Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Terrorismus: Mehr als 430 Anschläge: IS hat Comeback in der Corona-Krise

Terrorismus

Mehr als 430 Anschläge: IS hat Comeback in der Corona-Krise

    • |
    In der Vergangenheit feierten irakische Kräfte die Zurückdrängung des Islamischen Staats. Jetzt ist der IS wieder auf dem Vormarsch.
    In der Vergangenheit feierten irakische Kräfte die Zurückdrängung des Islamischen Staats. Jetzt ist der IS wieder auf dem Vormarsch.

    Seit Wochen häuften sich nächtliche Überfälle, Sprengfallen, Entführungen, falsche Straßensperren und Selbstmordattentate. Gut ein Jahr nach der Kapitulation ihres „Kalifates“ sind die Jihadisten des „Islamischen Staates“ wieder auf dem Vormarsch, auch wenn sie in Irak und Syrien kein festes Territorium mehr kontrollieren. Stattdessen nutzen sie die globale Corona-Krise, um ihren Guerillakrieg massiv auszuweiten.

    Islamischer Staat: Doppelt so viele Anschläge während der Corona-Krise 

    Ihre Kommandos agieren vor allem in den sunnitischen Provinzen im Norden und Westen des Irak, im Osten Syriens sowie in den schwer zugänglichen Wüstenregionen entlang der 600 Kilometer langen irakisch-syrischen Grenze. Mehr als 430 Anschläge gingen seit Beginn dieses Jahres auf ihr Konto, im Vergleich zu Januar liegt deren Zahl im Corona-Monat April bereits doppelt so hoch. Allein in Bagdad explodierten Anfang der Woche simultan fünf Sprengsätze.

    US-Antiterror-Einheiten reduziert wegen Corona Luftaufklärung im Irak

    Denn große Teile der irakischen Sicherheitskräfte sind zum einen abgelenkt, weil sie mit der Überwachung der Pandemie-Ausgangssperre beschäftigt sind. Viele Polizisten und Soldaten erscheinen aus Angst vor Infektionen nicht mehr zum Dienst. Zum anderen haben die US-Antiterror-Einheiten im Konflikt um ihre Stationierung die Zahl der Stützpunkte und Ausbilder sowie die Luftaufklärung im Irak stark reduziert. Dieses doppelte Sicherheitsvakuum spielt den Extremisten jetzt offenkundig in die Hände.

    IS verübt komplexere Attentate in Städten

    Im Irak richten sich die IS-Serienangriffe gegen Soldaten und Polizisten, kurdische Peshmerga, schiitische Milizen und Bewaffnete lokaler Stämme. Sechs Überlandleitungen im Nordosten des Landes wurden zerstört, sodass Hunderttausende ohne Strom sind. Kürzlich attackierte ein Selbstmordattentäter sogar die irakische Antiterror-Zentrale in Kirkuk. Neu sei, dass sich der IS mittlerweile stark genug fühle, größere und komplexere Attentate in Städten zu verüben, erläuterte Nicholas Heras von der US-Denkfabrik Institute for the Study of War.

    Irakische Regierung will mit USA Zusammenarbeit verhandeln

    Der Druck dieser neuen Terrorwelle ist mittlerweile so hoch, dass selbst pro-iranische Politiker in Bagdad nicht mehr strikt an dem Parlamentsbeschluss vom Januar festhalten wollen, der den Abzug aller ausländischen Truppen forderte. Anfang Juni will die neue irakische Regierung unter Premier Mustafa Al-Kadhimi mit Washington über die künftige Zusammenarbeit verhandeln. Denn die irakischen Spezialkräfte alleine werden mit dem IS nicht fertig. Sie sind auf die US-Aufklärung genauso angewiesen wie auf Drohnen und Kampfhubschrauber.

    Situation in Syrien ist eine „tickende Zeitbombe“

    Im Blick auf Syrien warnte UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet derweil vor einer „tickenden Zeitbombe“. Seit Monaten operieren die Gotteskrieger praktisch unbehelligt in der Badiya-Wüste östlich von Homs und westlich von Deir Ezzor, die zum Machtbereich von Bashar al-Assad gehört. Schwer bewaffnete IS-Konvois, deren Kriegsgerät offenbar teilweise aus Armeebeständen des Regimes stammt, paradieren durch die dünn besiedelten Regionen. Letzte Woche starben sieben Assad-Soldaten, als ihr Bus in einen Hinterhalt geriet. Im April verloren in dem Gasförder-Städtchen Sukhna 32 Soldaten ihr Leben. Die Gefechte mit den IS-Angreifern dauerten zwei Tage.

    Hunderte Verstecke mit Kommunikationstechnik ausgestattet

    In ländlichen Gebieten gebe es mittlerweile hunderte, wenn nicht tausende von Verstecken. Sie seien ausgestattet mit Kommunikationstechnik, Sprit, Generatoren, Sprengstoffvorräten und Bombenwerkzeug, erklärte Michael Knights von der Denkfabrik Washington Institute. „Das ist das Rückgrat dieser Erhebung.“ Verständlicherweise konzentriere sich die Welt derzeit darauf, mit der Pandemie fertig zu werden, warnte kürzlich die International Crisis Group, die Analysen für internationale Konflikte erarbeitet: „Trotzdem sollten die Länder Vorkehrungen treffen, um sich vor den Gefahren zu wappnen, die von dem IS ausgehen.“

    Lesen Sie dazu auch:

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden