Der frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi ist in einem Berufungsprozess wegen Steuerhinterziehung erneut zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Ein Mailänder Gericht befand den 76-Jährigen am Mittwoch in dem Verfahren um seinen Mediaset-Konzern des Steuerbetrugs schuldig.
Das Gericht bestätigte in dieser zweiten Instanz die erste Verurteilung zu vier Jahren Haft. Drei Jahre davon werden Berlusconi unter Berufung auf ein Gesetz zur Strafermäßigung von 2006 erlassen. Er darf außerdem fünf Jahre lang keine öffentlichen Ämter übernehmen.
Berlusconis Verurteilung könnte den neuen Ministerpräsidenten Letta in Bedrängnis bringen
Ein Urteil wird in Italien allerdings erst in der dritten Instanz definitiv rechtskräftig. Es wird erwartet, dass Berlusconis Anwälte sofort Berufung einlegen. Ihr Mandat hatte sich als völlig unschuldig bezeichnet und ein politisches Opfer der Mailänder Justiz genannt.
Berlusconi ist wichtiger Partner in der großen Koalition, die den neuen Ministerpräsidenten Enrico Letta stützt. Seine Verurteilung in dem Berufungsprozess könnte die Regierung Letta in einige Bedrängnis bringen.
Auch Berlusconis bekannter "Ruby"-Prozess steht vor dem Ende
Durch Berlusconis Termine und dessen Antrag an das höchste italienische Gericht hatte neben dem Mediaset-Verfahren auch sein pikanter "Ruby"-Prozess um angeblichen Amtsmissbrauch und Sex mit minderjährigen Prostituierten für lange Zeit auf Eis gelegen. Dieser Prozess wird am Montag fortgesetzt und steht ebenfalls vor dem Ende.
Immer wieder ist Berlusconi im Visier der Justiz. Er hat das erstinstanzliche Mediaset-Urteil gegen ihn als "Angriff auf meine politischen Rechte" gewertet. Eine parlamentarische Kommission sollte diese Attacken der Justiz auf ihn untersuchen und dann stoppen, sagte er am Mittwoch in einem Fernsehinterview.
Berlusconi hatte vergeblich einen Befangenheitsantrag gestellt
Er habe sich niemals mit den Bilanzen der Mediaset-Gruppe befasst, erklärte der Ex-Regierungschef. Seit 20 Jahren verfolgten ihn Richter und Staatsanwälte, sie wollten ihn politisch mundtot machen, lautet Berlusconis oft geäußerter Vorwurf.
Einen Antrag auf Verlegung seiner Prozesse nach Brescia hatte Berlusconi gestellt, weil die Mailänder Richter befangen seien. Den Antrag hatte das Kassationsgericht in Rom am Montag aber verworfen. dpa/AZ