Das deutsche Treuhand-Modell, mit dem volkseigene Betriebe der DDR für die Marktwirtschaft privatisiert worden sind, soll Griechenland und andere Länder Europas kurieren. Für diese Idee setzte sich gestern SPD-Chef Sigmar Gabriel im Londoner Bankenviertel ein. Durch einen analog organisierten Strukturwandel in Südeuropa erhofft Gabriel sich den langfristigen Anschluss dieser Länder an das Niveau Nordeuropas.
Privatisierung griechischer Staatsbetriebe über die nächsten zehn Jahre
Gabriel sprach sich dafür aus, griechische Staatsbetriebe über „die nächsten zehn bis 15 Jahre“ marktreif zu machen und sie dann zu privatisieren, „wenn faire Preise dafür gezahlt werden“. Die aktuelle Debatte um die Rettung Griechenlands drehe sich zu sehr um fiskalpolitische Instrumente, kritisierte er. „Das Kernthema, nämlich die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit südländischer Staaten, wird hingegen zu wenig thematisiert“, so Gabriel.
In Westminster, wo sich vergangene Woche ein Drittel der Regierungsabgeordneten für eine Loslösung von Brüssel ausgesprochen hatte, warb der SPD-Chef allerdings vergeblich für das Thema Europa. Er könne den britischen Sonderweg akzeptieren, ziehe aus der starken Europa-Skepsis dieser Tage jedoch andere Schlüsse: „Das Elitenprojekt Europa kommt an sein Ende. Es bedarf eher mehr, nicht weniger Legitimation als bisher.“
Forderung nach Finanztransaktionssteuer
Der SPD-Parteivorsitzende kam in London unter anderem mit Labour-Chef Ed Miliband, Mervyn King, dem Gouverneur der Bank of England, sowie Aktivisten des „Occupy London“-Camps zusammen. Deren Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer schloss Gabriel sich ausdrücklich an.