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Start in den Wahlkampf: Die Ähnlichkeit von Merkel und Steinmeier

Start in den Wahlkampf

Die Ähnlichkeit von Merkel und Steinmeier

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    Merkel und Steinmeier zu Spitzenkandidaten gekürt
    Merkel und Steinmeier zu Spitzenkandidaten gekürt Foto: DPA

    Ein wenig entrückt blickt Konrad Adenauer von der Wand in Angela Merkels Büro. Doch das Porträt des Künstlers Oskar Kokoschka, das die neue Hausherrin nach ihrer Wahl im Herbst 2005 aufhängen ließ, passt wieder in die Zeit.

    Die Kanzlerin hat sich entschieden, einen Wahlkampf zu führen wie Adenauer 1957: keine Experimente! Das gilt für das gemeinsame Programm, das CDU und CSU gestern in Berlin präsentierten - und das gilt auch für den Umgang ihrer Spitzenkandidatin mit ihrem Herausforderer. Nicht einmal erwähnt Angela Merkel in ihrer halbstündigen Rede den Namen von Frank-Walter Steinmeier. Für eine Parteivorsitzende, die gerade den

    Beide wissen: Der Wähler hätte kaum Verständnis dafür, wenn sich die Kanzlerin und ihr Vizekanzler in der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten drei Monate lang öffentlich zoffen, nachdem sie vier Jahre lang einigermaßen gut zusammengearbeitet haben. Und überhaupt: Es könnte ja sein, dass man sich bald wieder sieht - in einer Neuauflage der Großen Koalition ... Dazu kommt, dass Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier sich in ihrer Art häufig ähnlicher sind, als es ihren Wahlkampfstrategen lieb ist. Auch wenn der Kandidat der SPD neuerdings etwas kämpferischer auftritt, sind beide keine großen Redner, sondern zwei eher spröde Vermarkter ihrer selbst: pragmatisch, sachlich, unprätentiös.

    Für beide ist ein Kompromiss keine Niederlage, sondern ein Weg aus dem Konflikt. Beide landeten erst auf Umwegen in der Politik, beide teilen die Welt nicht nur in links und rechts ein - und beide halten es im Zweifel mit Helmut Schmidt: Wer Visionen hat, ist beim Arzt besser aufgehoben als am Kabinettstisch.

    Selten waren sich zwei Kandidaten ähnlicher. 1980 hatte es der Weltökonom Schmidt mit dem bayerischen Polterer Franz Josef Strauß zu tun, 1990 der barocke Pfälzer Helmut Kohl mit dem linken Lebemann Oskar Lafontaine. Merkel und Steinmeier dagegen eint eine wohltuende Unaufgeregtheit, die sich auch in anhaltend hohen Sympathiewerten äußert. Sogar die Inszenierungen in diesem Wahlkampf unterscheiden sich kaum. Beim Parteitag der SPD stand Steinmeier diesmal nicht oben, auf einer Bühne, den mächtigen Funktionärsapparat im Rücken, sondern auf einem Podium mitten im Saal, umringt von applaudierenden Delegierten.

    Angela Merkel hat das offensichtlich gefallen: Auch sie steht an diesem Nachmittag etwas tiefer im Raum und etwas näher bei den Menschen. "Macht alle mit", fordert sie ihre Anhänger auf. "Seid dabei." Mehr Bildung, mehr Integration, mehr Kinderbetreuung, dazu eine moderate Steuersenkung: In den 90 Tagen bis zur Wahl will sie vor allem über das reden, was im Programm der Union steht - und nicht über die SPD und ihren Kandidaten. Aus dem politischen Nahkampf hält die CDU-Vorsitzende sich ebenso heraus wie Steinmeier. Der Außenminister hat dafür seinen Parteichef Franz Müntefering, der Angela Merkel mit gebetsmühlenartiger Regelmäßigkeit vorwirft, sie könne es nicht - und Angela Merkel hat dafür neuerdings Horst Seehofer.

    Die SPD, wettert der in Berlin, habe ihren Auftrag als Volkspartei längst aufgegeben und die Mitte der Gesellschaft völlig aus dem Blick verloren. Sie schüre den Neid und setze auf Umverteilung statt auf Leistung. Angela Merkel lächelt zufrieden. Seehofer sagt, was sie nicht sagen will oder kann, doch auch er greift ihren Rivalen Steinmeier nicht direkt an. Es klingt, ein wenig, nach dem alten Adenauer: Wozu über den Kandidaten reden? "Auf den Kanzler kommt es an."

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