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Sicherheitspolitik: So verschärft Corona weltweite Konflikte und Armut

Sicherheitspolitik

So verschärft Corona weltweite Konflikte und Armut

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    Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, warnt vor den möglichen Folgen der Corona-Krise für Menschen, die ohnehin bereits von Armut betroffen sind.
    Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, warnt vor den möglichen Folgen der Corona-Krise für Menschen, die ohnehin bereits von Armut betroffen sind. Foto: Javier Bauluz, dpa

    Corona gefährdet nicht nur die Gesundheit und die wirtschaftliche Existenz der Menschen auf der ganzen Welt, das Virus könnte letztlich sogar zu neuen Kriegen führen. Davor warnt die Münchner Sicherheitskonferenz in einem Spezialreport zur Pandemie. Der Weltfrieden ist laut dem Papier durch Covid-19 in vielfältiger Weise bedroht. Der Ausbruch vernichte die Entwicklungsfortschritte vieler Jahre, mache Staaten instabiler und gefährde die zwischenstaatliche Zusammenarbeit.

    Spezialkräfte des syrischen Zivilschutzes bei der Beerdigung eines mit Corona infizierten Mädchens. der Virus trifft Krisenregionen besonders hart. .+
    Spezialkräfte des syrischen Zivilschutzes bei der Beerdigung eines mit Corona infizierten Mädchens. der Virus trifft Krisenregionen besonders hart. .+ Foto: Foto: Anas Alkharboutli/dpa

    Durch die Pandemie und ihre Folgen nehmen den Autoren zufolge Hunger, Ungleichheit und autoritäre Regierungsführung weltweit zu. Corona wirke wie ein Brennglas und verstärke eine Vielzahl von Problemen, unter denen bereits zuvor vor allem die Menschen leiden, die ohnehin schon von Armut und Benachteiligung betroffen seien. Gegensteuern, so das Fazit des vom früheren deutschen Top-Diplomaten Wolfgang Ischinger geleiteten Forums, können die reichen Länder nur durch verstärkte Anstrengungen in der Armutsbekämpfung und einen Ausbau der internationalen Kooperation. Der Report will aufrütteln, das wird in jeder Zeile deutlich. Etwa wenn von einem „riesigen Ungleichgewicht“ die Rede ist, zwischen dem menschlichen Leid durch Corona und den Gefahren für den Frieden auf der einen und den Anstrengungen reicher Länder dagegen vorzugehen, auf der anderen Seite. Deutschland, Europa und die internationale Gemeinschaft investierten viel zu wenig in das Ziel, schwächere Staaten durch Unterstützung stabiler zu machen und dadurch gewaltsame Auseinandersetzungen zu reduzieren.

    Die weltweiten Schäden durch Corona sind bereits immens

    Mit drastischen Zahlen, die von verschiedenen internationalen Organisationen stammen, belegt der Report, dass die Pandemie seit ihrem Beginn weltweit bereits immense Schäden angerichtet hat. Demnach hat sich die Zahl der Menschen, die hungern müssen, verdoppelt. Bis zu 132 Millionen sind weltweit betroffen, nach besonders drastischen Schätzungen droht bis Jahresende sogar rund 830 Millionen Menschen Unterernährung. Zum ersten Mal seit 1990 wächst die Armut auf der Welt wieder, bis zu 115 Millionen Menschen wurden allein durch Corona zusätzlich in Existenznot gestürzt. Rund eine halbe Milliarden Arbeitsplätze gingen verloren. Neue Konflikte haben rund 21.000 Todesopfer gefordert.

    Selbst das Internet wird gewalttätiger. In den USA stiegen die extremistischen Inhalte in Gegenden etwa mit Ausgangsbeschränkungen um 21 Prozent. Während es in manchen Entwicklungsländern nur drei Ärzte pro 100.000 Menschen gibt, sind es in den reicheren Ländern rund zehnmal so viel. Das war schon vor Corona so, wirkt sich nun aber besonders heftig aus. Nationalismus und Populismus seien fast weltweit auf dem Vormarsch, die Demokratie auch dadurch unter Druck, dass, wie in Afrika, reihenweise Wahlen abgesagt wurden. All diese Entwicklungen könnten Unruhen, Bürgerkriege und Kriege auslösen, die zu neuen Fluchtbewegungen führen und Europa deshalb direkt betreffen.

    Eindringlicher Appell gegen Protektionismus

    Fast 100 Staaten haben laut dem Report Exportverbote für medizinische Güter und Schutzausrüstung eingeführt. Eindringlich rufen die Autoren dazu auf, protektionistische Maßnahmen abzubauen. Auch einen „Impf-Nationalismus“ dürfe es nicht geben, ansonsten würden die armen Länder des globalen Südens die größten Verlierer sein. Wohlhabende Nationen sollten die finanzielle Großzügigkeit, mit der sie innerhalb ihrer eigenen Grenzen gegen die Pandemiefolgen vorgehen, auf die humanitäre Hilfe für die armen Länder ausdehnen. Es müsse Priorität haben, die Leben von Menschen und ihre Lebensgrundlagen zu retten. Dazu bedürfe es kurzfristiger Hilfen wie langfristiger Anstrengungen, um die armen Länder widerstandsfähiger zu machen. Die Ausgaben für Entwicklungshilfe dürften nicht der Krise zum Opfer fallen.

    Auch eine Diskussion über Schuldenerlass sei notwendig, so der Report. Der Wiederaufbau nach der Krise biete für Deutschland und andere reichere Länder immerhin die Chance, in besonders betroffenen Staaten durch gezielte Hilfe zu einer besseren Gesundheitsinfrastruktur und widerstandsfähigeren Wirtschaft beizutragen.

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