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Sowjetunion: Chruschtschow und der Schuh, der Geschichte schrieb

Sowjetunion

Chruschtschow und der Schuh, der Geschichte schrieb

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    Der sowjetische Ministerpräsident Nikita Chruschtschow während der UN-Vollversammlung vor 60 Jahren.
    Der sowjetische Ministerpräsident Nikita Chruschtschow während der UN-Vollversammlung vor 60 Jahren. Foto: UPI, dpa (Archiv)

    Es ist einer dieser Momente, die Geschichte schrieben, obwohl heute keiner mehr so genau sagen kann, ob diese Geschichte auch stimmt. Die Hauptrolle spielen ein wütender Mann aus Moskau und ein brauner Lederschuh. Wobei, schon bei der Farbe der Fußbekleidung kommen erste Zweifel auf. Schließlich ist das einzige verifizierte Bilddokument, das es von der Szene vor 60 Jahren gibt, ein Schwarz-Weiß-Foto. Zu sehen sind darauf Nikita Chruschtschow – und ein Halbschuh auf einem Rednerpult.

    Der Legende nach soll der damalige Kreml-Chef selbigen Sekunden vorher drohend in die Luft gereckt und anschließend, einigermaßen ungehalten, damit auf die Tischplatte eingedroschen haben. Einwandfrei belegt ist zumindest, dass es in der Vollversammlung der Vereinten Nationen an jenem 12. Oktober 1960 hoch hergegangen ist. Die Diskussionen drehten sich um Machtansprüche in früheren Kolonien. Zahlreiche afrikanische Staaten wurden zu dieser Zeit unabhängig. Unter anderem der Kongo, in dem sich prowestliche und prosowjetische Kräfte unversöhnlich gegenüberstanden.

    Der Schuh von Nikita Chruschtschow am 12. Oktober 1960 in New York.
    Der Schuh von Nikita Chruschtschow am 12. Oktober 1960 in New York. Foto: UPI, dpa (Archiv)

    Nikita Chruschtschow war ein Mann mit kurzer Zündschnur

    Belegt ist auch, dass Nikita Sergejewitsch Chruschtschow ein Mann mit einer ziemlich kurzen Zündschnur war, der zur drastischen Ausdrucksweise neigte. Im Westen nahm man den Sohn eines Bauern, der nach der brutalen Schreckensherrschaft Stalins „Tauwetter“ versprochen hatte, deshalb nicht immer ganz ernst. Auch die berühmte Schuh-Szene dürfte dabei eine Rolle gespielt haben.

    Dabei stand Chruschtschow an der Spitze eines Landes, das zwei Jahre später Atomraketen auf Kuba stationierte und die Welt damit an den Rand des Dritten Weltkriegs führte. Am Ende war es aber eben auch er, der einlenkte und in Geheimgesprächen mit US-Präsident John F. Kennedy die atomare Katastrophe im letzten Moment abwendete.

    1964 wurde Chruschtschow entmachtet und lebte bis zu seinem Tod 1971 auf einer Datscha in der Nähe von Moskau. In Russland verbindet man mit ihm bis heute die Abkehr von Diktator Josef Stalin, dem er vorwarf, brutal seine Macht missbraucht zu haben. Für den Rest der Welt wird Chruschtschow aber für immer (auch) der Mann mit dem Schuh bleiben.

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