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Steuerverschwendung: Corona, Bauen, Computer – wie der Staat Steuergeld verschwendet

Steuerverschwendung

Corona, Bauen, Computer – wie der Staat Steuergeld verschwendet

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    Das Kanzleramt gilt als größte Regierungszentrale der westlichen Welt - und soll jetzt von der Fläche verdoppelt werden. Schon vor dem ersten Spatenstich steigen die Kosten des Anbaus um ein Viertel auf 600 Millionen Euro.
    Das Kanzleramt gilt als größte Regierungszentrale der westlichen Welt - und soll jetzt von der Fläche verdoppelt werden. Schon vor dem ersten Spatenstich steigen die Kosten des Anbaus um ein Viertel auf 600 Millionen Euro. Foto: dpa

    Einmal im Jahr stellt der Bund der Steuerzahler sein Schwarzbuch vor. Dieses Mal ist es die 49. Ausgabe und wie immer enthält die Sammlung kostspielige Kuriositäten aus dem Räderwerk der deutschen Staatsmaschine. Die Stadt Bamberg zeigte sich zum Beispiel großzügig mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und zahlte ihnen pauschal Geld für Überstunden. Das Vertrauen in die eigenen Leute war so groß, dass nicht aufgeschrieben wurde, ob diese Stunden tatsächlich geleistet wurden. Eine halbe Million Euro wurde an die Stadtbeschäftigten ausgeschüttet.

    Im schönen Gmund am Tegernsee steht die Kapelle des Heiligen Quirin. Diese brauchte ein neues Dach und bekam eines. Leider wurde es mit Biberschwänzen gedeckt, was aber nicht mit dem Denkmalschutz überein ging, weshalb sie wieder runter mussten. Es brauchte nämlich die in diesem Fall sehr passenden Ziegel "Mönch und Nonne". Kostenpunkt 32.000 Euro.

    In Hinterzarten im Schwarzwald können sich die Skispringer noch nicht wieder von der Adler-Schanze stürzen, weil man sich bei der Sanierung um 80 Zentimeter vermessen hatte, sodass Sprungturm und Schanzentisch nicht mehr zueinander passen. Baustopp und Wiederaufnahme der Bauarbeiten schlagen mit 380.000 Euro zu Buche. Ähnliche Beispiele von Pleiten und Fehlern der öffentlichen Hand finden sich nicht nur im Süden, sondern genauso im Norden, Osten und Westen der Republik.

    Wenn es der Staat anfasst, geht es oft schief und wird extrem teuer

    Man könnte sie als ärgerliche Petitessen betrachten und nach dem Motto "wo gehobelt wird, fallen Späne" abtun. Doch hinter diesen Einzelfällen verbirgt sich das Bild eines Staates, der zentralen Aufgaben nicht gewachsen ist. Ob bei der Modernisierung der Verwaltung mit moderner Computertechnik, großen Bauprojekten oder der Beschaffung von Schutzausrüstung und Tests gegen die Corona-Pandemie ist das dahinterliegende Muster immer das gleiche. Wenn der Staat anpackt, geht es oft daneben und wird absurd teuer.

    Horrende Ausgaben für ein Stück Stoff. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat für erhebliche Zusatzkosten gesorgt, in dem er den Apothekern einen goldenen Auftrag zukommen ließ.
    Horrende Ausgaben für ein Stück Stoff. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat für erhebliche Zusatzkosten gesorgt, in dem er den Apothekern einen goldenen Auftrag zukommen ließ. Foto: Matthias Balk, dpa

    Als das Coronavirus im vergangenen Jahr Deutschland heimsuchte, mangelte es an Masken, Handschuhen und Kitteln. Insgesamt 6,2 Milliarden Euro hat der Bundesgesundheitsminister dafür ausgegeben. Bei den Masken haben Politiker von CSU und CSU gemauschelt und für das eigene Portemonnaie gewirtschaftet. Weil der Markt weltweit leergefegt war, konnten die meist in China beheimateten Hersteller Mondpreise verlangen.

    Doch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat darüber hinaus massiv Zusatzkosten produziert, zum Beispiel als Apotheker FFP2-Masken an Ältere abgegeben haben und dafür bei der Staatskasse sechs Euro abrechnen konnten. Im Einkauf kosteten die Masken auch damals deutlich weniger, zwischen ein und zwei Euro das Stück. Er beließ es nicht dabei und beglückte die Apotheker ein zweites Mal. Für das Erstellen der Corona-Impfzertifikate können sie 18 Euro abrechnen.

