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Steuerhinterziehung: Immer mehr Steuersünder zeigen sich selbst an

Steuerhinterziehung

Immer mehr Steuersünder zeigen sich selbst an

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    Immer mehr  Steuersünder zeigen sich selbst an
    Immer mehr Steuersünder zeigen sich selbst an

    Steuerhinterziehung, Steuerflucht und Steueroasen

    Bei Steuerhinterziehung drohen Haftstrafen von bis zu fünf Jahren. In besonders schweren Fällen können es sogar bis zu zehn Jahre sein. Laut Bundessteuerberaterkammer verjährt Steuerhinterziehung in schweren Fällen erst nach zehn Jahren.

    Bei Selbstanzeige bleiben nach dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz von 2011 nur noch Hinterziehungsbeträge bis 50.000 Euro pro Vorgang straffrei.

    Bis 100.000 Euro kann von einer Strafe dann abgesehen werden, wenn der Betroffene neben den Verzugszinsen von 0,5 Prozent pro Monat einen Zuschlag von fünf Prozent auf die hinterzogenen Steuern zahlt.

    Wer sich wegen Steuerhinterziehung selbst anzeigt, bleibt aber nur dann straffrei, wenn die Behörden von dem Fall bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts wussten - und es sich um maximal 100 000 Euro handelt.

    Sind die Ermittlungen bereits im Gang, ist der Zug für den Steuersünder abgefahren. Bis dahin räumt das Gesetz die Möglichkeit ein, dem Finanzamt die nicht-erklärten Einkünfte nachzumelden. Dann aber vollständig.

    Als Steueroasen werden Länder bezeichnet, die keine oder nur sehr niedrige Steuern auf Einkommen oder Vermögen erheben - und Anlegern Anonymität und Diskretion versprechen.

    Besonders für Anleger, die in ihrem Heimatland höhere Steuersätze zahlen müssten, sind Steueroasen attraktiv. Die Staaten sind oft klein und wohlhabend, werden meist von stabilen Regierungen geführt und bemühen sich häufig um Investitionen aus dem Ausland.

    Vielfach geht es um autonome Inselstaaten, weshalb häufig von "Offshore" die Rede ist. Oft genannt werden die Britischen Jungferninseln die Kaimaninseln, die Cookinseln und Samoa, die Seychellen sowie Hongkong, Singapur und Panama.

    Unternehmen gründen oder kaufen für ihre Auslandsgeschäfte beispielsweise Tochterunternehmen, deren Gewinne im Niedrigsteuerland gehalten und wieder investiert werden. Oft erschweren komplexe Unternehmensgliederungen den Behörden die Ermittlungen.

    Nach Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft (DStG) umfasst das weltweite Hinterziehungsvolumen allein für deutsche Steuerhinterzieher rund 400 Milliarden Euro. Hiervon dürften laut DStG allein 150 Milliarden Euro auf die Schweiz entfallen.

    Nicht alle Methoden, die deutschen Steuerbehörden zu umgehen, sind illegal. Wer etwa seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt, kann privates Einkommen in ein ausländisches Niedrigsteuerland verlagern, ohne sich strafbar zu machen.

    Auch International tätige Konzerne können ihre Gewinne legal auf die Tochterunternehmen verteilen, so dass ein möglichst geringes Steueraufkommen anfällt.

    Strafbar macht sich aber, wer dem Finanzamt seine Geldanlagen in Überseegebieten verschweigt, seinen Wohnsitz aber in Deutschland hat und dort auch sein Einkommen versteuern müsste.

    Alles deutet darauf hin, dass 2013 bei der Anzahl der Selbstanzeigen von Steuersündern bundesweit alle Rekorde gebrochen werden. Bereits im ersten Halbjahr gingen nach einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei den Finanzbehörden aller 16 Bundesländer mehr als 9000 Anzeigen ein. Im gesamten Vorjahr waren es etwa 11800 Fälle.

    Ankauf von Steuer-CDs und gescheitertes Steuerabkommen

    Allein Bayerns Finanzämter verbuchten bis Ende Juni 1179 Selbstanzeigen – im Vorjahr waren es 1064. Nur Baden-Württemberg, dort haben sich bis jetzt 2360 mutmaßliche Steuerbetrüger selber angezeigt, Nordrhein-Westfalen (1528) und Niedersachsen (1103) meldeten noch höhere Zahlen.

    Der Anstieg hat Experten indes nicht überrascht. Seit Monaten wird darüber spekuliert, dass der Ankauf von Steuer-CDs sowie das gescheiterte Steuerabkommen mit der Schweiz die Nerven vieler Steuersünder strapaziert hat. Dadurch könnte deren Neigung, reinen Tisch zu machen, gestiegen sein. Dann kam der 20. April: An diesem Tag wurde öffentlich, dass der FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß Anzeige gegen sich selber erstattet hatte. Und tatsächlich verzeichneten die bayerischen Finanzbehörden unmittelbar danach eine Welle von Selbstanzeigen.

    Experte sieht Anzeichen für Kurswechsel in der Schweiz

    Der Präsident der Steuerberaterkammer München, Martin Schwab, zuständig für Nieder-, Oberbayern und Schwaben, sieht einen weiteren Grund: „Im Kollegenkreis mehren sich Hinweise, dass Schweizer Banken Kunden eine Selbstanzeige nahelegen bzw. auf einen Abzug des Geldes drängen“, sagte der Augsburger Steuerberater unserer Zeitung. Er gehe davon aus, dass die Schweizer Banken bestrebt sind, ihr „Schmuddel-Image“ loszuwerden.

    In der Politik wird längst über die Zukunft der Selbstanzeigen gestritten. Während Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) sie beibehalten will, fordert SPD-Chef Gabriel die Abschaffung. Der bayerische Finanzminister Söder (CSU) brachte auf Anfrage unserer Zeitung einen Mittelweg ins Spiel: „Wir wollen eine Reform der Selbstanzeige. Gerade bei schweren Hinterziehungen, z. B. bei Kapitalmarktvergehen, Geldwäsche und Ähnlichem, brauchen wir massive Verschärfungen.“

    Finanzminister Söder und sein Steuer-FBI

    Der Freistaat wird vom Bayerischen Obersten Rechnungshof und der Opposition dafür kritisiert, Steuerhinterziehern durch eine eklatante Unterbesetzung in der Steuerverwaltung zu viel Spielraum zu lassen. Söder reagierte im Februar mit der Einrichtung der „Sonderkommission schwerer Steuerbetrug“, die er eine Art „bayerischen Steuer-FBI“ nannte. Heute würden die „zusätzlichen Steuerfahnder Wirkung zeigen“, sagte der Minister. Dennoch fehlen laut Rechnungshof noch immer hunderte von Steuerfahndern. mit dpa

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