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Schwangerschaftsabbrüche: Exklusiv - Streit um Abtreibungen bringt Kauder in Not

Schwangerschaftsabbrüche

Exklusiv - Streit um Abtreibungen bringt Kauder in Not

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    Kritik aus den eigenen Reihen: Volker Kauder und Andrea Nahles.
    Kritik aus den eigenen Reihen: Volker Kauder und Andrea Nahles. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Der Streit um die Reform des umstrittenen Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches, der Ärzten verbietet, auf ihren Internetseiten zu informieren, dass sie auch Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, spitzt sich zu. Und das, sowohl innerhalb der Regierungsparteien CDU/CSU und SPD und zwischen den Koalitionären als auch zwischen Regierung und Opposition. Zunehmend geraten dabei auch die Fraktionschefs von Union und

    Die Oppositionsparteien üben massive Kritik, da sich Union und SPD in einer Sitzung des Rechtsausschusses des Bundestags am Mittwoch weigerten, einen konkreten Termin für eine Expertenanhörung zu dem umstrittenen Thema festzulegen. Die Koalitionäre verwiesen darauf, dass man erst den geplanten Gesetzentwurf der neuen Justizministerin Katarina Barley (SPD) abwarten wolle. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass man zu einem späteren Zeitpunkt eine zweite Expertenanhörung machen müsse.

    Massive Kritik aus der Opposition

    Dieses Argument wollen die Oppositionsparteien aber nicht akzeptieren. Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion, Stephan Thomae, warf gegenüber unserer Redaktion der Großen Koalition vor, „Angst vor der Debatte“ zu haben. „Sie will dem Parlament einen Maulkorb anlegen“, sagte der Rechtsexperte der Liberalen. Es sei ein „Armutszeugnis“, dass CDU, CSU und SPD „nach so langer Zeit weder eine gemeinsame Linie noch ein gemeinsames Verfahren“ gefunden hätten. „Die Union verschleppt eine Anhörung – und die SPD folgt im Kadergehorsam.“ Dabei müssten zwei Monate ausreichen, um einen Gesetzentwurf zu einem einzelnen Paragrafen vorzulegen, so der Jurist Thomae.

    Aus Sicht der Oppositionsparteien besteht dringender Handlungsbedarf, nachdem im November die Gießener Ärztin Kristina Hänel zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden war, weil sie auf ihrer Homepage informierte, dass sie auch Schwangerschaftsabbrüche vornehme. FDP, Grüne und Linke brachten als Konsequenz des Urteils im Februar eigene Gesetzentwürfe zur Neuregelung ein. Während die Liberalen grundsätzlich den 219a beibehalten, die bloße Information aber nicht mehr unter Strafe stellen wollen, fordern Grüne und Linke die komplette Streichung des Paragrafen.

    SPD zieht Gesetzesentwurf zurück

    Kurz vor Unterzeichnung des Koalitionsvertrags legte auch die SPD einen eigenen Gesetzentwurf zur Abschaffung des Werbeverbots vor. Fraktionschefin Andrea Nahles zog diesen aber nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags auf Drängen von Unionsfraktionschef Volker Kauder wieder zurück, nachdem dieser in seiner eigenen Fraktion unter massiven Druck geraten war. Vor allem die Konservativen in der Union hatten Zugeständnisse an die SPD abgelehnt und forderten die Fraktionsführung auf, eine Änderung des 219a auf keinen Fall zuzulassen.

    Dass Kauder zuvor Nahles signalisiert hatte, die Union akzeptiere einen Alleingang der SPD und sei bereit, ein abweichendes Abstimmungsverhalten des Koalitionspartners zu akzeptieren, stößt in der Unionsfraktion auf heftige Kritik. Berichte, Kauder könnte über dieses Thema stürzen und bei der Neuwahl der Fraktionsführung im September nicht mehr antreten, weist die

    Andrea Nahles findet keine gemeinsame Linie

    Im Gegenzug tut sich auch Kauders SPD-Kollegin Andrea Nahles schwer, eine gemeinsame Linie der Sozialdemokraten zu finden. Juso-Chef Kevin Kühnert sagt, was viele denken: Nahles sei vor der Union „eingeknickt“. In der SPD verweist man dagegen darauf, dass SPD, Grüne und Linke keine Mehrheit im Parlament haben, eine ersatzlose Streichung des 219a daher schon rein rechnerisch nicht realistisch sei. Insofern bestehe „in jedem Fall Abstimmungsbedarf“. Immer mehr SPD-Abgeordnete fordern derweil, den Fraktionszwang aufzuheben und die Abstimmung zur Gewissensfrage zu erklären, sollte der angekündigte Gesetzentwurf von Justizministerin Barley hinter den Erwartungen zurückbleiben.

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