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Tragödie: Flüchtlingsboot kentert vor Lampedusa

Tragödie

Flüchtlingsboot kentert vor Lampedusa

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    In letzter Minute dem Tod im Meer entronnen: Italienische Retter bringen einen der Überlebenden in Lampedusa an Land.
    In letzter Minute dem Tod im Meer entronnen: Italienische Retter bringen einen der Überlebenden in Lampedusa an Land. Foto: dpa

    Madrid/Rom Den Überlebenden und Rettungshelfern, die in der ganzen Nacht auf dem Meer vor Lampedusa unterwegs waren, stand auch noch nach Tagesanbruch das Entsetzen im Gesicht geschrieben: „Wir haben bisher bis zu 20 Leichen im Meer gesichtet“, berichtete ein Rettungshelfer. In der Nacht war ein total überfülltes Boot mit bis zu 300 Menschen an Bord 70 Kilometer vor der Insel gekentert. 48 Menschen hat die italienische Küstenwache lebend gerettet – bis zu 250 Menschen gelten als vermisst.

    „Wir geben die Hoffnung nicht auf“, sagte ein Offizier der italienischen Küstenwacht, die den ganzen Tag mit Booten und Hubschraubern nach Überlebenden suchte. Man müsse aber annehmen, dass viele der Vermissten ertrunken seien.

    Italiens Grenzschutz hatte am frühen Mittwochmorgen einen Notruf von dem völlig überladenen Fluchtkahn empfangen, der etwa 70 Kilometer südwestlich von Lampedusa zwischen sechs Meter hohen Wellen trieb. Als die Küstenwacht gegen vier Uhr morgens versuchte, das Flüchtlingsboot in ruhigeres Wasser zu eskortieren, schlug das Schiff in den Wellentälern um, kenterte und die Passagiere versanken in den Fluten. „Wir haben sofort Schwimmwesten und Rettungsinseln ins Wasser geworfen, damit die Leute sich festhalten konnten“, berichtete einer der Retter. Hoher Seegang und die Dunkelheit hätten die Bergungsoperation erschwert.

    Auf das SOS hin eilten zwei italienische Rettungsboote und ein Helikopter herbei. Doch für die meisten kam die Hilfe schon zu spät. „Meine Frau und mein drei Jahre altes Kind sind umgekommen“, sagte ein verletzter Schwarzafrikaner, der ins Krankenhaus von Agrigent auf Sizilien gebracht worden ist. Sie hätten vor drei Tagen im Westen von Libyen in der Küstenstadt Zuwarah abgelegt. Viele Frauen und Kinder sollen an Bord gewesen sein. Die meisten stammen aus Eritrea und Somalia.

    Libyens Diktator Gaddafi hatte die Kooperation mit der Europäischen Union aufgekündigt und gedroht, die EU mit „Millionen“ von Immigranten zu überschwemmen. In Italien halten Experten es nun für möglich, dass viele der in den letzten Wochen angekommenen 23000 afrikanischen Bootsflüchtlinge Resultat von Gaddafis Politik sein könnten, ein großer Teil kommt allerdings auch über Tunesien an die italienische Küste. Italien drängt derzeit

    Unterdessen geht auch der Krieg zwischen den Rebellen und Gaddafis Truppen in Libyen weiter. Die Opposition äußerte sich dabei enttäuscht von der Nato, die seit einer Woche das Kommando über die Luftangriffe hat, mit dem die Zivilbevölkerung vor weiteren Massakern Gaddafis geschützt werden soll. „Die

    Offenbar Hunderte Tote in Küstenstadt Misurata

    Besonders kritisch sei die Lage in der von Gaddafi-Truppen seit sechs Wochen eingekesselten 700000 Einwohner zählenden Stadt Misurata. „Dort sterben täglich Zivilisten, weil ihnen Essen oder Milch fehlen.“ Es habe bereits Hunderte Tote gegeben. Wenn die Nato dort noch länger untätig bleibe, „wird die Stadt nicht mehr existieren“, sagte der Oppositionsvertreter.

    Nato-Sprecherin Carmen Romero wies die Kritik der Opposition zurück und sagte: „Misurata hat höchste Priorität.“ Gaddafi habe seine Panzer in Wohnsiedlungen stationiert und benutze die Menschen als Schutzschild. Auch der französische Außenminister Alain Juppé sagte, dass ein Eingreifen aus der Luft schwierig sei. Die internationale Koalition habe sich ausdrücklich verpflichtet, möglichst „keinen Kollateralschaden unter der Zivilbevölkerung zu verursachen“.

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