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Spanien: Die Separatisten treffen auf die spanische Justiz

Spanien

Die Separatisten treffen auf die spanische Justiz

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    "Werden sie auf die Anklagebank gesetzt, so werden wir alle auf die Anklagebank gesetzt", steht über Bildern inhaftierter katalanischer Separatistenführer.
    "Werden sie auf die Anklagebank gesetzt, so werden wir alle auf die Anklagebank gesetzt", steht über Bildern inhaftierter katalanischer Separatistenführer. Foto: Matthias Oesterlem dpa

    Der erste Tag des spektakulären Prozesses gegen zwölf katalanische Separatistenführer beginnt mit einer Protestaktion: Frühmorgens projizieren Unbekannte ein Video auf die Fassade des Gerichtspalastes im Zentrum Madrids. Auf den Bildern sieht man, wie spanische Polizisten am Tag des umstrittenen Unabhängigkeitsreferendums im Herbst 2017 mit Knüppeln gegen Menschen vorgingen, welche mit ihren Körpern die Wahllokale verteidigten. Unter den Aufnahmen flackert auf Englisch der ironische Titel: „Spanish Democracy“.

    Wenig später trifft Kataloniens Ministerpräsident Quim Torra, ein Vertrauter des ins Ausland geflohenen Separatistenchefs Carles Puigdemont, vor dem Obersten Gerichtshof ein. Torra will den Angeklagten seine Solidarität bekunden. Bevor er im Gerichtssaal verschwindet, wo er als Zuschauer dem Prozessauftakt beiwohnt, begrüßt er weitere Repräsentanten der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung, die sich vor dem riesigen jahrhundertealten Gerichtspalast versammelt hatten: „Freiheit für die politischen Gefangenen“, skandiert das kleine Solidaritätskomitee.

    Prozess gegen Separatisten: Protestaktionen vor dem Gerichtssaal

    Nicht weit entfernt macht ein Trupp von Gegendemonstranten, die Spanien-Fahnen schwenken, auf sich aufmerksam. Sie rufen: „Katalonien wird immer zu

    Drinnen warten die zwölf Beschuldigten: Immer drei auf einer Bank, in vier Reihen hintereinander. Vorne links sitzt der Hauptangeklagte Oriol Junqueras, der frühere Vizeministerpräsident Kataloniens. Neben ihm der damalige katalanische „Außenminister“ Raül Romeva und Ex-Innenminister Joaquim Forn. Neun der zwölf Angeklagten befinden sich seit Monaten in Untersuchungshaft. Vor allem, weil der Gerichtshof nach dem Verschwinden von Carles Puigdemont und sechs weiteren beschuldigten Separatisten eine erhöhte Fluchtgefahr sah.

    Das Interesse an diesem Jahrhundertprozess, in dem es auch um die Prinzipien der Demokratie geht, ist riesengroß. Deswegen beschloss die Strafkammer, das Mammutverfahren live im Internet zu übertragen. Wohl auch deswegen, um den Vorwurf der Separatisten zu begegnen, dass hier ein Schauprozess zelebriert werden könnte.

    Mehr als 600 Berichterstatter aus aller Welt akkreditierten sich, um das Strafverfahren gegen die katalanischen Unabhängigkeitsführer aus der Nähe zu beobachten. In der Anklageschrift fährt die Staatsanwaltschaft schwere Geschütze auf: Sie verlangt 25 Jahre Gefängnis für Junqueras, dem Rebellion, Zweckentfremdung staatlicher Gelder und Ungehorsam vorgeworfen wird. Und zwischen sieben und 17 Jahren für die übrigen Angeklagten. Die Angeklagten werden als Verfechter eines illegalen Plans bezeichnet, um Spaniens Verfassung auszuhebeln. Eine Verfassung, die eine regionale Abspaltung nicht vorsieht.

    Im Mittelpunkt steht das Referendum zur Katalonien-Unabhängigkeit

    Als Hebel, um die Unabhängigkeit zu erzwingen, sei am 1. Oktober 2017 ein Referendum organisiert worden – trotz eines Verbotes des Verfassungsgerichts. Dabei seien gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei in Kauf genommen worden, welche den Auftrag gehabt habe, das Gerichtsverbot durchzusetzen. Schließlich habe man versucht, den Staat mit einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung am 27. Oktober 2017 vor vollendete Tatsachen zu stellen.

    Die Verteidigung geht zum Gegenangriff über: Spanien veranstalte hier einen „politischen Prozess“. Der angeklagte Junqueras machte bereits vor Beginn des Verfahrens klar, dass er nicht viel Hoffnung auf die Milde der Richter hat. Und dass er sich auch durch eine Haftstrafe nicht von seinem Traum eines unabhängigen Kataloniens abbringen lassen werde. „Wenn das Gefängnis der Preis ist, den wir für die Freiheit zahlen müssen, dann werden wir ihn bezahlen.“

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