Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Sicherheitskonferenz: Zwischen München und Moskau: Viel Arbeit für Merkel

Sicherheitskonferenz

Zwischen München und Moskau: Viel Arbeit für Merkel

    • |
    Nach ihren Besuchen in Kiew und Moskau legte Kanzlerin Angela Merkel einen Zwischenstopp auf der Münchner Sicherheitskonferenz ein.
    Nach ihren Besuchen in Kiew und Moskau legte Kanzlerin Angela Merkel einen Zwischenstopp auf der Münchner Sicherheitskonferenz ein. Foto: Dominik Bindl (getty), afp (2)

    Die Frau ist ein Phänomen. Am Abend zuvor hatte sie fünf Stunden lang, bis um Mitternacht, in Moskau mit Präsident Putin über eine Lösung der Ukraine-Krise verhandelt. Tags darauf sitzt Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits um 10.30 Uhr entspannt in München auf dem Podium der Sicherheitskonferenz und scherzt mit deren Chef Wolfgang Ischinger darüber, wie lange sie auf Fragen antworten darf und ob ihr jemand dafür böse Blicke zuwirft. Heute konferiert sie bereits in Washington mit US-Präsident Obama. Es ist ein diplomatischer Marathon.

    Obwohl jeder im Publikum nichts lieber wüsste, als wie sich Putin in den Verhandlungen gegeben hat, verrät Merkel kein Sterbenswörtchen darüber. Sie hält eine rund 20-minütige Rede über die Herausforderungen, vor denen die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik steht. Es geht um Gefahren für die Weltordnung, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist, um Nato und OSZE, um Ebola und Nahost, um Terrorismus und Freihandelsabkommen.

    Ihre Moskauer Gespräche handelt Merkel mit wenigen Sätzen ab. Die Ukraine-Krise sei nicht militärisch zu lösen. Das Minsker Abkommen müsse mit Leben erfüllt werden. Sie sei sich nicht sicher, ob der Besuch bei Putin erfolgreich war. Aber sie und Frankreichs Präsident Hollande hätten den Versuch wagen müssen – „wir schulden es schon allein den betroffenen Menschen in der Ukraine“. Doch in der Diskussion wird die Kanzlerin dann deutlich, für ihre Verhältnisse überraschend deutlich.

    Dazu muss sie allerdings gereizt werden. Der ehemalige britische Außen- und Verteidigungsminister Malcolm Rifkind gibt sich als Freund von Waffenlieferungen an die Ukraine zu erkennen und zitiert Friedrich den Großen: „Diplomatie ohne Waffen ist wie Musik ohne Instrumente.“ Da widerspricht Merkel in ungewohnter Härte: „Ich kann mir keine Situation vorstellen, in der die Ukraine genug Waffen besitzt, dass Putin glaubt, er könne militärisch verlieren.“ Dann sagt sie: „Es sei denn...“ Um anzufügen: „...darüber möchte ich nicht sprechen.“ Jeder im Saal weiß: Das hieße Krieg. Vielleicht sogar Weltkrieg.

    Biden lobt Merkels Lösungsvorschläge in der Ukraine-Krise

    Auf der Sicherheitskonferenz gibt es viele Befürworter von Waffenlieferungen. Madeleine Albright, die gebürtige Tschechin und ehemalige US-Außenministerin, schüttelt den Kopf, als Merkel davon abrät.

    US-Senator John McCain, der auch nach Syrien Waffen liefern wollte, hatte bereits am Freitag die Bundesregierung in einer Weise attackiert, die viele als beleidigend empfanden: „Wenn man sich die Haltung der deutschen Regierung anschaut, könnte man meinen, sie hat keine Ahnung oder es ist ihr egal, dass Menschen in der Ukraine abgeschlachtet werden“, polterte er in einem Interview.

    Die offizielle US-Position sieht anders aus. Vizepräsident Joe Biden sagt, „der Präsident und ich“ seien der Meinung, man müsse alles tun, um Menschenleben zu retten. Damit meint er freilich nicht Waffenlieferungen, sondern die Initiative von Merkel und Hollande für eine diplomatische Lösung. Das sei den Versuch wert gewesen, greift er eine Formulierung Merkels auf. „In höchstem Maße.“

    Biden hat vor seiner Rede die Teilnehmer lange warten lassen. Er habe angesichts der kritischen Lage noch ein paar Telefongespräche führen müssen, sagt er. Nicht zur Vereinfachung beigetragen hatte der russische Außenminister, der vor Biden ans Podium getreten war.

    Harte Vorwürfe aus Russland

    Sergej Lawrow ist ein häufig und gern gesehener Gast bei der Sicherheitskonferenz. Wenn er den Saal betritt, tauscht er Nettigkeiten mit alten Bekannten aus. Die neue EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini wird sogar mit Bussi, Bussi begrüßt. Doch am Rednerpult kennt Lawrow keine Freunde mehr.

    Knüppelhart kommen die Vorwürfe: Der Westen fühle sich als Sieger des Kalten Krieges. Er wolle mit seiner Raketenabwehr Russlands Verteidigungsfähigkeit aushebeln. Die USA weigerten sich, einen Vertrag über die Begrenzung konventioneller Streitkräfte zu schließen. Den INF-Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme hätten sie gebrochen. Und, und, und...

    Alle warten gespannt auf Bidens Antwort. Und der lässt nichts auf sich sitzen. Der US-Vizepräsident nimmt den Russen genauso hart her. Putin habe die gute Zusammenarbeit, die es zwischen 2009 und 2012 gab, beendet. Er respektiere die territoriale Integrität der Ukraine nicht. Er mache Korruption zu einem Mittel der Außenpolitik und setzte Energielieferungen als Druckmittel ein. Putin müsse sich entscheiden: Abzug aus der Ukraine – oder er müsse massive wirtschaftliche Kosten in Kauf nehmen.

    Joe Biden erhält viel Beifall. Er hat ein Heimspiel auf der Münchner Konferenz. Aber Lawrow, so betont Ischinger, sei auch immer wieder willkommen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden