Die Gewalt in Syrien dauert an: Ungeachtet der erwarteten Verurteilung der Gewalt in Syrien durch die UN-Vollversammlung geht die syrische Armee weiter hart gegen Regierungsgegner vor. Aktivisten zufolge griffen Sicherheitskräfte am Mittwoch die Stadt Hama an, während sie in Homs eine Öl-Pipeline angriffen und nahe Damaskus Stellung bezogen. Syriens Staatschef Baschar al-Assad setzte für den 26. Februar ein Referendum zu einer neuen Verfassung an.
Syrien: Starke Explosionen in Hama
In Hama im Zentrum des Landes waren am Morgen starke Explosionen zu hören, wie die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Telefonleitungen, das Mobilfunknetz und das Internet waren demnach unterbrochen. In einem Vorort von Damaskus bezogen den Angaben zufolge Truppen begleitet von gepanzerten Fahrzeugen Stellung. Dabei habe es auch Hausdurchsuchungen und Festnahmen gegeben.
Zugleich flog die syrische Luftwaffe nach Angaben von Aktivisten Angriffe auf eine Öl-Pipeline in der Protesthochburg Homs, die wegen der Kämpfe zwischen Soldaten und Deserteuren weiter vom Rest der Welt abgeschnitten blieb. Die amtliche Nachrichtenagentur Sana machte dafür eine "Terrorgruppe" verantwortlich, womit im Sprachgebrauch der syrischen Führung Regierungsgegner gemeint sind. Im ganzen Land wurden laut Aktivisten am Mittwoch mindestens 20 Menschen getötet.
Assad: Volksabstimmung angekündigt
Assad, der seit fast einem Jahr eine Protestbewegung blutig unterdrücken lässt, kündigte für den 26. Februar eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung an. Eine mit der Ausarbeitung einer neuen Verfassung beauftragte Kommission habe dem Präsidenten am Sonntag einen ersten Entwurf zukommen lassen, berichtete Sana. Dieser werde nun von Assad geprüft und dann vor der Abstimmung in eineinhalb Wochen der Volksversammlung übermittelt.
Die amtliche Nachrichtenagentur sowie das Staatsfernsehen veröffentlichten Passagen aus dem Verfassungsentwurf. Demnach soll Syrien ein "demokratischer Staat" mit einem Mehrparteiensystem werden. Damit würde der Führungsanspruch der seit fast 50 Jahren herrschenden Baath-Partei abgeschafft. Der Präsident soll demnach direkt vom Volk für zwei aufeinanderfolgende Mandate gewählt werden können.
Syrien: Westerwelle reagiert skeptisch
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) reagierte skeptisch auf das angekündigte Verfassungsreferendum. "Das syrische Regime muss erkennen: Die Zeit für taktische Manöver und Finten ist schon lange abgelaufen, die Zeit für ein Ende der Gewalt und einen politischen Neuanfang in Syrien ist überreif", erklärte Westerwelle in Berlin. Sein russischer Kollege Sergej Lawrow begrüßte hingegen das Verfassungsreferendum als "Schritt nach vorn".
Assad hatte in der Vergangenheit mehrfach Reformversprechungen gemacht, diese aber nie eingehalten. Um den Druck auf die Führung in Damaskus zu erhöhen, stimmt die UN-Vollversammlung am Donnerstag über eine Resolution zu dem Konflikt ab. Der Entwurf verurteilt laut Diplomaten die Unterdrückung der Revolte und fordert die Staatsführung zu einem Ende der Gewalt gegen die Zivilbevölkerung auf. Die Annahme der Resolution gilt als sicher.
Russland und China blockieren Syrien-Resolution
Ein Beschluss im UN-Sicherheitsrat zu Syrien kam bislang wegen des Widerstands von China und Russland nicht zustande. Auch in der UN-Vollversammlung wird mit einer Ablehnung des Beschlusses durch die beiden Länder gerechnet. Allerdings gibt es in dem Gremium, in dem 193 Staaten vertreten sind, kein Veto-Recht. (afp, AZ)
Syrien: Das ist die Opposition
Die beiden wichtigsten syrischen Oppositionsgruppen sind der syrische Nationalrat und das Nationale Koordinationskomitee für Demokratischen Wandel. Lange Zeit waren sie in grundsätzlichen Fragen zerstritten.
Jetzt bereiten sie sich gemeinsam auf eine Zeit nach dem Sturz des Regimes vor.
Der Nationalrat wurde im September von Oppositionsgruppen in Istanbul gegründet.
Er hat 230 Mitglieder; die meisten leben im Exil.
Vorsitzender ist der Sorbonne-Professor Burhan Ghaliun. Dem Gremium gehören Repräsentanten verschiedener politischer Gruppierungen an.
Darunter sind die in Syrien verbotene Muslimbruderschaft, die sogenannten Revolutionskomitees und Vertreter des liberalen Lagers. Auch Kurden sind vertreten.
Ziel ist der Sturz des Regimes von Präsident Baschar al-Assad.
Das Koordinationskomitee wurde bereits im Mai in Syrien gegründet.
Ihm gehören vor allem linksgerichtete Gruppen an.
Dazu kommen kurdische Parteien.
Lange Zeit plädierten Vertreter dieses Bündnisses für einen Dialog mit der Regierung.
Einer ihrer führenden Repräsentanten ist Haytham Manna, der in Kairo die Vereinbarung auf ein Zusammengehen der beiden Oppositionsgruppen unterzeichnet hat.