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Thüringen: Tausende protestieren nach Wahl von Kemmerich

Thüringen

Tausende protestieren nach Wahl von Kemmerich

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    Empörte Bürger demonstrieren in Erfurt vor der Staatskanzlei gegen den neuen Ministerpräsidenten von Thüringen.
    Empörte Bürger demonstrieren in Erfurt vor der Staatskanzlei gegen den neuen Ministerpräsidenten von Thüringen. Foto: Martin Schutt, dpa

    Es ist eine historische Zäsur, die die Große Koalition in eine neue Krise stürzen könnte: Erstmals hat die AfD einem Ministerpräsidenten in Deutschland ins Amt verholfen. Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich setzte sich in Thüringen völlig überraschend gegen den bisherigen Amtsinhaber Bodo Ramelow (Linke) durch. Die CDU hätte das mit Enthaltungen aus ihren Reihen verhindern können.

    Kemmerich erhielt bei der Wahl zum Regierungschef sowohl Stimmen der CDU als auch der AfD von Landesparteichef Björn Höcke. Höcke ist Gründer des rechtsnationalen "Flügels" der AfD, der vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall im Bereich Rechtsextremismus eingestuft wird.

    Die Entscheidung zwischen Kemmerich und Ramelow fiel denkbar knapp aus. Auf den bisherigen Regierungschef entfielen 44 Stimmen, Kemmerich erhielt 45 Stimmen. Der parteilose AfD-Kandidat Christoph Kindervater bekam im dritten Wahlgang keine Stimme - auch nicht aus der AfD-Fraktion. Es gab eine Enthaltung. Die FDP schaffte es nach der Überraschung zunächst nicht, eine neue Regierung zu präsentieren. Die Ernennung der Minister wurde verschoben.

    Thomas Kemmerich ist erst der zweite FDP-Ministerpräsident der Geschichte

    Kemmerich ist erst der zweite Ministerpräsident der FDP in der Geschichte der Bundesrepublik. Der liberale Politiker Reinhold Maier war von 1945 bis 1952 Ministerpräsident von Württemberg-Baden und dann von April 1952 bis September 1953 Regierungschef des neuen Bundeslandes Baden-Württemberg. 

    Die Thüringer FDP hatte den Einzug ins Parlament bei der Wahl im vergangenen Herbst nur denkbar knapp geschafft und die Fünf-Prozent-Hürde um nur 73 Stimmen übersprungen. Ramelows angepeiltes Bündnis von Linke, SPD und Grünen verfügte nach dem Urnengang nur noch über 42 von 90 Mandaten im Landtag. Allerdings hatten Christdemokraten und Liberale kategorisch ausgeschlossen, mit der von Fraktionschef Björn Höcke geführten AfD zusammenzuarbeiten. Gemeinsam kommen die drei Fraktionen auf 48 Sitze.

    Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich ist überraschend zum Ministerpräsidenten gewählt worden.
    Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich ist überraschend zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Foto: Martin Schutt, dpa

    Ramelow wollte in Thüringen eine Minderheitsregierung bilden

    Ramelow hatte eigentlich eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung in Thüringen unter seiner Führung angepeilt. Wegen der fehlenden Mehrheit hatte auch die AfD mit dem parteilosen Kindervater einen eigenen Kandidaten ins Rennen geschickt. Nachdem Ramelow in den beiden ersten Wahlgängen erwartungsgemäß die absolute Mehrheit verfehlt hatte, warf Kemmerich im dritten Wahlgang ebenfalls seinen Hut in den Ring. 

    Ramelow war seit 2014 Regierungschef des Freistaats und der erste Ministerpräsident der Linken in Deutschland. Doch obwohl seine Partei mit 31 Prozent die Wahl im Herbst 2019 klar gewonnen hatte, ging die Mehrheit der bisherigen Regierung von Linke, SPD und Grünen verloren. Dennoch hatten die bisherigen Koalitionspartner am Dienstag einen neuen Regierungsvertrag unterschrieben. (dpa, AZ)

    Sämtliche Entwicklungen rund um die Wahl von Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten gibt es hier im Live-Blog.

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