Aus schweren politischen Niederlagen persönliche Siege machen, diese hohe Kunst der Politik beherrschen nicht viele. Für Thomas Strobl hingegen ebnet nun schon zum zweiten Mal ein Wahldesaster seiner CDU in Baden-Württemberg den Weg nach oben. Vor fünf Jahren, als die erfolgsverwöhnten Christdemokraten die Macht in Stuttgart verloren und der Grüne Winfried Kretschmann zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, war für den bisherigen Generalsekretär Strobl der Weg frei, den Wahlverlierer Stefan Mappus als Landesvorsitzenden abzulösen, im Dezember 2012 wurde er zudem zum Stellvertreter von CDU-Chefin Angela Merkel gewählt.
Thomas Strobl als Ministerpräsident von Baden-Württemberg?
Nun steht Strobl vor dem nächsten Karriereschritt. Obwohl er sich erst in einer Urwahl gegen Fraktionschef Guido Wolf nicht durchsetzen konnte und dann auch noch seine CDU die Landtagswahlen am 13. März krachend verlor, spricht vieles dafür, dass der 56-jährige Jurist aus Heilbronn den Bundestag in Berlin verlässt und als Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident nach Stuttgart zieht. Das Kalkül ist klar: Sollte der populäre Winfried Kretschmann in fünf Jahren abtreten, könnte für Strobl der Weg frei sein, Ministerpräsident zu werden.
Früh schon, deutlich früher als viele seiner Parteifreunde im Ländle, machte sich der stellvertretende Unionsfraktionschef mit dem Gedanken vertraut, dass die CDU gegen die Grünen den Kürzeren ziehen und es keine Alternative zu einer grün-schwarzen Kiwi-Koalition geben könnte. Eine Verweigerung kam für ihn nicht infrage.
Den Segen der Kanzlerin für eine Kiwi-Koalition hat Strobl. Dabei ist er ein bekennender Konservativer, der als Innen- und Rechtsexperte der Unionsfraktion im Bundestag stets eine Law-and-Order-Linie vertreten hat. So forderte er lautstark den Einsatz der Bundeswehr im Innern, der durch das Grundgesetz nicht gedeckt ist. Zuletzt gehörte Strobl auch zu denjenigen, die sich für eine Verschärfung des Asylrechts aussprachen.
Thomas Strobl erlebte wilde Zeiten als Student
Nach dem Abitur in Heilbronn studierte Strobl in Heidelberg Jura, dort schloss er sich der schlagenden Studentenverbindung Alte Leipziger Landsmannschaft Afrania an, wovon eine tiefe Narbe an seiner linken Wange bis heute kündet. Schon als Schüler trat er in die Junge Union und in die CDU ein. Von 1995 bis 2005 war er Chef des CDU-Kreisverbandes Heilbronn, 2005 wurde er zum Generalsekretär der baden-württembergischen CDU gewählt. Seit 1998 gehört er dem Deutschen Bundestag an, von 2005 bis 2013 leitete Strobl den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsführung. Ganz ohne Politik dürfte es auch zu Hause nicht abgehen.
Der passionierte Jogger Strobl ist der Schwiegersohn von Finanzminister Wolfgang Schäuble und mit dessen ältester Tochter Christine verheiratet. Die frühere Fernsehfilmchefin des Südwestrundfunks (SWR) ist seit 2012 Programmgeschäftsführerin der ARD-Produktionstochter Degeto.