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Syrien: Die Menschen sterben, der Tyrann hört Leona Lewis

Syrien

Die Menschen sterben, der Tyrann hört Leona Lewis

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    Der britische «The Guardian»  hat Emails veröffentlicht, die offenbar von den  privaten Email-Konten des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad  und dessen Frau Asma stammen.
    Der britische «The Guardian»  hat Emails veröffentlicht, die offenbar von den  privaten Email-Konten des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad  und dessen Frau Asma stammen. Foto: afp

    Die britische Zeitung "The Guardian"  hat jetzt Emails veröffentlicht, die offenbar von den  privaten Email-Konten des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad  und dessen Frau Asma stammen. Die Emails seien abgefangen und von einer Quelle in der syrischen Opposition weitergeleitet worden, berichtete das Blatt, das den Emailverkehr  auf seiner Webseite veröffentlichte. Es ein großer Aufwand  betrieben worden, um die Echtheit der 3000 Nachrichten zu bestätigen, es sei  allerdings nicht auszuschließen, dass es sich um Fälschungen handele, räumte die Zeitung ein.

    Sollten die Mails echt sein, ermöglichen sie einen bizarren Einblick in das Leben des Herrscherpaars. Demnach soll die Ehefrau Assads bei  Internetbestellungen tausende Dollar für Einrichtungsgegenstände  wie Kerzenleuchter, Tische und Kronleuchter ausgeben, während sich  der Präsident für unterschiedliche Musikrichtungen interessiert. Bei iTunes soll Assad Titel verschiedener britischer und US-Bands heruntergeladen haben - etwa Leona Lewis oder Right Said Fred.

    Assad ließ sich wohl vom Iran beraten

    Die Emails zeigen demnach auch, dass sich die syrische Regierung bei  der Niederschlagung der seit einem Jahr andauernden Proteste im  Land offenbar mehrfach vom Iran beraten ließ. In einer Email  fordert Assads Medienberater den Präsidenten zu einer "machtvollen  und gewaltsamen" Sprache auf. Sein Rat beruhe auf "Gesprächen mit  einer Reihe von Personen", darunter der Berater des iranischen  Botschafters.

    Chronologie des Aufstands in Syrien

    18. März 2011: Ermutigt von den Aufständen in anderen arabischen Ländern demonstrieren in Damaskus und weiteren syrischen Städten tausende Menschen. Es gibt erste Tote. Im April hebt Assad trotzdem den seit 48 Jahren geltenden Ausnahmezustand auf.

    22. April: Mehr als 100 000 Menschen gehen auf die Straße. Das Regime antwortet mit Gewalt. Mindestens 112 Demonstranten werden getötet.

    23. Mai: Die EU verhängt ein Einreiseverbot gegen Assad.

    31. Juli: Das Regime erobert die Widerstandshochburg Hama. Laut Opposition sterben mindestens 100 Menschen. Die Stadt war bereits 1982 nach Protesten Schauplatz eines Massakers gewesen, bei dem über 10 000 Menschen getötet wurden.

    2. Oktober: Die syrische Opposition bildet in Istanbul einen Nationalrat.

    19. Dezember: Die UN-Vollversammlung weist Syrien mit großer Mehrheit zurecht. Zuvor hatte die Arabische Liga Wirtschaftssanktionen gegen Assads Regime verhängt.

    22. Dezember: Die ersten Beobachter der Arabischen Liga treffen in Syrien ein. Das Assad-Regime hatte die Mission aufgrund internationalen Drucks akzeptiert. Am 28. Januar stoppt die Liga den Einsatz ihrer Beobachter wegen der Eskalation der Gewalt.

    4. Februar: Russland und China blockieren mit ihrem Veto erneut eine Syrien-Resolution im Weltsicherheitsrat. Nur wenige Stunden vor der Abstimmung wird aus der Protesthochburg Homs das schlimmste Blutbad seit Beginn der Proteste gemeldet. Hunderte Menschen sterben.

    7. Februar: Bei einem Besuch in Syrien zeigt Russlands Außenminister Sergej Lawrow Verständnis für das Vorgehen des Assad-Regimes.

    13. Februar: Empört weist das Regime den Vorschlag der Arabischen Liga zurück, UN-Friedenstruppen nach Syrien zu schicken. Kurz darauf nennt Assad den 26. Februar als Termin für ein Verfassungsreferendum. Die neue Verfassung tritt am 28. Februar in Kraft, nach offiziellen Angaben gab es 89 Prozent Zustimmung. Die Baath-Partei verzichtet damit auf ihre Vormachtstellung, an Assads Macht ändert das nichts.

    16. Februar: Die UN-Vollversammlung verurteilt die Gewalt des syrischen Regimes mit großer Mehrheit. Assad bleibt unbeeindruckt.

    24. Februar: Die Vereinten Nationen und die Arabische Liga ernennen den früheren UN-Generalsekretär und Friedensnobelpreisträger Kofi Annan zum gemeinsamen Sondergesandten für die Syrien-Krise.

    25. Februar: In Tunis gründen mehr als 60 Staaten die «Freundesgruppe» für ein demokratisches Syrien. Russland und China bleiben fern.

    27. Februar: Die EU-Staaten einigen sich auf ein Bündel von Maßnahmen gegen das Regime. Unter anderem wird das gesamte Vermögen der syrischen Nationalbank in der EU eingefroren.

    1. März: Die Lage in Syriens Oppositionshochburg Homs spitzt sich weiter zu. Nach wochenlangem Dauerbeschuss rücken Assads Truppen vor und stürmen das Viertel Baba Amro. Der UN-Menschenrechtsrat verurteilt die Angriffe auf Zivilisten und droht mit strafrechtlichen Konsequenzen. Russland, China und Kuba lehnen die Resolution ab.

    5. März: Die UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos reist nach Damaskus. Zuvor hatte die Führung tagelang die Einreise verweigert.

    8. März: Ranghohe Funktionäre wenden sich von Assad ab. Auf der Internet-Plattform YouTube erklärt der Vize-Ölminister Abdo Hossam al-Din seine Unterstützung für den Aufstand gegen das Regime.

    10./11. März: Kofi Annan setzt sich bei Treffen mit Assad in Damaskus für ein Ende der Gewalt ein. Doch das Blutvergießen geht weiter.

    In weiteren Emails wird Assad aufgefordert, die  "Sicherheit zu verschärfen" und die "staatliche Kontrolle" in  bestimmten Regionen "wiederherzustellen". Zudem wird er vor  "illegal eingereisten europäischen Reportern" gewarnt.

    Unterdessen sind nahe der syrischen Stadt Idlib am Donnerstag nach Angaben von Aktivisten mehr als 20 Leichen mit  Spuren schwerer Folter entdeckt worden. Wie die im Exil ansässige  Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte, waren den  insgesamt 23 getöteten Menschen die Augen verbunden und die Hände  gefesselt worden. Sie starben demnach durch Kopfschüsse. Die  Leichen wurden der Beobachtungsstelle zufolge in Masraat Wadi  Chaled westlich von

    Aufstand in Syrien dauert schon ein Jahr

    Der Volksaufstand in Syrien dauert mittlerweile ein Jahr. Schätzungen der Vereinten Nationen gehen von mehr als 7500 Toten aus.  AZ, afp

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