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Soziales: Reform der Pflegeversicherung: Sparen für die Zeit nach 2035

Soziales

Reform der Pflegeversicherung: Sparen für die Zeit nach 2035

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    Pflege ist eine große Herausforderung an die Gesellschaft. Damit sie bezahlbar bleibt, muss jetzt schon gespart werden.
    Pflege ist eine große Herausforderung an die Gesellschaft. Damit sie bezahlbar bleibt, muss jetzt schon gespart werden. Foto: Patrick Pleul, dpa

    In der Pflegeversicherung stehen einschneidende Reformen an. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will mit Leistungsverbesserungen auf den Pflegenotstand reagieren, zugleich den Pflegebegriff neu definieren und einen neuen Pflegefonds einrichten, in dem jetzt schon Geld für die Zeit nach dem Jahr 2035 angespart wird. Auf die Beitragszahler kommen dadurch ab 2015 höhere Kosten zu, wie aus dem Referentenentwurf zur Reform hervorgeht, der unserer Zeitung vorliegt.

    Wie viel teurer wird die Pflegeversicherung?

    Der Beitrag (derzeit 2,05 Prozent, 2,3 Prozent für Kinderlose) soll um 0,3 Prozentpunkte steigen. Das entspricht zusätzlichen Einnahmen von 3,6 Milliarden Euro.

    Wofür wird das Geld gebraucht?

    0,2 Prozentpunkte dienen dazu, sich der Preisentwicklung anzupassen und den Begriff der Pflegebedürftigkeit ausweiten zu können. Bisher bezogen sich die Leistungen der Pflegeversicherung vor allem auf körperliche Gebrechen. Künftig sollen auch geistige Einschränkungen, beispielsweise verursacht durch eine Demenz, berücksichtigt werden. Vorgesehen ist, dass die bisherigen drei Pflegestufen durch fünf differenziertere Pflegegrade ersetzt werden. Die äußerst umstrittene „Minutenpflege“ – die Einstufung von Pflegebedürftigen je nach zeitlichem Aufwand – soll künftig der Vergangenheit angehören.

    Was passiert mit den restlichen 0,1 Prozentpunkten Beitragserhöhung?

    Bereits 2015 wird damit begonnen, schrittweise einen Milliardentopf zu füllen, der in zwei Jahrzehnten dazu beitragen soll, die Beitragslasten zu dämpfen. Offiziell heißt dieses neue und in seiner Form bislang einmalige Sondervermögen „Pflegevorsorgefonds“.

    Wie hoch sind die jährlichen Rücklagen?

    Es beginnt zunächst mit jährlich 1,21 Milliarden Euro, ab 2018 zahlen die Pflegekassen jeweils 1,31 Milliarden Euro ein.

    Kritiker fürchten um die Milliarden der Beitragszahler

    Wo wird das Geld verwaltet?

    Mit der Verwaltung und Vermehrung des Vermögens wird die Bundesbank beauftragt. Das Geld muss zu marktüblichen Bedingungen angelegt werden.

    Kann die Pflegeversicherung im Falle eines finanziellen Engpasses auf das Geld zurückgreifen?

    Die Pflegeversicherung hat während der Ansparphase des Fonds keinen Zugriff auf den Fonds.

    Warum sollen dem Fonds frühesten ab dem Jahr 2035 Mittel entnommen werden?

    2034 vollenden die ersten Angehörigen der geburtenstärksten Jahrgänge 1959 bis 1967 das 75. Lebensjahr. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, pflegebedürftig zu sein. Diesen Jahrgängen gehören zwischen 1,24 und 1,36 Millionen Menschen an. Um die Leistungen der Pflegeversicherung für sie nicht kürzen zu müssen, wird viel zusätzliches Geld benötigt. Der Fonds soll helfen, den Beitrag zur Pflegeversicherung nicht ins Unermessliche steigen zu lassen.

    Wie lange reichen die angesparten Mittel?

    Vorgesehen ist, dass je nach Bedarf jährlich bis zu 1/20 des am 31. Dezember 2034 vorhandenen Vermögens verwendet werden kann. Das hieße, dass mindestens 20 Jahre lang Mittel zur Verfügung stehen. Danach erreichen wieder schwächer besetzte Jahrgänge das Pflegealter.

    Sind die Milliarden der Beitragszahler vor dem Zugriff der Bundesregierung geschützt?

    Kritiker befürchten, dass der amtierende Finanzminister in Krisenzeiten möglicherweise seinen Haushalt mithilfe des Sondervermögens ausgleichen könnte. Das ist im Prinzip nicht möglich, es sei denn, der Gesetzgeber würde zu diesem Zweck die Bestimmungen des Pflegeversicherungsgesetzes wieder ändern, was politische Insider nicht vollkommen ausschließen wollen.

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