Der grausame Mord an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi hat Saudi-Arabien international viel Kritik eingebracht - nun hat ein Strafgericht in dem Königreich fünf Angeklagte in dem Fall zum Tode verurteilt. Das teilte die Staatsanwaltschaft in Riad am Montag mit. Drei weitere Angeklagte wurden wegen "Verschleierung des Verbrechens" zu Haftstrafen von insgesamt 24 Jahren verurteilt. Gut ein Jahr nach dem Mord hat Riad damit mehrere Schuldige benannt, hält ihre Namen aber noch unter Verschluss.
Khashoggi wurde 2018 ermordet
Khashoggi war am 2. Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul von einem Spezialkommando aus Riad brutal getötet worden, als er Papiere für seine geplante Hochzeit mit Hatice Cengiz abholen wollte. Die saudische Regierung hat den Mord eingeräumt. Kronprinz Mohammed bin Salman, der faktische Herrscher Saudi-Arabiens, bestritt aber, die Tötung selbst angeordnet zu haben. In einem Tweet des saudischen Außenministeriums hieß es nun, Khashoggi möge "in Frieden ruhen".
"Die Ermittlungen haben gezeigt, dass es zunächst keine Absichten zum Mord gab", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bei einer Pressekonferenz. Erst als der Leiter des "Vermittlungsteams" im Konsulat erkannt habe, dass er die "Verhandlungen" mit Khashoggi nicht an einem "sicheren Ort" fortsetzen könne, sei es zum Mord gekommen. Die Entscheidung, den Kolumnisten der "Washington Post" zu töten, sei erst im Konsulat gefallen.
Mord an Jamal Khashoggi: Prozess lief seit Januar
Der Vertraute des Kronprinzen und hochrangige Regierungsmitarbeiter Saud al-Kahtani war zuvor beschuldigt worden, die Tat mit organisiert zu haben. Laut Staatsanwaltschaft wurde er befragt, mangels Beweisen für seine mögliche Verwicklung dann aber nicht angeklagt. Auch Mohammed al-Otaibi, saudischer Generalkonsul in Istanbul zur Zeit des Mordes, sei nicht angeklagt worden. Augenzeugen hätten bestätigt, dass er an besagtem Tag frei hatte.
Der Prozess gegen insgesamt elf - namentlich nicht genannte - saudische Männer lief in Riad seit Januar und endete nun nach zehn Anhörungen. Khashoggis zwei Söhne und ihre Anwälte sowie Vertreter der fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat (USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und China) und der Türkei erschienen zu den Anhörungen. Gegen alle Urteile kann Berufung eingelegt werden. Die Namen der Verurteilten werden erst öffentlich gemacht, wenn der Fall abschließend verhandelt ist und die Urteile endgültig sind.
Weiterhin ist unklar, wer den Mord in Auftrag gegeben hat
Die UN-Sonderberichterstatterin für den Fall kritisierte die Urteile scharf. "Die Drahtzieher sind nicht nur auf freiem Fuß. Sie sind von den Ermittlungen und dem Prozess kaum berührt worden. Dies ist das Gegenteil von Gerechtigkeit. Es ist eine Farce", schrieb Agnès Callamard bei Twitter. "Zu suggerieren, dass die Mörder spontan entschieden, (Khashoggis) Körper zu zerstückeln, ist vollkommen lächerlich. Verstümmelung erfordert ein Mindestmaß an Planung." Es gebe Hinweise, dass die Tat frühzeitig geplant worden sei.
"Dieses Urteil ist Schönfärberei, die Jamal Khashoggi und seinen Angehörigen weder Gerechtigkeit noch die Wahrheit bringt", sagte Lynn Maalouf, Nahost-Direktorin bei der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Der Prozess sei öffentlich nicht zugänglich gewesen. Bis heute ist laut Amnesty auch unbekannt, wo sich die Überreste Khashoggis befinden und ob diese seiner Familie übergeben wurden. Maalouf forderte eine "internationale, unabhängige und unparteiische Ermittlung" in dem Fall.
Der britische Außenminister Dominic Raab forderte, dass Saudi-Arabien alle, die für dieses schreckliche Verbrechen verantwortlich seien, zur Rechenschaft ziehen müsse. Eine solche Gräueltat dürfe nie wieder geschehen. Die Todesstrafe sei aber grundsätzlich abzulehnen.
Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, appellierte an die saudische Regierung, die Todesurteile nicht zu vollstrecken. Sonst könne der Eindruck entstehen, dass "unliebsame Informationen" des "abscheulichen Verbrechens" beseitigt werden sollten. Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestags, Gyde Jensen (FDP), sprach von einem "Schauprozess". Riad wolle den Fall "offenbar schnell abschließen statt den Auftragsmord transparent aufzuklären". Der für kommendes Jahr geplante G20-Gipfel in Saudi-Arabien sei unter diesen Umständen "nicht vorstellbar". (dpa)
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