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Spähaffäre: Geheimes Dokument: Auch Bundeswehr nutzte offenbar "Prism"

Spähaffäre

Geheimes Dokument: Auch Bundeswehr nutzte offenbar "Prism"

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    Geheimes Dokument: Auch Bundeswehr nutzte offenbar "Prism"
    Geheimes Dokument: Auch Bundeswehr nutzte offenbar "Prism"

    Auch im Kommandobereich der Bundeswehr in Afghanistan wurde das US-amerikanische Spähprogramm "Prism" offenbar zur Überwachung von Terrorverdächtigen eingesetzt. Ein geheimes Nato-Dokument deute darauf hin, dass das Regionalkommando der Bundeswehr in Masar-i-Scharif im Norden des Landes im September 2011 über die Existenz von "Prism" informiert wurde, schreibt die Bild-Zeitung heute (Mittwoch). Aus dem Papier gehe auch hervor, dass es sich eindeutig um ein Programm zur Erfassung und Überwachung von Daten handele.

    Alle Regionalkommandos wurden mit "Prism" vertraut gemacht

    Das Überwachungsprogramm Prism

    Prism ist ein streng geheimes Programm zur Überwachung und Auswertung von elektronischen Medien und Daten.

    Geleitet wird Prism seit 2007 von der amerikanischen National Security Agency (NSA).

    Prism ermöglicht angeblich den Zugriff auf die Internet-Kommunikation und die bei großen Konzernen gespeicherten Daten von Firmen und Privatpersonen.

    Aufgedeckt wurde die Überwachung durch Edward Snowden, einen Techniker, der für die Geheimdienste CIA und NSA arbeitete. Er informierte im Frühjahr 2013 verschiedene Medien über Prism.

    Den Zeitungen «Guardian» und «Washington Post» zufolge hat der US-Geheimdienst über Prism Zugriff auf Nutzer-Daten von Unternehmen wie Google, Yahoo, Microsoft, Apple oder Facebook.

    Die Unternehmen bestritten einen direkten Zugang der Behörden zu ihren Servern.

    Die NSA erklärte, die Internet-Überwachung sei absolut rechtmäßig. Diese sei "strikten Richtlinien" unterworfen und stünde unter "rigoroser Aufsicht", sagte NSA-Chef Keith Alexander bei einer Anhörung im Kongress in Washington.

    In Europa sorgten die Enthüllungen über Prism für heftige Kritik.

    Auch in den USA lief eine breite Koalition aus Internet- und Bürgerrechtsgruppen Sturm gegen die Spähprogramme ihrer Regierung.

    Die USA selbst rechtfertigten ihre Überwachung damit, man habe dadurch mehrere Terrorangriffe vereitelt.

    Bei dem Dokument handelt es sich dem Bericht zufolge um einen Befehl, der am 1. September 2011 vom gemeinsamen Hauptquartier der Nato in Kabul an alle Regionalkommandos in Afghanistan ging. Das Regionalkommando Nord stand damals unter Befehl des deutschen Generalmajors Markus Kneip. In dem Befehl seien alle Regionalkommandos angewiesen worden, wie sie vom 15. September 2011 an die Überwachung von Telefonverbindungen und E-Mails beantragen sollen. Dazu heiße es: "Alle Anträge (zur Überwachung) müssen in Prism eingegeben werden."

    Der Zugang zu dem Überwachungsprogramm sei über das streng geheime  Computernetzwerk der US-Geheimdienste mit dem Namen JWICS geregelt,  hieß es weiter. "Die Regionalkommandos nutzen militärisches oder ziviles US-Personal, um Zugang zu JWICS zu erlangen", stehe in dem  Befehl. Mit "militärisches oder ziviles US-Personal" seien in  diesem Zusammenhang möglicherweise Angehörige von US-Geheimdiensten oder Soldaten militärischer Aufklärungseinheiten gemeint gewesen.

    Auch der Bundesnachrichtendienst lieferte Daten

    Der Fall Snowden - Eine Chronologie

    Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden ist seit Wochen auf der Flucht. Ein Überblick über die wichtigsten Entwicklungen der Affäre:

    5. Juni: Die britische Zeitung «The Guardian» berichtet, dass der Handynetzbetreiber Verizon dem US-Geheimdienst NSA auf der Grundlage eines geheimen Gerichtsurteils täglich Informationen zu allen Telefonanrufen innerhalb der USA sowie zwischen der USA und anderen Ländern übermitteln muss.

    6. Juni: Berichten der «Washington Post» und des «Guardian» zufolge dürfen die NSA und die Bundespolizei FBI auf Serverdaten der Internetkonzerne Google, Microsoft, Yahoo, Facebook, Apple, Youtube, Skype, AOL und PalTalk zugreifen. Das geheime Überwachungsprogramm wurde demnach 2007 eingeführt.

