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Steuerflucht: Politiker kritisieren Schumis Steuer-Asyl

Steuerflucht

Politiker kritisieren Schumis Steuer-Asyl

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    Politiker kritisieren Schumis Steuer-Asyl
    Politiker kritisieren Schumis Steuer-Asyl Foto: jd/oc

    Von Michael Pohl, Augsburg Nicht immer lohnt sich für reiche Prominente die Steuerflucht ins Ausland: Boris Becker schrammte haarscharf an einer Gefängnisstrafe vorbei, als ihm Steuerfahnder nachweisen konnten, dass er seinen Hauptwohnsitz nur zum Schein in Monaco angemeldet hatte. Auch Sänger Freddy Quinn bekam 2004 wie Becker wegen Steuerhinterziehung zwei Jahre auf Bewährung aufgebrummt.

    Quinn hatte die meiste Zeit in Hamburg statt am gemeldeten Hauptwohnsitz in der Schweiz verbracht. Die nach Belgien umgesiedelte Showmasterin Margarete Schreinemakers überstand ihre Auseinandersetzungen mit dem Fiskus zwar unterm Strich als Gewinnerin, doch ihr öffentlicher Steuerstreit markierte den Niedergang ihrer TV-Karriere.

    Finanzminister Peer Steinbrück fordert nun Steuerflüchtlinge wie Franz Beckenbauer und Michael Schumacher auf, ihre Steuern in Deutschland zu bezahlen. Hinter den Kulissen verschlechterte der SPD-Minister bereits die steuerliche Attraktivität von Beckenbauers Wahlheimat Österreich: Zum Jahreswechsel kündigte er ein Staatenabkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung. Steuerflüchtlinge haben dadurch wesentlich weniger Vorteile beim Vererben.

    Wenn Multimillionäre wegen der Einkommensteuer in die Schweiz ziehen, sei die Politik "hier letztendlich machtlos", räumt der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Otto Bernhardt ein.

    Die Eidgenossen locken seit Jahrzehnten aktiv die Reichsten der Welt in ihr Land. Ihr attraktivstes Mittel ist dabei die sogenannte Pauschalbesteuerung in vielen Kantonen: Wer innerhalb der Schweiz keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, bei dem kann das Einkommen lediglich mit einem Betrag in Höhe der geschätzten fünffachen Jahresmiete seines Wohnanwesens angesetzt werden - Auslandseinkünfte bleiben in der Regel steuerfrei.

    Medien schätzen, dass Schumacher in seiner aktiven Zeit bei einem vermuteten Vermögen von über 500 Millionen Euro nur eine Summe von rund 1,3 Millionen Euro im Jahr in der Schweiz versteuern musste.

    Vergangenes Jahr veröffentlichte die Schweiz das erste Mal Zahlen über die Pauschalsteuer: Demnach existierten 2007 rund 4000 solcher Steuerdeals. Die Steuereinnahmen beliefen sich auf umgerechnet knapp 244 Millionen Euro. Pro Kopf sind das gerade einmal 61.000 Euro, obwohl unter den Einzahlern zu Dutzenden Milliardäre wie Ikea-Gründer Ingvar Kamprad sind.

    Die Eidgenossen holen sich mit den Superreichen zwar immense Kaufkraft ins Land, die Pauschalbesteuerung ist in der Schweiz aber zunehmend umstritten.

    Ein Auslöser war der Zuzug des russischen Oligarchen Viktor Vekselberg. Viele im Land sind empört, dass der Milliardär sich in Schweizer Industriekonzerne eingekauft hat, aber wegen des Privilegs kaum Steuern zahlt.

    Deutsche Finanzpolitiker hoffen auf eine Abschaffung der Pauschalsteuer, wie es die Schweizer Sozialdemokraten bereits fordern. "Die Appelle an die Schweiz werden auf Dauer Wirkung zeigen", sagt CDU-Politiker Bernhardt. Auch der Steuerexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Otto Spiller, ärgert sich über die Schweizer Steuerpolitik: "Das ist kein gutes nachbarschaftliches Verhalten", sagt er. "Unterschiedliche Steuersätze sind okay, aber dass ein Sonderrecht für gewisse Leute geschaffen wird, ist nicht in Ordnung."

    Die Kritik des SPD-Politikers geht aber auch an die Steuerflüchtlinge: "Es ist ein Foul, wenn man sich hier der Steuerpflicht entzieht", sagt Spiller. Sportler wie Schumacher oder der in der Schweiz lebende Jan Ullrich hätten schließlich Deutschland viel zu verdanken - Fans wie auch Förderungen.

    Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick fordert von der Bundesregierung statt reiner Appelle, Vorschläge, "wie Spitzenverdiener mit Auslandswohnsitz vielleicht auf unbürokratische Weise etwas Sinnvolles für ihr Heimatland beitragen können".

    Der CSU-Abgeordnete und Finanzausschussvorsitzende im Bundestag, Eduard Oswald (Kreis Augsburg), betont, Ziel der Politik müsse es sein, Bedingungen zu schaffen, dass alle Steuerzahler in Deutschland bleiben. Die Union dränge etwa darauf, dass die Erbschaftssteuer für Unternehmenserben weitgehend erlassen wird, wenn sie den Betrieb zehn statt wie derzeit geplant 15 Jahre fortführen.

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