren.“

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