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Steuer: Selbstanzeige für Steuersünder: Späte Reue zahlt sich aus

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Selbstanzeige für Steuersünder: Späte Reue zahlt sich aus

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    Die Selbstanzeige ist ein umstrittenes Instrument.
    Die Selbstanzeige ist ein umstrittenes Instrument. Foto: Armin Weigel/Symbol (dpa)

    Als Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft kennt Thomas Eigenthaler seine Pappenheimer. Da gibt es den wohlhabenden Egoisten, der einen Teil seines Vermögens vor Frau und Kindern in der Schweiz versteckt. Es gibt den schlampigen Unternehmer, der seine Umsätze dem Fiskus gegenüber etwas zu freihändig und viel zu niedrig deklariert hat – und es gibt Menschen wie Uli Hoeneß, die aus den unterschiedlichsten Gründen einen teuren Fehler gemacht haben. Sie alle kommen heute straffrei davon, wenn sie sich rechtzeitig offenbaren und den Finanzbehörden den Schaden samt Zinsen ersetzen. Die strafbefreiende Selbstanzeige, sagt Eigenthaler, „ist eine Möglichkeit, etwas geräuschlos nachzubessern“.

    Zwischen großen und kleinen Sündern unterscheiden

    Wenn Prominente wie Hoeneß oder die Feministin Alice Schwarzer betroffen sind, geht es zwar in den seltensten Fällen so diskret und geräuschlos zu, wie es das Steuergeheimnis vorsieht. In den Chor der Politiker, die das Instrument der Selbstanzeige jetzt abschaffen wollen, stimmt Experte Eigenthaler trotzdem nicht ein. Er plädiert im Gespräch mit unserer Zeitung für eine Reform, die zwischen großen und kleinen Sündern unterscheidet: Bei Summen von mehr als 50000 Euro im Jahr sollte Steuerhinterziehung danach generell geahndet werden, für kleinere Beträge würde die gegenwärtige Regel weiter gelten, nach der „tätige Reue“ auch belohnt wird.

    Die 50000er-Grenze kommt dabei nicht von ungefähr: Hier wird, juristisch betrachtet, aus der einfachen Steuerhinterziehung eine schwere Steuerhinterziehung mit höheren Strafen und längerer Verjährungsfrist. Eine Selbstanzeige kommt Betroffene hier aber auch heute schon teurer zu stehen: Um straffrei auszugehen, müssen sie neben der Steuerschuld und den Zinsen noch einen Aufschlag von fünf Prozent bezahlen.

    Kapitalanleger betrachten Selbstanzeige als Ablasshandel

    „Wenn jemand Millionen hinterzieht, darf das nicht ohne Folgen bleiben“, sagt auch Eigenthaler. Hier müsse der Staat künftig eine „klare Kante“ ziehen. Obwohl durch den umstrittenen Ankauf von Datenträgern mit brisanten Steuerinformationen der Druck deutlich gewachsen sei, betrachteten viele Kapitalanleger die Möglichkeit einer Selbstanzeige noch immer als eine Art Ablasshandel.

    Der SPD-Finanzexperte Joachim Poß würde sie deshalb am liebsten komplett abschaffen: „Sie gehört vom Tisch, weil sie Steuerhinterziehung gegenüber anderen Straftaten privilegiert.“ Parteichef Sigmar Gabriel geht nicht ganz so weit. Er plädiert nur ganz allgemein für härtere Strafen für Steuerbetrüger. Im Gespräch ist dazu unter anderem eine Verschärfung der Verjährungsfrist. Danach müssten hinterzogene Steuern nicht nur für die letzten fünf, sondern für die letzten zehn Jahre nachgezahlt werden. Bisher gilt das nur bei Summen über 50000 Euro.

    Barthle: "Wir brauchen die Selbstanzeige"

    Die Anhänger der gegenwärtigen Regelung, allen voran der CDU-Haushaltsexperte Norbert Barthle, argumentieren mit deren finanziellem Nutzen: „Wir brauchen die Selbstanzeige, solange es Steueroasen gibt. Nur so kommt der Staat an das ihm zustehende Steuergeld.“

    Nach Angaben der Steuergewerkschaft hat der Fiskus alleine durch Selbstanzeigen für Vermögen in Ländern wie der Schweiz, Luxemburg oder Liechtenstein in den vergangenen vier Jahren rund 3,5 Milliarden Euro an Steuern eingenommen, die er ansonsten vermutlich nie mehr gesehen hätte – die sechs Prozent Zinsen pro Jahr noch nicht mitgerechnet. Insgesamt gehen dem Fiskus nach verschiedenen Schätzungen jedes Jahr zwischen 100 und 150 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung verloren.

    Im Sog des Hoeneß-Falles ist die Zahl der Selbstanzeigen im vergangenen Jahr offenbar stark gestiegen. Nach einer Umfrage der Süddeutschen Zeitung bei den Bundesländern haben sich fast 25000 Steuerbetrüger selbst angezeigt – dreimal so viele wie im Jahr zuvor. Seit dem Kauf der ersten Steuer-CD sind nach Eigenthalers Worten insgesamt 60000 Selbstanzeigen eingegangen.

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