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"So viel Hass": Robert Habeck sagt: "Bye bye, Twitter und Facebook"

"So viel Hass"

Robert Habeck sagt: "Bye bye, Twitter und Facebook"

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    Hat genug von Social Media: Robert Habeck steigt aus Twitter und Facebook aus.
    Hat genug von Social Media: Robert Habeck steigt aus Twitter und Facebook aus. Foto: Bernd Hohlen (Archiv)

    Eigentlich nutzt Robert Habeck die sozialen Netzwerke geschickt zur Selbstdarstellung. Schließlich verdankt der Grünen-Chef seine große Popularität unter anderem seinen Aktivitäten im Netz. Doch jetzt zieht ausgerechnet er einen Schlussstrich und steigt aus bei Twitter und Facebook. Das ist nicht nur die Folge des massiven Online-Angriffs auf rund tausend Politiker und Prominente – von dem Habeck besonders hart getroffen wurde.

    Es sind auch eigene, missglückte Äußerungen, die den Schriftsteller die Notbremse ziehen lassen. Unter der Überschrift „Bye bye, Twitter und Facebook“ kündigte Habeck seinem Blog an, seine Konten auf Facebook und Twitter dichtzumachen.

    Warum Robert Habeck nicht mehr auf Twitter sein will

    Zur Vorgeschichte der Twitter-Entscheidung: „Wir versuchen, alles zu machen, damit Thüringen ein offenes, freies, liberales, demokratisches Land wird, ein ökologisches Land“, sagte Habeck in einem Video, mit dem die Thüringer Grünen um Unterstützung für die Landtagswahlen im Herbst werben. Eine Aussage, die für mächtig Hohn und Kritik sorgte – zumal die Grünen in

    Habeck zeigte sich zerknirscht. Er wolle keineswegs unterstellen, Thüringen sei nicht weltoffen und demokratisch. Zweimal denselben Fehler zu machen, sei „einfach nur dämlich“, so Habeck. Als Konsequenz werde er aussteigen aus Twitter und Facebook – obwohl er in beiden Netzwerken zusammen fast 100.000 Anhänger hat. Twitter sei ein „sehr hartes Medium, wo spaltend und polarisierend geredet wird“, das färbe auch auf ihn ab.

    Robert Habeck ist vom Datenskandal besonders stark betroffen

    Habeck zählt zudem zu den Politikern, die im aktuellen Datenskandal am heftigsten betroffen sind. Noch immer ist ungeklärt, wer vertrauliche und teils hochsensible Informationen und Dokumente von rund 1000 Politikern und Prominenten im Internet veröffentlicht hat. Das Gros der Fälle ähnelt dem von SPD-Chefin Andrea Nahles, deren Handynummer und private Anschrift im Netz zu finden war. Dies habe sie persönlich berührt und verletzt, so Nahles. Auch wegen ihrer kleinen Tochter habe sie eine „gewisse Privatsphäre wahren“ wollen. Rund 50 bis 60 Betroffene hat es aber noch deutlich heftiger erwischt. Bei Habeck etwa waren unter anderem sensible Dokumente seiner Kinder und die Verläufe von privaten Online-Unterhaltungen veröffentlicht worden.

    Wichtige Politiker ohne eigene Aktivität in den sozialen Netzwerken werden mehr und mehr zur Ausnahme. „Kann sein, dass das ein politischer Fehler ist, weil ich mich der Reichweite und direkten Kommunikation mit doch ziemlich vielen Menschen beraube. Aber ich weiß, dass es ein größerer Fehler wäre, diesen Schritt nicht zu gehen“ schrieb auch Habeck in seinem Blog. Er ertappe sich selbst dabei, wie er nach Auftritten in Talkshows oder Parteitagen „gierig“ prüfe, wie er im Netz angekommen sei.

    Vom Experten gibt es Respekt für Habeck

    Wolfgang Schweiger, Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim, nennt Habecks Entscheidung bemerkenswert: „Zum ersten Mal gibt ein Politiker zu, dass das Tempo, die Direktheit und Spontaneität in den sozialen Medien für ihn persönlich gefährlich sind.“ Habeck gebe auch zu, „wie viele andere von einer gewissen Eitelkeit getrieben zu sein – wie viele Likes und Kommentare bekomme ich für einen Beitrag – und deshalb gelegentlich übers Ziel hinausgeschossen zu sein“. Schweiger: „Hätten wir nur mehr solche Politiker mit einem solchen Grad an Selbsterkenntnis und Verantwortungsgefühl.“ Andererseits, so der Wissenschaftler, „werfen gerade Parteifreunde Habeck nicht zu Unrecht vor, das Netz damit kampflos den Hatern und Manipulatoren zu überlassen. Auch das ist richtig.“

    Gerade deshalb sieht unter anderem Werner Weidenfeld, Politikwissenschaftler aus München, den Schritt kritisch: „Twitter und Facebook gehören zur modernen politischen Kommunikation wie Sauerstoff zur Vitalität. Man kann nicht einfach sagen ‚Ich steige da aus‘. Der wird sich auch noch mal überlegen, ob das sinnvoll war“, sagte er der Bild.

    Weitere Informationen zum Stand der Ermittlungen gab es unterdessen zunächst nicht. Innenminister Horst Seehofer (CSU) will sich Mitte der Woche äußern. Als Konsequenz aus der Affäre will das Innenministerium das Cyber-Abwehrzentrum besser aufstellen.

    Lesen Sie hier unseren Kommentar zum Thema: Habeck: Der Ausstieg aus Facebook & Co. ist der falsche Weg 

    (AZ, dpa)

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