    7. Juni: US-Präsident Barack Obama spricht von einem notwendigen Kompromiss zwischen Privatsphäre und Sicherheit.

    9. Juni: Der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der über Hawaii nach Hongkong geflohen war, gibt sich als Quelle der Enthüllungen zu erkennen. Drei Tage später beschuldigt er Washington, weltweit «hunderttausende Computer» zu überwachen.

    21. Juni: Die US-Regierung beschuldigt Snowden der Spionage, des Diebstahls und der illegalen Nutzung von Regierungseigentum. Washington verlangt von Hongkong die Auslieferung des IT-Experten.

    23. Juni: Snowden, gegen den inzwischen ein Haftbefehl vorliegt, reist nach Moskau. Sein Reisepass wurde von den US-Behörden ungültig gemacht. Der ecuadorianischen Regierung liegt nach eigenen Angaben ein Asylantrag Snowdens vor. Washington warnt Moskau und Peking vor diplomatischen Konsequenzen.

    25. Juni: Russlands Präsident Wladimir Putin bestätigt, dass sich der Ex-Geheimdienstmitarbeiter weiterhin im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo aufhält.

    30. Juni: Auch die EU ist laut Berichten des Magazins «Der Spiegel» Opfer der NSA-Spionage geworden. Der Geheimdienst habe unter anderem die EU-Vertretung in Washington und New York abgehört. Frankreich und Deutschland verlangen Aufklärung von der US-Regierung. Obama verspricht, alle Informationen vorzulegen.

    1. Juli: Putin bietet Snowden ein Aufenthaltsrecht in Russland an, fordert aber, dass der Informant seine Aktivitäten gegen die USA einstellt. Nach Angaben der Plattform «Wikileaks» hat Snowden in zahlreichen Ländern, darunter Deutschland, um politisches Asyl ersucht.

    2. Juli: Mehrere Staaten lehnen Snowdens Asylantrag ab. Nach Ländern wie Deutschland, Österreich, Brasilien, Spanien und Polen erteilen ihm am Tag darauf auch Frankreich und Italien eine Absage.

    3. Juli: Der Fall Snowden führt zu weiteren diplomatischen Verwicklungen. Der bolivianische Präsident Evo Morales muss während eines Flugs von Moskau in seine Heimat einen 13-stündigen Zwangsstopp in Wien einlegen, nachdem ihm mehrere EU-Länder den Überflug verwehrt hatten. Hintergrund sind offenbar Gerüchte, dass sich Snowden an Bord der Maschine befand.

    5. Juli: Nicaragua, Venezuela und Bolivien erklären sich bereit, Snowden aufzunehmen.

    7. Juli: Snowden beschuldigt den Bundesnachrichtendienst in einem «Spiegel»-Interview, schon seit langem mit der NSA zusammenzuarbeiten.

    12. Juli: Snowden beantragt vorübergehendes Asyl in Russland, um anschließend nach Lateinamerika ausreisen zu können. Der russische Parlamentspräsident Sergej Naryschkin, ein Vertrauter Putins, spricht sich dafür aus, Snowden zumindest zeitlich begrenzt politisches Asyl zu gewähren.

    20. August: Die englische Regierung zwingt Redakteure des "Guardian", Material zur NSA-Affäre zu vernichten. Es seien mehrere Festplatten im Keller der Redaktion zerstört worden, berichtet "Guardian"-Chefredakteur Alan Rusbridger.

    27. Oktober 2013: Durch die Informationen von Edward Snowden kommt ans Licht, dass die USA das Handy der Bundeskanzlerin abgehört haben. Angeblich hat die NSA 35 Staatsführer weltweit belauscht.

    31. Oktober 2013: Der Berliner Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele reist unter größter Geheimhaltung nach Moskau und trifft Edward Snowden.

    Ströbele bringt einen Brief Snowdens mit nach Deutschland: Darin bietet er an, in Deutschland auszusagen - erbittet im Gegenzug aber Asyl in der Bundesrepublik.

    Bei den Anträgen zur Überwachung gehe es zum Beispiel darum, die Telefonnummern oder E-Mail-Adressen von mutmaßlichen Terroristen in  das System einzuspeisen, hieß es in dem "Bild"-Bericht weiter. Aus Unterlagen gehe hervor, dass auch der Bundesnachrichtendienst (BND)  solche Telefonnummern an die NATO lieferte und somit in das  Überwachungssystem einspeiste. Zur Begründung für den Befehl an die  Regionalkommandos hieß es, der Direktor der NSA habe das US-Militär  beauftragt, die Überwachung in Afghanistan zu koordinieren. 

    Das Bundesverteidigungsministerium erklärte auf Anfrage der "Bild"-Zeitung, es "liegen keine Informationen/Erkenntnisse zu  einer entsprechenden Weisung" vor. Weitere Prüfungen zu dem Vorgang  würden allerdings noch laufen.

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