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Studie: Deutschland macht bei Integration von Muslimen Fortschritte

Studie

Deutschland macht bei Integration von Muslimen Fortschritte

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    Im Vergleich zu anderen westeuropäischen Staaten schneidet Deutschland bei der Integration muslimischer Einwanderer gut ab.
    Im Vergleich zu anderen westeuropäischen Staaten schneidet Deutschland bei der Integration muslimischer Einwanderer gut ab. Foto: Oliver Berg/Symbolbild (dpa)

    Muslime sind einer Studie zufolge immer besser in Deutschland integriert. Dies gilt vor allem für den Arbeitsmarkt, wie die am Donnerstag von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichte Untersuchung ergab. Fast alle

    Für die Sonderauswertung des bereits zum dritten Mal von der Stiftung veröffentlichten sogenannten Religionsmonitors betrachteten Wissenschaftler die Situation von Muslimen in Deutschland, der Schweiz, Österreich, Frankreich und Großbritannien. Hierzulande lebten demnach Ende 2015 bis zu 4,7 Millionen Muslime. Dies entspricht einem Bevölkerungsanteil von 5,7 Prozent.

    Integration: Erwerbsbeteiligung von Muslimen unterscheidet sich nicht von übriger Bevölkerung

    Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland vor allem bei der Integration von Muslimen auf dem Arbeitsmarkt gut ab. Bei deren Erwerbsbeteiligung gibt es laut der Studie keine wesentlichen Unterschiede mehr zur übrigen Bevölkerung. Rund 60 Prozent der Muslime arbeiten Vollzeit, 20 Prozent Teilzeit. Auch die Arbeitslosenquote gleicht sich an. Allerdings verdienen sie noch deutlich weniger. Besonders fromme Muslime werden zudem auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt.

    Muslime in Deutschland

    Weltweit bekennen sich schätzungsweise 1,3 Milliarden Menschen zum Islam, die meisten von ihnen in Asien. In Deutschland leben 3,8 bis 4,3 Millionen Muslime.

    Nur ein kleiner Teil davon gilt als Anhänger radikaler Strömungen.

    In der Bundesrepublik gibt es rund 2350 Moscheen.

    20 Prozent der Muslime sind in religiösen Vereinen oder Gemeinden organisiert.

    Mit fast drei Vierteln sind die Sunniten in der Bundesrepublik die bedeutendste Glaubensrichtung. Es folgen die Aleviten mit 13 und die Schiiten mit 7 Prozent.

    Knapp zwei Drittel der Muslime in Deutschland haben türkische Wurzeln.

    Mehr als 13 Prozent stammen aus Südosteuropa, etwa 8 Prozent sind Migranten aus dem Nahen Osten und 7 Prozent aus Nordafrika.

    Laut einer Studie des Bundesamtes für Migration von 2009 schätzen sich 36 Prozent als stark gläubig ein.

    Etwa die Hälfte der Muslime aus Afrika betet mindestens einmal täglich, bei Glaubensbrüdern aus der Türkei gut ein Drittel. 54 Prozent der Muslime aus dem Iran und 16 Prozent aus der Türkei beten nie.

    70 Prozent der Musliminnen ab 16 Jahren tragen nie ein Kopftuch.

    Ende 2013 gab es laut Verfassungsschutzbericht 30 bundesweit aktive islamistische Organisationen mit rund 43 200 Anhängern.

    31 000 von ihnen waren Anhänger der türkischen Gruppe Milli Görüs.

    Mehr als 4000 Menschen schlossen sich Organisationen aus dem arabischen Raum an, davon 1300 der Muslimbruderschaft.

    Die Zahl der Salafisten, die als Sammelbecken für gewaltbereite Islamisten gelten, stieg laut Verfassungsschutz bis Ende 2013 auf 5500.

    Polizei und Verfassungsschutz beobachten rund 1000 Islamisten in Deutschland. Einige Dutzend gelten als «Gefährder», die verdächtigt werden, Anschläge zu planen.

    Knapp drei Viertel (73 Prozent) der in Deutschland geborenen Kinder von muslimischen Einwanderern wachsen mit Deutsch als erster Sprache auf. Zugleich sprechen viele auch die Sprache ihres Herkunftslands. Bei den Schulabschlüssen besteht laut der Untersuchung in Deutschland noch Nachholbedarf. Gut ein Drittel (36 Prozent) der Muslime verlässt bereits vor dem 17. Lebensjahr die Schule, in Frankreich liegt dieser Anteil nur bei elf Prozent.

    Deutschland: Kurze Grundschulzeit führt zu Bildungsnachteilen

    Die Experten führen dies darauf zurück, dass Schüler in Deutschland bereits nach vier Grundschuljahren und damit im internationalen Vergleich sehr früh auf unterschiedliche Schulformen aufgeteilt werden. Das "früh sortierende Bildungssystem" führe tendenziell dazu, "dass Bildungsnachteile fortbestehen", heißt es in der Studie. Davon sind hierzuland vor allem Muslime betroffen. Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland hier nicht besonders gut ab.

    Die Studie "Muslime in Europa - Integriert aber nicht akzeptiert?" zeigt, dass Muslime hierzulande im Schnitt früher Deutsch sprechen als ihre Glaubensbrüder in Österreich.
    Die Studie "Muslime in Europa - Integriert aber nicht akzeptiert?" zeigt, dass Muslime hierzulande im Schnitt früher Deutsch sprechen als ihre Glaubensbrüder in Österreich. Foto: Patrick Lux (dpa)

    Dass es auch anders geht, beweist ein Nachbar von Deutschland: Frankreich zeichne sich dagegen durch "ein besonders chancengerechtes Bildungssystem aus". Dort lernen die Kinder länger gemeinsam. Zugleich sind Muslime in dem Nachbarland aber trotz höherer Schulabschlüsse überdurchschnittlich oft arbeitslos.

    Muslime fühlen sich mehrheitlich Deutschland verbunden

    Die allermeisten Muslime fühlen sich dem Land, in dem sie leben, verbunden. In Deutschland liegt der Anteil bei 96 Prozent. Zudem ist der Kontakt zur nichtmuslimischen Bevölkerung trotz oft anderslautender Vermutungen für den allergrößten Teil der Muslime Realität. So geben 84 Prozent der in Deutschland geborenen Muslime an, dass sie ihre Freizeit regelmäßig mit Nichtmuslimen verbringen.

    Fast jeder fünfte Deutsche will keine Muslime als Nachbarn

    Dennoch bestehen in der Bevölkerung nach wie vor Vorbehalte gegen Muslime. Knapp jeder fünfte Bürger in Deutschland (19 Prozent) gibt an, keine Muslime als Nachbarn haben zu wollen. "Wenn sich Gesellschaften verändern, wird das immer auch als spannungsreich empfunden", erklärte Stephan Vopel von der Bertelsmann-Stiftung.

    Grundlage der Studie waren Befragungen Ende 2016 in den beteiligten Ländern. In Deutschland nahmen unter anderem mehr als 1100 Muslime teil. Experten des Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung werteten die Ergebnisse im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung aus. afp/sh

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