Syriens Staatschef Baschar al-Assad hat erneut jede Verantwortung für das monatelange Blutvergießen in seinem Land von sich gewiesen. Für die Unruhen seien "kriminelle Terroristen" verantwortlich, gegen die "mit eiserner Faust" vorgegangen werden solle, sagte Assad am Dienstag in einer vom Staatsfernsehen übertragenen Rede. Für Anfang März kündigte er eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung an.
Assad bekräftige, dass es keinen Schießbefehl gegen Bürger an die Sicherheitskräfte gebe. "Nach dem Gesetz darf außer zur Selbstverteidigung niemand das Feuer eröffnen", sagte er. Die Wiederherstellung der Sicherheit habe für ihn "absoluten Vorrang".
"Man kann diejenigen nicht tolerieren, die die Leute terrorisieren, und auch nicht diejenigen, die Komplizen des Auslands sind." Der Präsident rief die Syrer zum Zusammenhalt auf. "Der Kampf gegen den Terrorismus geht uns alle an, alle müssen sich daran beteiligen", sagte er.
Assad: Internationale Parteien wollen Syrien destabilisieren
"Regionale und internationale Parteien" wollten Syrien destabilisieren und "internationale Medien" das Land in den Abgrund treiben. Der US-Sender ABC habe ein Interview mit ihm gefälscht, sagte Assad. In dem Gespräch hatte Assad jede Verantwortung für den Tod tausender Menschen in Syrien von sich gewiesen und gesagt, nur ein "Verrückter" könne befohlen haben, auf Landsleute zu schießen.
Syrien: Das ist die Opposition
Die beiden wichtigsten syrischen Oppositionsgruppen sind der syrische Nationalrat und das Nationale Koordinationskomitee für Demokratischen Wandel. Lange Zeit waren sie in grundsätzlichen Fragen zerstritten.
Jetzt bereiten sie sich gemeinsam auf eine Zeit nach dem Sturz des Regimes vor.
Der Nationalrat wurde im September von Oppositionsgruppen in Istanbul gegründet.
Er hat 230 Mitglieder; die meisten leben im Exil.
Vorsitzender ist der Sorbonne-Professor Burhan Ghaliun. Dem Gremium gehören Repräsentanten verschiedener politischer Gruppierungen an.
Darunter sind die in Syrien verbotene Muslimbruderschaft, die sogenannten Revolutionskomitees und Vertreter des liberalen Lagers. Auch Kurden sind vertreten.
Ziel ist der Sturz des Regimes von Präsident Baschar al-Assad.
Das Koordinationskomitee wurde bereits im Mai in Syrien gegründet.
Ihm gehören vor allem linksgerichtete Gruppen an.
Dazu kommen kurdische Parteien.
Lange Zeit plädierten Vertreter dieses Bündnisses für einen Dialog mit der Regierung.
Einer ihrer führenden Repräsentanten ist Haytham Manna, der in Kairo die Vereinbarung auf ein Zusammengehen der beiden Oppositionsgruppen unterzeichnet hat.
In der ersten Märzwoche sollten die Syrer über eine neue Verfassung abstimmen, kündigte Assad an. "Wenn die Kommission zur neuen Verfassung ihre Arbeit beendet hat, wird es eine Volksabstimmung geben, denn diese Frage interessiert alle", sagte er in seiner fast zweistündigen Ansprache.
Der oppositionelle Syrische Nationalrat verurteilte von Istanbul aus Assads Rede als "Aufstachelung zur Gewalt und zum Bürgerkrieg". Eine Sprecherin des Rats, Bassma Kodmani, sagte, in den kommenden Tagen und Monaten sei ein "noch kriminelleres Verhalten" der Regierung zu erwarten.
Syrien: Auf friedliche Demonstranten geschossen
Nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte schossen Sicherheitskräfte in der Stadt Deir Essor am Dienstag auf friedliche Demonstranten. Zehn Zivilisten wurden demnach dabei getötet und weitere 40 verletzt. In Homs hätten Sicherheitskräfte zwei Zivilisten getötet. In dem Dorf Iblin in der Provinz Idleb habe ein Offizier einen Soldaten getötet, der zu desertieren versuchte. In Duma nahe der Hauptstadt Damaskus trieben die Sicherheitskräfte mehr als 10.000 Menschen auseinander, die an Trauerfeiern für einen am Montag in Homs getöteten Deserteur teilnehmen wollten.
Die Arabische Liga warf der syrischen Führung vor, ihre Beobachter nicht genügend zu schützen. Der Generalsekretär der Liga, Nabil al-Arabi, erklärte, mehrere Mitglieder der Beobachtermission seien verletzt worden. Das kuwaitische Verteidigungsministerium teilte mit, bei einem Angriff "nicht identifizierter Demonstranten" auf ein Beobachtungsteam in der Küstenstadt Lattakia seien am Montag zwei kuwaitische Offiziere leicht verletzt worden.
Seit dem 26. Dezember halten sich Beobachter der Liga in Syrien auf, die zu einem Ende des blutigen Konflikts beitragen sollen. Der arabische Staatenbund will die Freilassung von Gefangenen, den Rückzug der syrischen Armee aus den Städten und einen freien Zugang für Beobachter und Journalisten erreichen. afp