Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Sichere Herkunftsländer: Keine Mehrheit im Bundesrat für sichere Herkunftsländer in Nordafrika

Sichere Herkunftsländer

Keine Mehrheit im Bundesrat für sichere Herkunftsländer in Nordafrika

    • |
    Im Bundesrat findet sich wohl keine Mehrheit für die Erklärung der Mahgreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern.
    Im Bundesrat findet sich wohl keine Mehrheit für die Erklärung der Mahgreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern. Foto: Michael Kappeler/Archiv (dpa)

    Gut eine Woche vor der entscheidenden Bundesratssitzung zur Einstufung der nordafrikanischen Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer zeichnet sich keine Mehrheit für das Gesetz ab. Dies erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag aus Kreisen der baden-württembergischen Landesregierung. Auch andere Länder mit Regierungsbeteiligung der Grünen wollen dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz nicht zustimmen.

    Baden-Württemberg würde nur zustimmen, "wenn die hohen verfassungsrechtlichen Kriterien des Bundesverfassungsgerichts erfüllt werden", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) der Frankfurter Allgemeine Zeitung vom Donnerstag. Die Grünen sind an zehn Landesregierungen beteiligt. Davon müssten mindestens drei große Länder dem Gesetz zustimmen, mit dem Tunesien, Marokko und Algerien zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Die Bundesregierung will damit eine Beschleunigung der Asylverfahren von Antragstellern aus diesen Ländern erreichen.

    Sichere Herkunftsländer: Grüne haben Bedenken

    Dem Vernehmen nach konnten aber die Bedenken der Grünen nicht ausgeräumt worden. Offenbar gibt es auch keine Bemühungen mehr, doch noch zu einer Lösung zu kommen. Die Grünen haben insbesondere wegen der Verfolgung von Homosexuellen in den drei Ländern Bedenken gegen die Einstufung der drei Staaten als sicher. Der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck sagte der FAZ, die Bundesregierung habe diese Bedenken nicht ausräumen können: "Ich werde im Bundesrat nicht zustimmen."

    Zehn Fakten über Asylbewerber in Bayern

    Nach Zahlen, die das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familien und Integration im Internet veröffentlicht, kamen im Jahr 2014 exakt 173.072 Asylbewerber nach Deutschland, davon kamen 25.667 nach Bayern.

    Von den 25.667 Asylbewerbern, die Bayern im Jahr 2014 zugeteilt wurden, stammen die meisten aus Syrien (5624 Personen), danach folgen die Herkunftsländer Eritrea (2557), Afghanistan (1906) und Nigeria (1890).

    Grob gesagt darf jeder dritte Asylbewerber in Deutschland bleiben. Wer als Asylberechtigter im Sinne des Grundgesetzes anerkannt wird oder Flüchtlingsschutz erhält, weil im Heimatland Gefahr droht, bekommt eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis.

    Für Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern und andere Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz investierte der Freistaat im Jahr 2014 etwa 410 Millionen Euro.

    Die Dauer eines Asylverfahrens ist in jedem Bundesland anders. Nach den aktuellsten Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge dauert ein Verfahren im Bundesdurchschnitt 5,3 Monate, in Bayern durchschnittlich 4,7 Monate.

    Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten haben nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl derzeit die besten Chancen, in Deutschland bleiben zu dürfen, zum Beispiel Menschen aus Syrien, Eritrea, Afghanistan, dem Irak und Somalia.

    Asylbewerber aus den Balkan-Staaten Serbien, Mazedonien sowie Bosnien und Herzegowina haben nur geringe Aussichten auf Erfolg. Der Grund: Diese Länder gelten seit November 2014 als so genannte sichere Herkunftsstaaten.

    Flüchtlinge erhalten pro Monat ein Taschengeld von 140 Euro. Für alle weiteren notwendigen Ausgaben (Ernährung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege) erhalten Alleinstehende außerhalb von Erstaufnahmeeinrichtungen monatlich 212 Euro. Insgesamt sind das also 352 Euro. Das entspricht dem Sozialhilfeniveau.

    Nach den Bestimmungen des Bundesrechts dürfen Asylbewerber in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts in Deutschland nicht arbeiten und keine Ausbildung machen. Danach bekommen sie eine eingeschränkte Arbeitserlaubnis, erst nach 15 Monaten haben sie einen freien Zugang zum Arbeitsmarkt.

    Flüchtlinge, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland bekommen, werden in einem schriftlichen Ablehnungsbescheid zur Ausreise aufgefordert. Innerhalb einer bestimmten Frist müssen sie dann das Land verlassen. Wer in dieser Frist nicht ausreist, dem droht die zwangsweise Abschiebung. (jsn)

    Auch die Grünen in Nordrhein-Westfalen wollen dem Gesetzentwurf keinesfalls zustimmen. "Journalisten, Blogger, Frauen und Homosexuelle sind in Nordafrika immer wieder Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt, bis hin zu Folter", sagte der Grünen-Landesvorsitzende Sven Lehmann dem Blatt. "Daher lehnen wir eine Einstufung von Tunesien, Marokko und Algerien als sichere Herkunftsländer ab." Die Länderkammer entscheidet auf ihrer nächsten Sitzung am 17. Juni über das zustimmungspflichtige Gesetz.

    Bundestag hat die Herkunftsländer schon als sicher eingestuft

    Der Bundestag hatte am 13. Mai die Einstufung der drei Maghreb-Staaten Algerien, Tunesien und Marokko als sichere Herkunftsstaaten beschlossen, um die Verfahren von Asylbewerbern aus diesen Ländern zu beschleunigen. Union und SPD, die auf die niedrige Anerkennungsquote für Flüchtlinge aus den Maghreb-Staaten von unter einem Prozent verwiesen, setzten die Neuregelung gegen den Widerstand von Grünen und Linken durch. Bundestag erklärt Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern

    Enttäuscht auf die Ablehnung der Grünen reagierte die Union im Bundestag. Wenn diese im Bundesrat die Einstufung die Einstufung aufhielten, "zeigen sie damit, was sie wirklich beabsichtigen", erklärte der Unions-Innenexperte Stephan Mayer (CSU). "Jeder, der nach Deutschland kommt, soll hier bleiben können, egal ob er Schutz verdient oder nicht." Die wenigen, die aus sicheren Herkunftsländern kämen und dennoch schutzbedürftig seien, erhielten nach wie vor ein verkürztes Asylverfahren und könnten ihre Schutzwürdigkeit darlegen.

    Mit Genugtuung reagierte hingegen der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) auf die Haltung der Grünen. Wenn die Bundesregierung die Maghreb-Staaten als sicher einstufen wolle, verharmlose sie die dortigen Menschenrechtsverletzungen. afp

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden