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Schwarzgeld: Steuerabkommen: Die Schweiz ist bereit zu verhandeln

Schwarzgeld

Steuerabkommen: Die Schweiz ist bereit zu verhandeln

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    In Sachen Steuerabkommen ist die Schweiz wieder bereit zu verhandeln.
    In Sachen Steuerabkommen ist die Schweiz wieder bereit zu verhandeln. Foto: Matthias Becker

    Die Briefe sind freundlich, aber bestimmt. Viele Deutsche, deren Geld bei einer der großen Banken in der Schweiz liegt, bekommen im Moment Post von ihren Instituten – mit der Aufforderung, bis Jahresende Belege vorzulegen, nach denen sie ihr Kapital bzw. ihre Gewinne zu Hause auch ordnungsgemäß versteuert haben. Andernfalls, droht beispielsweise die Credit Suisse, müsse man die Geschäftsbeziehung leider beenden.

    Die Schweiz wolle kein Schwarzgeld mehr

    Mit dem Fall Hoeneß hat das, wenn überhaupt, nur am Rande zu tun. „Die Schweiz will kein Schwarzgeld mehr“, beteuert Thomas Sutter, der Sprecher der Bankiervereinigung Swiss Banking, im Berliner Tagesspiegel. So gesehen ist es nur konsequent, dass Außenminister Didier Burkhalter angeboten hat, nach dem missglückten ersten Versuch noch ein zweites Mal über ein deutsch-schweizerisches Steuerabkommen zu verhandeln. Der gegenwärtige Zustand mit zufälligen Funden und dem rechtlich fragwürdigen Ankauf von Steuerdaten auf CD, sagt Burkhalter, sei schließlich „für beide Seiten unerfreulich“. Ob ein solches Abkommen in einem Wahljahr überhaupt zustande kommen kann, steht allerdings auf einem ganz anderen Blatt.

    SPD und Grüne sind für einen möglichst umfassenden Datenaustausch

    Steuerhinterziehung, Steuerflucht und Steueroasen

    Bei Steuerhinterziehung drohen Haftstrafen von bis zu fünf Jahren. In besonders schweren Fällen können es sogar bis zu zehn Jahre sein. Laut Bundessteuerberaterkammer verjährt Steuerhinterziehung in schweren Fällen erst nach zehn Jahren.

    Bei Selbstanzeige bleiben nach dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz von 2011 nur noch Hinterziehungsbeträge bis 50.000 Euro pro Vorgang straffrei.

    Bis 100.000 Euro kann von einer Strafe dann abgesehen werden, wenn der Betroffene neben den Verzugszinsen von 0,5 Prozent pro Monat einen Zuschlag von fünf Prozent auf die hinterzogenen Steuern zahlt.

    Wer sich wegen Steuerhinterziehung selbst anzeigt, bleibt aber nur dann straffrei, wenn die Behörden von dem Fall bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts wussten - und es sich um maximal 100 000 Euro handelt.

    Sind die Ermittlungen bereits im Gang, ist der Zug für den Steuersünder abgefahren. Bis dahin räumt das Gesetz die Möglichkeit ein, dem Finanzamt die nicht-erklärten Einkünfte nachzumelden. Dann aber vollständig.

    Als Steueroasen werden Länder bezeichnet, die keine oder nur sehr niedrige Steuern auf Einkommen oder Vermögen erheben - und Anlegern Anonymität und Diskretion versprechen.

    Besonders für Anleger, die in ihrem Heimatland höhere Steuersätze zahlen müssten, sind Steueroasen attraktiv. Die Staaten sind oft klein und wohlhabend, werden meist von stabilen Regierungen geführt und bemühen sich häufig um Investitionen aus dem Ausland.

    Vielfach geht es um autonome Inselstaaten, weshalb häufig von "Offshore" die Rede ist. Oft genannt werden die Britischen Jungferninseln die Kaimaninseln, die Cookinseln und Samoa, die Seychellen sowie Hongkong, Singapur und Panama.

    Unternehmen gründen oder kaufen für ihre Auslandsgeschäfte beispielsweise Tochterunternehmen, deren Gewinne im Niedrigsteuerland gehalten und wieder investiert werden. Oft erschweren komplexe Unternehmensgliederungen den Behörden die Ermittlungen.

    Nach Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft (DStG) umfasst das weltweite Hinterziehungsvolumen allein für deutsche Steuerhinterzieher rund 400 Milliarden Euro. Hiervon dürften laut DStG allein 150 Milliarden Euro auf die Schweiz entfallen.

    Nicht alle Methoden, die deutschen Steuerbehörden zu umgehen, sind illegal. Wer etwa seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt, kann privates Einkommen in ein ausländisches Niedrigsteuerland verlagern, ohne sich strafbar zu machen.

    Auch International tätige Konzerne können ihre Gewinne legal auf die Tochterunternehmen verteilen, so dass ein möglichst geringes Steueraufkommen anfällt.

    Strafbar macht sich aber, wer dem Finanzamt seine Geldanlagen in Überseegebieten verschweigt, seinen Wohnsitz aber in Deutschland hat und dort auch sein Einkommen versteuern müsste.

    Zwar begrüßen Sozialdemokraten und Grüne die neuen Signale aus der Schweiz – in der Sache jedoch trennen Koalition und Opposition noch Welten. Union und FDP wollen im Prinzip eine Art Amnestie für alle Deutschen, die Steuern aus ihren Schweizer Vermögen abschlagsweise nachzahlen. Genossen und Grüne dagegen wollen einen möglichst umfassenden automatischen Datenaustausch, damit die deutschen Finanzbehörden jederzeit im Bilde sind. „Es darf kein Abkommen sein, das die Interessen der Steuerhinterzieher und der Schweizer Banken vertritt“, warnt der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD), der sich als eifriger CD-Aufkäufer einen Namen gemacht und den fertig ausgehandelten ersten Vertrag im Dezember im Bundesrat mit gestoppt hat.

    Künftig melden Schweizer Banken die Konten amerikanischer Staatsbürger

    Fakten zur Schweiz

    Die Schweiz hat vier Amtssprachen: Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.

    Die Namen der Schweiz sind entsprechend: Schweiz, Suisse (frz.), Svizzera (it.) und Svizra (rät.).

    Der Wahlspruch der Eidgenossen lautet: «Unus pro omnibus, omnes pro uno.»Auf Deutsch: «Einer für alle, alle für einen.»

    Die Schweiz hat de jure keine Hauptstadt, de facto aber ist es Bern. Dort ist der Regierungssitz.

    Die Staatsform der Schweizer ist der republikanische Bundesstaat.

    Das Kfz-Kennzeichen lautet CH, die Internet-TLD .ch und die Telefonvorwahl ist die +41.

    Der Nationalfeiertag der Eidgenossen ist der 1. August: Bundesfeiertag.

    Die Währung der Schweiz ist der Franken, der 100 Rappen entspricht.

    Die Schweiz ist in Kantone gegliedert.

    Die Schweiz ist gemeinhin für Uhren, Käse und ihre Banken (Bankgeheimnis) bekannt.

    „Der Entwurf dieses Abkommens war skandalös schlecht“, hat auch Kanzlerkandidat Peer Steinbrück vor kurzem im Interview mit unserer Zeitung betont. „Steuerhinterzieher wären bei dieser Regierung straffrei davongekommen und in der Anonymität geblieben.“ Damit ein neues Abkommen auch den von SPD, Grünen und Linken dominierten Bundesrat passiert, müsste es vermutlich ähnlich aussehen wie das mit den USA. Danach melden die Schweizer Banken vom nächsten Jahr an die Konten amerikanischer Staatsbürger den US-Behörden und liefern ihnen auch alle gewünschten Auskünfte – andernfalls hätten sie den Ausschluss vom US-Kapitalmarkt riskiert.

    Deutsche haben derzeit geschätzt 400 Milliarden Euro in der Schweiz angelegt

    Geschätzte 400 Milliarden Euro haben Deutsche gegenwärtig in der Schweiz angelegt. Mit dem von Finanzminister Wolfgang Schäuble ausgehandelten Abkommen wären davon jedes Jahr bis zu zehn Milliarden Euro an den deutschen Fiskus zurückgeflossen. Nicht zuletzt deshalb drängt Außenminister Guido Westerwelle zur Eile: „Je länger dieses Steuerabkommen im Bundesrat blockiert wird, desto mehr Steuerhinterzieher gehen dem Staat durch die Lappen.“ Ob Genossen und Grüne aber tatsächlich einlenken, wie er meint? Eine Lösung, bei der die Anonymität der Anleger wie bisher gewahrt bleibe, hat der SPD-Finanzexperte Joachim Poß bereits durchblicken lassen, komme für seine Partei nicht in Frage. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger dagegen sieht schon das Gesprächsangebot der Schweiz als Erfolg der deutschen Außenpolitik: „Diplomatie bringt mehr als die verbale Kraftmeierei des SPD-Spitzenkandidaten.“

    Unabhängig von neuen Gesprächen zwischen Bern und Berlin wollen die Staats- und Regierungschefs der EU Mitte Mai auch Verhandlungen über ein europaweites Steuerabkommen mit Ländern wie der Schweiz, Liechtenstein oder Monaco beschließen. Ob das gelingt, ist allerdings fraglich. Die Schweiz hat mit Österreich und Großbritannien bereits eigene Steuerabkommen abgeschlossen – beide erinnern stark an den Vertrag, der in Deutschland durchgefallen ist.

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