Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Syrien-Konflikt: Chemiewaffen: Assad lenkt ein

Syrien-Konflikt

Chemiewaffen: Assad lenkt ein

    • |
    Syriens Präsident Assad während eines Interviews mit einem US-Sender.
    Syriens Präsident Assad während eines Interviews mit einem US-Sender. Foto: epa/SANA (dpa)

    Giftgas und chemische Waffen

    Chemische Waffen gehören zu den sogenannten ABC-Waffen. Meistens handelt es sich dabei um Gifte, mit dem Menschen verletzt oder getötet werden sollen.

    Bereits im Altertum wurde mit chemischen Waffen gekämpft, hauptsächlich mit Stoffen, die Brände anfachen wie Pech oder Öl.

    Zum ersten Mal in der modernen Kriegsführung wurde tödliches Giftgas in der Schlacht bei Ypern am 22. April 1915 eingesetzt. Der Angriff der deutschen Truppen mit Chlorgas forderte über 3000 Tote auf alliierter Seite.

    Deutschland weitete seinen Gaskrieg in der Folge immer weiter aus.

    Eingesetzt wurden Lungenkampfstoffe wie Phosgen, ein süßlich-faul riechender Stoff, der die Lunge verätzt, oder Diphosgen.

    Lungenkampfstoffe wurden Grünkreuz genannt, wegen der Kennzeichnung der entsprechenden Granaten.

    Daneben kam es zum Einsatz von Augenkampfstoffen (Weißkreuz), Hautkampfstoffen (Gelbkreuz) sowie Nasen- und Rachenkampfstoffen. (Blaukreuz).

    1925 wurde die Verwendung von Giftgas und bakteriologischen Mitteln durch das im Genfer Protokoll ausdrücklich verboten - allerdings nur der Erstangriff mit solchen Waffen.

    Im Zweiten Weltkrieg setzte nur Japan Giftgas ein, gegen China.

    In Deutschland entwickelten Chemiker damals unter anderem den Nervenkampfstoff Tabun. Er wurde aber aus Furcht vor Gegenschlägen nicht eingesetzt.

    Auch das Nervengas Sarin, einer der giftigsten Kampfstoffe, die je hergestellt wurden, ist eine Erfindung der Deutschen. Sarin kann schon bei einer Menge von einem Milligramm in Minuten zu Atemlähmung und Herzstillstand führen.

    In der neueren Kriegsgeschichte wurden chemische Waffen dann häufiger eingesetzt.

    Im ersten Golfkrieg setzte die irakische Armee chemische Waffen gegen den Iran ein. durch Die durch die Nervengase Tabun und VX starben rund 20.000 Menschen.

    Seit 1997 sind chemische Waffen durch die Chemiewaffenkonvention offiziell geächtet. Trotzdem haben mehrere Länder sie noch immer bevorratet.

    Auch im Syrien-Konflikt steht die Regierung im Verdacht, mehrfach Giftgas eingesetzt zu haben.

    Nachdem Syrien zugestimmt hat, seine Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen, wenn ein Militärschlag damit abgewendet werden kann, justieren US-Präsident Barack Obama und sein Kongress ihre Strategien. „Das könnte potenziell ein bedeutender Durchbruch sein“, sagte Obama am Montagnachmittag (Ortszeit). „Aber wir müssen skeptisch sein.“ In insgesamt sechs Fernsehinterviews begrüßte er die Initiative, für die er auch selbst Verdienste reklamierte: „Das ist die Fortsetzung von Gesprächen, die ich seit einer ganzen Weile mit Präsident Putin führe“, sagte er mit Bezug auf seinen russischen Amtskollegen.

    Diplomatie sei Obamas "überwältigende Präferenz"

    „Es ist in dem gesamten Prozess meine Intention gewesen sicherzustellen, dass sich der unverhohlene Einsatz von Chemiewaffen, dessen Zeugen wir geworden sind, nicht wiederholt“, sagte Obama. „Wenn es tatsächlich einen Weg gibt, das diplomatisch zu erreichen, dann ist das meine überwältigende Präferenz.“ Die US-Regierung ist überzeugt, dass das Regime von Syriens Präsident Baschar al-Assad am 21. August mehr als 1400 Menschen mit Chemiewaffen getötet hat.

    Internationale Militäreinsätze ohne UN-Mandat

    In der Vergangenheit hat es aber bereits internationale Militäreinsätze gegeben, die ohne grünes Licht der Vereinten Nationen vorgenommen wurden - oder deren Abdeckung durch ein UN-Mandat umstritten war.

    Kosovo 1999: In Jugoslawien wütete der Konflikt zwischen der Armee des serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic und der albanischen Befreiungsarmee UCK um die Unabhängigkeit des Kosovo.

    Nachdem Friedensverhandlungen scheiterten, bombardierte die NATO vom 24. März 1999 an Ziele in Jugoslawien aus der Luft, um die gezielte Vertreibung der albanischen Bevölkerung aus dem Kosovo zu stoppen.

    Der Einsatz unter dem Namen «Operation Allied Force» dauerte bis zum 11. Juni an und erfolgte ohne UN-Mandat, da China und Russland mit einem Veto im Sicherheitsrat drohten. Gerechtfertigt wurde der Einsatz unter Beteiligung von 13 Ländern mit humanitären Gründen.

