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Kommentar: Statt von Flugtaxis zu träumen, sollten wir lieber die Bahn retten

Kommentar

Statt von Flugtaxis zu träumen, sollten wir lieber die Bahn retten

Stefan Stahl
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    Die frühe Version des CityAirbus. Am Montag soll in Ingolstadt ein neues Modell präsentiert werden.
    Die frühe Version des CityAirbus. Am Montag soll in Ingolstadt ein neues Modell präsentiert werden. Foto: Christian Keller, Airbus

    Das ist schon absurd: In einem Land, das seine technologischen Hausaufgaben zum Teil mangelhaft erledigt, wird von Politikern, Unternehmern und Wissenschaftlern der Eindruck erweckt, in einigen Jahren seien autonom verkehrende Flugtaxis ein Teil der Lösung unserer Verkehrsprobleme. Einer Nation, in der die Bahn einen jämmerlichen Eindruck macht und Autobahnen wie die A8 zwischen München und Stuttgart in Lkw-Massen ertrinken, suggerieren Werbebroschüren und Filmchen, unsere Stau-Gesellschaft könnte auch dank Himmels-Droschken genesen. Selbst Digitalministerin Dorothee Bär ist dem Reiz der technisch zugegeben interessanten Flugobjekte erlegen. Am Montag wird sie bei der Präsentation eines neuen Modells in Ingolstadt präsent sein.

    Das alles entbehrt nicht einer gewissen Komik, gleicht Deutschland doch in einigen Regionen, was schnelles Internet betrifft, einem Entwicklungsland. Und was soll also ein Bahnfahrer, der wieder erleben muss, wie sein Zug zu spät ankommt und dies seiner Partnerin wegen eines Funklochs nicht mitteilen kann, von den vagen Aussichten auf Flugtaxis halten? Eine fliegende Bahn wird es nicht geben.

    Flugtaxis sind ein Fortbewegungsmittel für Megastädte

    Und Himmels-Taxis sind, wenn sie ab etwa 2025 richtig abheben, über längere Zeit ein Fortbewegungsmittel für Megastädte mit mehr als fünf Millionen Einwohnern. In innovativen Metropolen wie Singapur werden sich Flugtaxis sicher durchsetzen. In Europa führen die fliegenden Untertassen aber wohl noch lange ein Nischendasein. Denn die rechtlichen Voraussetzungen für solche Drohnen sind noch lange nicht geklärt.

    Gerade in Deutschland mit einer allzeit bereiten klagefreudigen Wutbürger-Schicht dürfte es schwierig werden, neue Luftfahrt-Straßen durchzusetzen. Auch wenn die elektrisch angetriebenen Mini-Maschinen angeblich nur akzeptable Brummgeräusche von sich geben, werden Menschen, die schon die dritte Startbahn am Münchner Flughafen erfolgreich torpediert haben, Mittel und Klagewege finden, um Flugtaxis am Boden zu halten.

    Ohnehin lösen die Luft-Transporter nicht unsere irdischen Verkehrsprobleme. Der Schlüssel dazu liegt in Milliarden-Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr und endlich einer überzeugenden Strategie für die Bahn. Der zügellose Individualverkehr führt jedenfalls in Dauer-Stau-Chaos und Umweltzerstörung. Lufttaxis sind damit nur eine Verlängerung des täglichen Verkehrsinfarkts in die Höhe.

    Lufttaxis für Megastädte können in Donauwörth Jobs sichern

    Dennoch wird die Herstellung solch kleiner Fluggeräte für einige Firmen ein lukratives Geschäft. Sie müssen dranbleiben und die Technologie weiterentwickeln. Deutschland ist hier mit Start-ups wie Lilium aus Weßling bei München oder Volocopter aus dem baden-württembergischen Bruchsal gut aufgestellt. Auch Airbus verfügt über eine vielversprechende Technik. Lufttaxis für Megastädte können in Donauwörth Jobs sichern. Autobauer wie Daimler und Audi mischen vorsorglich bei dem Thema ebenso mit.

    Doch der Markt wird sich sortieren. Am Ende bleiben einige Anbieter übrig. Für sie locken gute Geschäfte in Monster-Gebilden wie Los Angeles. Dort gibt es Menschen, die gerne Staus umgehen, zumal die Flüge günstiger sind als Transporte mit dem Helikopter. Dabei werden die City-Mini-Flieger erst dann für breitere Kreise preislich interessant – und reifen damit wirklich zum Taxi heran –, wenn sie autonom, also ohne teure Piloten fliegen. Das dürfte aber ängstlichere Naturen abschrecken und auch versicherungsrechtliche Fragen aufwerfen.

    Politiker sollten also ihre Flugtaxi-Euphorie etwas dämpfen und zum Himmel schreiende Verkehrsprobleme lösen. Wie wäre es, endlich mehr Güterverkehr auf die Schiene zu bringen? Maximal unsexy, aber auch maximal überfällig.

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