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Staatsbesuch: Wien balanciert zwischen EU und Putins Russland

Staatsbesuch

Wien balanciert zwischen EU und Putins Russland

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    Im Kunsthistorischen Museum in Wien hängen sie nun einträchtig nebeneinander: die Zarin Katharina die Große und die österreichische Herrscherin Maria Theresia. Die Porträts der beiden „Polit-Stars“ des 18. Jahrhunderts sind Glanzlichter einer Ausstellung mit Gemälden aus der Eremitage in St. Petersburg. Die Kunst hat eine Botschaft: Österreich und Russland, das ist eine spezielle Geschichte. Sie reicht von den Dynastien der Romanows und der Habsburger bis in die politisch höchst heikle Gegenwart. Die Alpenrepublik versucht aktuell eine Gratwanderung. Als Teil der EU die Wirtschaftssanktionen gegen Moskau mitzutragen, aber auch eigene, diplomatisch geschmeidige Akzente zu setzen.

    Bei seinem Arbeitsbesuch am Dienstag in Wien, der ersten Auslandsreise als wiedergewählter Präsident, lobte Putin: „Auch in den letzten Jahren ist der Dialog trotz aller Schwierigkeiten nicht abgerissen.“ Österreichs Sonderrolle im Fall des vergifteten russischen Ex-Spions Sergej Skripal war besonders gut in Moskau angekommen. „Wien hat sich nicht unter die anderen Länder Europas eingereiht und in der Sache Skripal russische Diplomaten ausgewiesen. Das zeigt, dass Österreich ein zuverlässiger Partner ist“, sagte der Vizevorsitzende im Wirtschaftsausschuss der Staatsduma, Wladimir Gutenjow.

    Auch Putin selbst zeigte sich optimistisch, dass es einen schrittweisen Neubeginn in den Beziehungen zwischen der EU und Russland geben wird. „Am Wiederaufbau des vollen Formats unserer Zusammenarbeit ist nicht nur Russland interessiert, auch unsere europäischen Freunde sind es“, sagte der russische Präsident nach seinem Treffen mit Österreichs Staatsoberhaupt Alexander Van der Bellen.

    Es war Putin sechster Staatsbesuch in Wien. Die russisch-österreichischen Beziehungen sind traditionell sehr freundschaftlich. Österreich ist bemüht, Verständnis für russische Interessen trotz des gespannten Verhältnisses zur EU aufrechtzuerhalten, so Van der Bellen. Der offizielle Anlass für den Besuch ist der 50. Jahrestag des ersten Erdgaslieferungsvertrages zwischen der UdSSR und Österreich im Jahr 1968. Putin betonte vor diesem Hintergrund die 50 Jahre währende „Vertragstreue“ Russlands.

    Nach seinem Gespräch mit Van der Bellen erklärte Putin, dass Österreich durch die Kooperation im Gasbereich zu einem europaweiten Energieumschlagplatz geworden ist, der sich sehr schnell weiterentwickelt. Van der Bellen unterstrich die Wichtigkeit der russischen Gaslieferungen für die EU. Das wesentlich teurere amerikanische Flüssiggas werde auf absehbare Zeit kein Konkurrent zum russischen Gas werden. Angesichts dessen stelle sich die Frage nach der zunehmenden Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen nicht, erklärte der Ökonom.

    Die österreichische Mineralölgesellschaft OMV zählt zu den Investoren der „Nord Stream 2“-Gaspipeline. Österreich unterstützt das umstrittene Projekt auch politisch. Damit soll weiteres Gas – an der Ukraine vorbei – über die Ostsee nach Europa gelangen. Trotz der EU-Sanktionen sind 500 österreichische Unternehmen auf dem russischen Markt aktiv, da die Energiewirtschaft von den Sanktionen ausgenommen ist. Im Kanzleramt in Wien wurden zudem Absichtserklärungen zu weiteren Geschäften von der Biotechnologie bis zur Landwirtschaft im Volumen von 2,8 Milliarden Euro unterzeichnet.

    Allein Putins spöttisches Lächeln vermittelte bei diesem Besuch in jedem Augenblick, dass sich die Machtverhältnisse geändert haben. Sein Besuch in Österreich ist auch ein Zeichen der Anerkennung des EU-internen Balanceakts, den die neue österreichische ÖVP/FPÖ-Regierung mit Russland vollzieht. Auch in der Ukraine-Politik fährt Wien eine eigene Linie. Die Regierung von Kanzler Kurz trägt zwar offiziell die Sanktionen gegen

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