    Irak 2003: Im März 2003 forderten die USA, Großbritannien und Spanien eine UN-Resolution, die einen Militäreinsatz gegen den irakischen Machthaber Saddam Hussein legitimiert hätte.

    Hussein wurde besonders von den USA vorgeworfen, den Einsatz von Massenvernichtungswaffen zu planen. Zweifel an den - später widerlegten Aussagen der US-Regierung - äußerten besonders Deutschland, Frankreich und Russland.

    US-Präsident George W. Bush entschied, unter dem Namen «Operation Iraqi Freedom» den Irak am 20. März ohne UN-Mandat anzugreifen.

    Die Truppen der USA und Großbritanniens wurden dabei von einer «Koalition der Willigen» unterstützt. Der Einsatz führte zum Sturz und zur späteren Hinrichtung Saddam Husseins, zu einer anhaltenden Destabilisierung des Irak und einem erst Ende 2011 beendeten internationalen Militäreinsatz.

    Libyen 2011: Aufgrund des brutalen Vorgehens des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi gegen oppositionelle Aufständische erlaubte der UN-Sicherheitsrat in seiner Resolution 1973 vom 17. März 2011, «alle notwendigen Maßnahmen» zum Schutz der Zivilbevölkerung zu ergreifen.

    Zwei Tage später starteten Großbritannien und Frankreich mit maßgeblicher Unterstützung der USA Luftangriffe auf Ziele in Syrien. Am 31. März übernahm die NATO das Kommando.

    Der Einsatz «Unified Protector» unterstützte de facto die Aufständischen. China und Russland warfen der NATO-geführten Koalition daher vor, sie überschreite das UN-Mandat, da sie den Sturz Gaddafis verfolge.

    Im Oktober wurde der Machthaber von Aufständischen gefangen genommen und getötet. afp

    Obama sagte, er habe Außenminister John Kerry beauftragt, mit Russland direkt zu sprechen. Wichtig sei ein verifizierbarer, durchsetzbarer Mechanismus. In diesem Fall würde er den geplanten Vergeltungsschlag „ganz klar“ zurückstellen, sagte Obama. Eine Einigung werde aber nicht zustande kommen, „wenn Assad denkt, er könne sich durch die Angelegenheit hindurchlügen und früher oder später vergesse die Welt die Bilder jener Kinder, die vergast worden sind“.

    Assad stimmt Kontrolle der Chemiewaffen zu

    Beim Interview mit dem CBS-Moderator Charlie Rose war Baschar al-Assad am Wochenende bereits gefragt worden, ob er die Kontrolle über seine Chemiewaffenaufgeben würde, wenn das einen Militärschlag verhindern könnte. Darauf hatte er noch geantwortet: „Sie unterstellen dauernd, dass wir chemische Waffen haben.“ Ferner meinte er: „Es gibt keine Beweise dafür, dass ich chemische Waffen gegen mein eigenes Volk eingesetzt habe.“

    Doch gestern ließ Assad durch Außenminister Walid al-Muallim seinen Sinneswandel verkünden. Man habe dem Vorschlag zur Kontrolle der Chemiewaffen offiziell zugestimmt, sagte jener in Moskau. Es gehe darum, eine „US-amerikanische Aggression gegen das syrische Volk“ zu verhindern.

    Obama: Erfolg ruht auf glaubwürdiger militärischer Drohung

    In Washington ist die Resolution, mit der Obama vom US-Kongress zu einem begrenzten Luftschlag ermächtigt werden sollte, dennoch nicht vom Tisch. Man wäre nicht so weit gekommen, wenn es nicht „eine glaubwürdige militärische Drohung“ gegeben hätte, sagte Obama.

    Zehn Fakten zu Syrien

    Syrien heißt amtlich "Arabische Republik Syrien".

    Syrien liegt in Vorderasien und grenzt an Israel, Jordanien, den Libanon, die Türkei und an den Irak.

    Syrien ist 185.180 Quadratkilometer groß und hat etwa 21 Millionen Einwohner.

    Die Staatsform wird im diktatorisch regierten Land mit "Volksrepublik" angegeben.

    Die Amtssprache des Landes ist Arabisch.

    Die Währung ist die Syrische Lira.

    Am 17. April 1946 wurde das Land unabhängig von Frankreich.

    Das Kfz-Kennzeichen lautet SYR, die Internet-TLD .sy. Die internationale Telefonvorwahl ist die +963.

    Die größten Städte Syriens sind Aleppo, Damaskus, Homs, Hama und Latakia.

    Staatsoberhaupt seit dem 17. Juli 2000 ist Baschar al-Assad.

    Der Präsident äußerte ferner, er sei sich darüber im Klaren, dass die Mehrheit der Amerikaner seiner Argumentation bislang nicht folge. Er sei auch keineswegs sicher, den Kongress überzeugen zu können. Am gestrigen Dienstagabend (Ortszeit) wollte er auch aus diesem Grund in einer Fernsehansprache an die Nation seine Strategie vor großem Publikum erläutern. (mit dpa)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden