Die Bundesregierung hat einem Gesetzentwurf zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder zugestimmt.
Der Entwurf von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sieht schärfere Strafen, eine effektivere Strafverfolgung und eine verbesserte Prävention vor. "Um diese Gräueltaten mit aller Kraft zu bekämpfen und Kinder besser zu schützen, haben wir ein umfassendes Paket beschlossen", sagte Lambrecht in Berlin.
Unter anderem soll nach dem Gesetzentwurf die Verbreitung von Kinderpornografie ein Verbrechen werden - mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Derzeit sind solche Taten als Vergehen eingestuft, für die Gerichte auch geringere Strafen verhängen können. Sexualisierte Gewalt gegen Kinder soll künftig mit einem Strafrahmen von bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe statt wie bisher 10 Jahren versehen werden. Eine Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit oder gegen Auflagen wäre ausgeschlossen.
Justizministerin Lambrecht hatte Forderungen aus der Union nach Verschärfungen zunächst zurückgewiesen und stattdessen eine bessere Ausstattung für Ermittler gefordert, ihren Kurs aber nach anhaltender Kritik geändert.
"Künftig muss sexualisierte Gewalt gegen Kinder ohne Wenn und Aber ein Verbrechen sein", führte Lambrecht aus. Gleiches gelte für die abscheulichen Bilder und Videos, mit denen diese Taten zu Geld gemacht werden. Wer mit der Grausamkeit gegen Kinder Geschäfte macht, solle künftig mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden können, betonte Lambrecht. Durch die Höherstufung als Verbrechen läge das Strafmaß für die Verbreitung und Besitz von Kinderpornografie bei mindestens einem Jahr. Im nächsten Schritt wird der Bundestag über den Gesetzentwurf debattieren.
Bayern geht das Strafmaß für die Verbreitung allerdings nicht weit genug. Justizminister Georg Eisenreich (CSU) plädiert für mindestens drei Jahre Haft, wenn jemand "ein Forum betreibt, das einer größeren Zahl von Personen zum Austausch oder zur Verbreitung kinderpornografischer Schriften dient", wie er dem Bayerischen Rundfunk sagte.
Entsprechend dem Gesetzentwurf von Ministerin Lambrecht sollen künftig auch die Begrifflichkeiten angepasst werden: Anstatt von "sexuellem Missbrauch" soll künftig im Strafgesetzbuch von "sexualisierter Gewalt gegen Kinder" die Rede sein. Die Wortwahl "Missbrauch" sei unangebracht, da sie suggeriere, es gebe auch einen legalen "Gebrauch von Kindern", hieß es in der Begründung des Konzeptes.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) lobte am Mittwoch den Entwurf ihrer Parteikollegin Lambrecht: "Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt kann nur durch umfassende Maßnahmen gelingen." Man tue gut daran, überall ein Mehr an Schutz und Hilfen für Betroffene zu verankern.
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak begrüßte den Entwurf und forderte weitergehende Maßnahmen etwa beim Opferschutz. "Der Kampf gegen Kindesmissbrauch findet in der heutigen Zeit auch im digitalen Raum statt. Deshalb ist es wichtig, dass wir künftig Internet-Provider länger zum Speichern von IP-Adressen verpflichten können", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Der Entwurf sieht vor, dass künftig Onlinedurchsuchungen und Verkehrsdatenerhebungen von auf Vorrat gespeicherten Daten angeordnet werden können.
Der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn, sagte, es brauche ein breit angelegtes Maßnahmenpaket, um Kinder bestmöglich vor Gewalt und Missbrauch zu schützen. Dazu gehöre, dass die Bundesländer ihre Jugendämter, Polizeibehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichte personell und technisch noch besser aufstellen.
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