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Syrien: 72 Tote bei Giftgas-Angriff: Deutschland gibt Milliardenbetrag

Syrien

72 Tote bei Giftgas-Angriff: Deutschland gibt Milliardenbetrag

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    Bei einem Luftangriff mit Giftgas sind im Nordwesten Syriens Aktivisten zufolge mindestens 58 Menschen getötet worden, darunter elf Kinder.
    Bei einem Luftangriff mit Giftgas sind im Nordwesten Syriens Aktivisten zufolge mindestens 58 Menschen getötet worden, darunter elf Kinder. Foto: Syria Civil Defence, dpa

    Inzwischen ist die Zahl der Todesopfer bei dem mutmaßlichen Angriff mit Giftgas am Dienstag nach Angaben von Aktivisten auf 72 gestiegen. In einer ersten Meldung war die Rede von 35 Toten, später von 58. Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Mittwoch mitteilte, waren unter den Toten in der Stadt Chan Scheichun in der nordwestlichen Provinz Idlib auch 20 Kinder und 17 Frauen. Flugzeuge hätten den Ort in den Morgenstunden erneut angegriffen.

    Schweigeminute in Brüssel für Giftgasopfer

    Frankreich und Großbritannien sehen Syriens Regierung hinter dem mutmaßlichen Giftgasangriff am Dienstag. Russland zufolge traf die syrische Luftwaffe hingegen eine Chemiewaffenfabrik.

    Die internationale Syrien-Konferenz hat am Mittwoch mit einer Schweigeminute für die Opfer eines mutmaßlichen Giftgasangriffs begonnen. Die Vertreter von 70 Staaten und internationalen Organisationen gedachten zum Auftakt des Treffens in Brüssel der Menschen, die am Dienstag in der nordwestlichen Provinz Idlib gestorben sind, sowie der insgesamt mehr als 300.000 Toten in dem seit sechs Jahren anhaltenden Konflikt. Seit Beginn des Konflikts im Jahr 2011 habe es "hunderte, tausende Tage gegeben, die traurig, dramatisch, schrecklich waren", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Die Konferenz müsse den Syrern zeigen, "dass wir uns um sie sorgen und wir bereit sind, die noch Lebenden zu unterstützen und den Verlust des Lebens derjenigen zu verhindern, die in Syrien und in den Nachbarländern in Gefahr sind".

    Die Brüsseler Konferenz soll auch die Versorgung von Millionen Syrien-Flüchtlingen sicherstellen. Sie folgt auf die Londoner Geberkonferenz aus dem vergangenen Jahr, die über mehrere Jahre rund zehn Milliarden Euro für die Syrien-Hilfe zugesagt hatte.

    Die UNO kritisiert, dass in diesem Jahr noch kaum zugesagte Gelder geflossen sind und damit massive Engpässe bei der Versorgung von fünf Millionen Flüchtlingen in den Nachbarländern Syriens drohen.

    UN-Sicherheitsrat will Resolution verabschieden

    Die USA, Frankreich und Großbritannien haben dem UN-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf vorgelegt, in dem der mutmaßliche Giftgasangriff in Syrien verurteilt und rasch aufgeklärt werden soll. Die zweiseitige Resolution könnte bei der Sitzung des Rats am Mittwoch in New York zur Abstimmung kommen. Unklar ist, wie in diesem Fall Russland und China abstimmen würden, die erst im Februar eine Resolution zu Syrien mit ihrem Veto blockiert hatten.

    Sanktionen, etwa gegen das syrische Regime von Präsident Baschar al-Assad, sieht der Resolutionsentwurf nicht vor - diese werden ohne die Nennung des syrischen Regimes lediglich angedroht. Für das mit Syrien verbündete Russland wäre die Resolution damit vertretbarer. Der Entwurf fordert aber detaillierte Angaben über die Lufteinsätze des syrischen Militärs, darunter auch Flugpläne und -bücher vom Dienstag, dem Tag des Angriffs. Auch die Namen der Kommandeure jeglicher Hubschrauberstaffeln des Regimes werden gefordert. 

    Außerdem müsse Syrien Zugang zu relevanten Militärflugplätzen gewähren, von denen laut UN-Untersuchungsteams und der Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) möglicherweise

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    Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat Russland aufgefordert, eine Resolution des UN-Sicherheitsrates zur Aufklärung des Giftgasvorfalls in Syrien zu unterstützen. "Wir appellieren auch an Russland, dieser Sicherheitsresolution zuzustimmen, den Fall zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen", sagte Gabriel am Mittwoch bei der internationalen Syrien-Konferenz in Brüssel.

    Die USA riefen Russland und den Iran in scharfer Form dazu auf, ihren Einfluss auf den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad geltend zu machen. "Es ist klar, wie Assad operiert: mit brutaler, unverfrorener Barbarei", erklärte US-Außenminister Rex Tillerson in Washington. Die Unterstützer Assads sollten sich keinerlei Illusionen über ihn oder seine Absichten hingeben. Auch Frankreich und Großbritannien sahen die syrische Regierung hinter dem Angriff. 

    Russland erklärte dagegen, die syrische Luftwaffe habe bei dem Angriff auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Chan Scheichun im Nordwesten des Landes eine Chemiewaffenfabrik getroffen. Es sei ein großes Munitionslager der Terroristen und eine Ansammlung militärischer Geräte ins Visier genommen worden, teilte das Verteidigungsministerium laut Nachrichtenagentur Tass mit. Das gehe aus den Aufnahmen der russischen Luftraumbeobachtungssysteme hervor.

    Auf dem Gebiet der Lagerstätte hätten sich Werkstätten befunden, in denen Geschosse mit chemischen Kampfstoffen produziert worden seien, hieß es weiter. Aus diesem großen Waffenlager seien Chemiewaffen an Kämpfer in den Irak geliefert worden. Rebellen hätten ähnliche Geschosse bereits in Aleppo eingesetzt. 

    Am Mittwoch wollen Vertreter aus rund 70 Staaten in Brüssel über Hilfsmöglichkeiten für Syrien beraten. Deutschland wird durch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel vertreten. Ziel ist vor allem, Unterstützung für die notleidende Zivilbevölkerung zu organisieren. dpa/afp

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