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Sondierungsgespräche: Union und SPD auf der Suche nach Gemeinsamkeiten

Sondierungsgespräche

Union und SPD auf der Suche nach Gemeinsamkeiten

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    Die Tür ist verschlossen. Als SPD-Chef Sigmar Gabriel, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, Peer Steinbrück und die weiteren Mitglieder der SPD-Delegation am Freitagmittag kurz vor 13 Uhr vor dem wuchtigen hölzernen Eingang der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft neben dem Reichstagsgebäude erscheinen, müssen sie erst einmal klingeln und einen kurzen Moment warten, ehe sie eingelassen werden.

    Sondierungsgespräche: Wer mit wem?

    SCHWARZ-ROT: Bei der Suche nach einem Koalitionspartner ist die SPD für die Wahlsieger von CDU und CSU erste Wahl. Die Schnittmengen wären bei einer großen Koalition am größten. Ein Risikofaktor ist aber die SPD-Basis, in der es große Vorbehalte gegen eine große Koalition gibt. Die SPD-Mitglieder müssen am Ende Ja zu einem Koalitionsvertrag sagen.

    SCHWARZ-GRÜN: Für die Union ist das die zweitbeste Lösung. Auch die Grünen halten nicht viel davon. Trotzdem soll es in der nächsten Woche ernsthafte Gespräche darüber geben. Die dürften aber nur dann eine realistische Erfolgschance haben, wenn es zwischen SPD und Union ganz erheblich hakt.

    ROT-ROT-GRÜN: SPD, Grüne und Linke haben zusammen eine Mehrheit im Bundestag. Die Linke hat deswegen Sondierungsgespräche auch über eine rot-rot-grüne Koalition gefordert. Bei den Grünen gibt es gewisse Sympathien dafür. Die SPD hat solche Gespräche aber schon vor der Wahl strikt ausgeschlossen - und bereut das inzwischen ein wenig. Bei der nächsten Wahl soll es keine «Ausschließeritis» mehr geben.

    MINDERHEITSREGIERUNG: Der Union fehlen mindestens fünf, möglicherweise sechs Stimmen zu einer absoluten Mehrheit im Bundestag. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) könnte daher auch eine Minderheitsregierung bilden und sich dann für jede Einzelentscheidung wechselnde Bündnispartner suchen. Das hat es auf Bundesebene aber in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum noch nicht gegeben und gilt auch jetzt als nahezu ausgeschlossen.

    NEUWAHL: Wenn gar nichts geht, wird neu gewählt. Auch das hat es nach einer Wahl noch nie gegeben. Dem Wähler wäre nur schwer zu erklären, warum er noch einmal zu Urne schreiten soll. Und auch dem Ansehen Deutschlands im Ausland wäre eine lange Hängepartie bei der Regierungsbildung nicht gerade zuträglich.

    Der Kanzlerin und CDU-Chefin hingegen bleibt ein Zwangsstopp vor der Tür erspart. Wie von Geisterhand öffnet sich das Tor, kurz bevor Angela Merkel, der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer, Fraktionschef Volker Kauder und die weiteren Mitglieder der Unions-Delegation um die Ecke biegen. Wortlos verschwinden sie im Eingangsbereich, wo die Sozialdemokraten bereits auf sie warten.

    Atmosphäre des Vertrauens schaffen

    Ein Bild mit Symbolkraft. Während die Union nach ihrem Wahltriumph am 22. September ungehindert und mit großem Selbstbewusstsein in die Sondierungsgespräche mit der SPD starten kann, müssen die Sozialdemokraten noch so manchen Stolperstein aus dem Weg räumen. Parteichef Sigmar Gabriel weiß, wie schwierig es noch werden wird, seine Partei von der Notwendigkeit und der Richtigkeit der Gespräche mit CDU und CSU zu überzeugen, die man im Wahlkampf noch bekämpft hat. Zumal die Linkspartei pünktlich zum Auftakt der Sondierungen mit Flötentönen lockt und für ein rot-rot-grünes Bündnis wirbt. Die beiden Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger fordern die SPD auf, auch diese Alternative im Auge zu behalten. „Wenn die SPD wissen will, wie ihre Basis tickt, sollte sie beide Optionen zur Abstimmung stellen: Große Koalition und Rot-Rot-Grün“, sagt Kipping.

    Doch Gabriel will davon nichts wissen. Knapp drei Stunden verhandeln er und seine Mitstreiter am Freitagnachmittag mit Merkel, Seehofer, Kauder und Co. In der ersten Sondierungsrunde geht es noch nicht um konkrete inhaltliche Fragen, das hebt man sich für die eigentlichen Koalitionsverhandlungen in den Arbeitsgruppen auf Expertenebene ab, sondern darum, sich grundsätzlich über die Probleme und Herausforderungen zu verständigen und eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen, auf deren Grundlage weitere Gespräche geführt werden können.

    Konstruktive Sondierung zwischen Union und SPD

    Dass sich Merkel, Seehofer, Gabriel, Steinmeier und Steinbrück, die einst in der Großen Koalition zwischen 2005 und 2009 gemeinsam am Kabinettstisch saßen, gegenseitig schätzen und vertrauen, ist kein Geheimnis und dürfte die Sache auf beiden Seiten leichter machen. Einen gemeinsamen Auftritt gibt es nach der ersten Runde dennoch nicht. Hintereinander, nicht miteinander – und mit einem gehörigen zeitlichen Abstand –, treten die Generalsekretäre im Reichstagsgebäude vor die Presse, erst Andrea Nahles (SPD), dann Hermann Gröhe (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU). Ihre Botschaft ist gleichwohl die Gleiche, bis in die Wahl der Worte hinein: Man habe „in guter sachlicher und konstruktiver Atmosphäre“ miteinander gesprochen (Gröhe), die Sondierung sei „ausgesprochen konstruktiv“ verlaufen (Nahles), die Delegationen hätten „sehr ordentliche, sehr vernünftige Gespräche“ geführt, geprägt von „Ernsthaftigkeit und Verantwortungsbewusstsein“ (Dobrindt).

    Dem CSU-Generalsekretär bleibt das Schlusswort: Das Ergebnis des ersten Sondierungsgespräches sei, „dass zumindest die Zahl der potenziellen Koalitionspartner nicht weniger geworden ist“.

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