    18 Euro pro Corona-Test, gezahlt wurde ohne jegliche Kontrolle

    Den gleichen teuren Fehler wiederholte Spahn bei den kostenlosen Corona-Schnelltests. Zu Beginn bekamen die Anbieter ebenfalls fürstliche 18 Euro pro Test. In Deutschland schossen die Test-Center wie Pilze aus den Boden – in geschlossenen Bars, Klubs, Kneipen und in Zelten auf den Supermarktplätzen. Gezahlt wurde ohne jegliche Kontrolle, je nachdem wie viele Personen auf den Listen auftauchten. Leichter konnten Betrüger noch kein Geld verdienen.

    Reiner Holznagel, Präsident des Bunds der Steuerzahler, vor der Schuldenuhr des Staates: Wegen der enormen Corona-Kredite des Staates tickt sie wieder schnell.
    Reiner Holznagel, Präsident des Bunds der Steuerzahler, vor der Schuldenuhr des Staates: Wegen der enormen Corona-Kredite des Staates tickt sie wieder schnell. Foto: Britta Pedersen, dpa

    Der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, beklagt, dass die Gesundheitsminister in Bund und Ländern während der Pandemie auf das Instrument der unabhängigen Preisprüfung verzichtet hätten. "Es wird bis heute nicht angewandt", sagte Holznagel bei der Vorlage des Schwarzbuches am Dienstag in Berlin. Er verlangte die Einsetzung einer Enquete-Kommission des Bundestages, um die gewaltigen Ausgaben zu überprüfen, die die Bekämpfung des Erregers verschlungen hat. Bei der Bewertung müsse allerdings schon eine Rolle spielen, dass die Pandemie eine Ausnahmesituation sei.

    Keine Ausnahme, sondern die Regel sind hingegen exorbitante Kostensteigerungen bei staatlichen Großprojekten. Der Berliner Flughafen und der Bahnhof Stuttgart 21 verschlingen eine Milliarde nach der anderen. Eine Dimension kleiner ist der Anbau des Kanzleramtes, das erst vor 20 Jahren bezogen wurde. Die Erweiterung wird die Grundfläche verdoppeln und sollte laut den Planungen 485 Millionen Euro kosten. Schon jetzt rechnet der Bund mit über 600 Millionen – wohlgemerkt vor dem ersten Spatenstich, der noch nicht erfolgt ist. Der Grund für den Ausbau ist Platzmangel in der Regierungszentrale, in der immer mehr Beamte Dienst tun. Genau wie der Bundestag stocken die Ministerien ihren Personalstand auf.

    Ein Neubau für den Bundestag: Die Staatsspitze bläht sich auf

    Weil es auch im Bundestag zu wenige Büros gibt, wird jetzt eilig ein Neubau hochgezogen, der 70 Millionen Euro kostet. Der war nötig, weil der eigentliche Erweiterungsbau wohl erst nächstes Jahr fertig wird – mit einer Verspätung von zehn Jahren. Die Ausgaben kletterten derweil von 190 auf 330 Millionen Euro.

    Im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus vis-avis des Reichstages kann ein ganzer Bereich seit fast zehn Jahren wegen Baumängeln nicht bezogen werden.
    Im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus vis-avis des Reichstages kann ein ganzer Bereich seit fast zehn Jahren wegen Baumängeln nicht bezogen werden. Foto: Rainer Jensen, dpa

    Während die Führungsebene des Politikbetriebes wächst, kommt sie mit der Technik nicht hinterher. Seit 2015 werkeln der Bund und die angeschlossenen Bundesbehörden vor sich hin, um ihre Computersysteme zu vereinheitlichen. Seinerzeit rechnete man mit Kosten im "mittleren dreistelligen Millionen-Bereich". Heute sind die Systeme noch immer nicht zusammengeführt. Der Kostenansatz blähte sich auf, laut Steuerzahlerbund sind es 3,4 Milliarden Euro.

    Wegen all der großen und kleinen schwarzen Löcher ist Reiner Holznagel sehr skeptisch, was eine große Investitionsoffensive der öffentlichen Hand angeht, die Grüne und SPD beschließen wollen. "Es gab noch nie so viel Geld in der Bundesregierung wie derzeit, es ist dermaßen viel Geld im System", sagte er. Investitionen müssten aus den hohen laufenden Einnahmen bezahlt werden. Sie durch neue Schulden zu finanzieren nannte Holznagel eine Feigheit vor den enormen Sparmöglichkeiten in den öffentlichen Haushalten.

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