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Streit: Der Länderfinanzausgleich als Objekt bayerischer Begierde

Streit

Der Länderfinanzausgleich als Objekt bayerischer Begierde

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    Fahnen verschiedener Bundesländer: Der Streit zwischen Gebern und Nehmern im Länderfinanzausgleich geht weiter. Foto: Frank Rumpenhorst dpa
    Fahnen verschiedener Bundesländer: Der Streit zwischen Gebern und Nehmern im Länderfinanzausgleich geht weiter. Foto: Frank Rumpenhorst dpa

    Bayern will 2030 schuldenfrei sein und hat für dieses Ziel einen einfachen Weg ausgemacht: Ein Teil der bayerischen Aufwendungen für den Länderfinanzausgleich soll zur Haushaltssanierung genommen werden, genauer: Eine Milliarde Euro pro Jahr. Um dies zu erreichen, greift die CSU/FDP-Regierung ein seit über 60 Jahren praktiziertes Solidarsystem an.

    Der Länderfinanzausgleich als Objekt bayerischer Begierde

    Artikel 107 des Grundgesetzes ist die Grundlage des Länderfinanzausgleichs. Im Prinzip steht darin, dass die reichen Bundesländer den armen Bundesländern helfen, damit überall in Deutschland vergleichbare Lebensbedingungen herrschen können. Details regelt das Gesetz - die aktuelle Abmachung läuft bis 2019.

    Eigentlich müsste also erst für die Zeit ab 2020 eine neue gesetzliche Ausformung des Länderfinanzausgleichs geschaffen werden. Doch schon seit längerem rüttelt Bayern an dem Solidarpakt. Bereits vor einem Jahr gab es die Androhung einer bis heute aber noch nicht erfolgten Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zusammen mit Hessen und Baden-Württemberg.

    Freistaat trägt die Hälfte der Milliardenverteilungen

    Das Hauptargument Bayerns für eine Klage ist die einseitig steigende Belastung des Freistaats: Mit 3,66 Millarden Euro trug Bayern im vergangenen Jahr gut die Hälfte der insgesamt verteilten 7,308 Milliarden Euro. Es war das dritte Jahr in Folge, dass Bayern etwa die Hälfte übernehmen musste.

    Größtes Nehmerland war zuletzt der Stadtstaat Berlin mit 3,043 Milliarden Euro. Bisher ausschließlich kassiert haben Niedersachsen, Rheinland-Pfalz sowie die fünf ostdeutschen Bundesländer. Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, das bisher ausschließlich zahlte.

    Kritik an Bayerns Vorstoß beim Länderfinanzausgleich

    Kritiker des bayerischen Vorstoßes halten dem Freistaat vor, den eigenen Vorteil aus dem Solidarpakt beim Umbau von einem bäuerlich geprägten zu einem wirtschaftlich führenden Bundesland vergessen zu haben. Tatsächlich kassierte Bayern von 1950 bis 1986 in jedem Jahr Geld aus dem Länderfinanzausgleich, zuletzt gab es 1992 eine Zahlung an München. Insgesamt hat Bayern aber ein Mehrfaches von dem eingezahlt, als es kassiert hat. Alleine die 3,66 Milliarden Euro bayerischer Zahlungen im vergangenen Jahr waren mehr als die Summe aller in 38 Jahren kassierten Hilfen: Die lagen bei gut 3,4 Milliarden Euro.

    Kretschmann will notfalls klagen

    Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) hält eine Reform in den kommenden Jahren für unausweichlich. "Das ist ein absolut bescheuertes System", sagte er in Stuttgart. Es sei ein echtes Problem, dass Bayern fast die Hälfte in den Ausgleichstopf einzahle und das Land Berlin fast 50 Prozent erhalte. Es sei klar, dass die Bayern und Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) angesichts dieser Entwicklung allmählich nervös würden. "Da habe ich Verständnis für den Kollegen Seehofer." Kretschmann schloss einen Gang zum Bundesverfassungsgericht nicht aus, will aber lieber den Verhandlungsweg beschreiten.

    Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte der "Rheinischen Post" (Mittwoch): "Bis 2019 steht der Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt in seiner jetzigen Form. Bis dahin werden wir eine komplette Neuordnung der Finanzbeziehungen unter den Ländern organisieren müssen." Eine isolierte Reform lehnte sie ab. "Mal eben nur den Länderfinanzausgleich für Bayern kippen, geht mit uns jedenfalls nicht." AZ/afp

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