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Saudi-Arabien: Grüne müssen draußen bleiben - Claudia Roth ist empört

Saudi-Arabien

Grüne müssen draußen bleiben - Claudia Roth ist empört

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    Claudia Roth darf nicht nach Saudi-Arabien.
    Claudia Roth darf nicht nach Saudi-Arabien. Foto: dpa

    Iran, Kuba – und jetzt auch Saudi-Arabien. Es gibt nicht viele Länder, die Claudia Roth bisher die Einreise verweigert haben. Diesmal aber, sagt die Grünen-Chefin, empfinde sie die Absage als besondere Provokation. Nachdem ihre Parteifreundin, die Allgäuer Europa-Abgeordnete Barbara Lochbihler, vom saudischen Justizminister persönlich eingeladen worden war und auch schon ein Visum hatte, sah bis zum vergangenen Freitag alles so aus, als stünde der gemeinsamen Reise der Grünen-Frauen nach Riad nichts mehr im Weg. Mittlerweile jedoch hat die saudische Regierung beide wieder ausgeladen.

    Eine "Unverschämtheit": Claudia Roth hat die gesamte Reise storniert

    Seit einigen Jahren bereits besuchen Claudia Roth und die frühere Amnesty-Aktivistin Lochbihler regelmäßig Regionen, in denen Gleichberechtigung, Presse- und Religionsfreiheit keine Selbstverständlichkeiten sind. Zuletzt waren sie in Libyen, vom kommenden Freitag an wollten sie sich in Katar, Bahrain und Saudi-Arabien über die aktuelle Lage informieren. „Wir hatten nicht vor, uns irgendwo anzuketten“, sagt Claudia Roth im Gespräch mit unserer Zeitung. „Wir wollten uns nur ein Bild machen.“ Neben offiziellen Gesprächen über die umstrittenen Rüstungsexporte aus der Bundesrepublik und andere Themen hätten sie aber auch Kontakt zu den wenigen oppositionellen Gruppen gesucht, die es in Saudi-Arabien gebe und die immer wieder Opfer von Repressionen würden.

    Eine „Unverschämtheit“ sei die Absage, erregt sich Claudia Roth, die deshalb die komplette Reise storniert hat. Wenn es um deutsche Panzer und deutsche Waffen gehe, gelte das Land als Stabilitätspartner und habe „offene Arme und offene Grenzen“. Sobald sich jedoch jemand für Demokratie und Menschenrechte interessiere, würden die Schotten dicht gemacht. „Und das sind Freunde von Frau Merkel.“

    Barbara Lochbihler: Saudi-Arabien ist "eines der schwierigsten Länder überhaupt"

    Das ist Claudia Roth

    Claudia Roth erblickte am 15. Mai 1955 im schwäbischen Ulm das Licht der Welt. Sie wuchs in der Nähe von Memmingen als Tochter einer Lehrerin und eines Zahnarztes auf. Die linksliberale Gesinnung der Eltern hatte erheblichen Einfluss auf ihren Werdegang.

    Nach dem Abitur studierte sie für zwei Semester Theaterwissenschaft in München. Das Landestheater Schwaben stellte sie 1975 als Dramaturgin ein. Anschließend arbeitete Claudia Roth für das städtische Theater in Dortmund und für das Kinder- und Jugendtheater in Unna.

    In Dortmund lernte sie die Kult-Band "Ton, Steine, Scherben" um Frontman Rio Reiser kennen. Von 1982 bis 1985 war Claudia Roth die Managerin der Gruppe. Gleichzeitig lebte sie zusammen mit den Musikern in der Scherben-Kommune in Schleswig-Holstein.

    Schon als Jugendliche engagierte sich Claudia Roth bei den Jungdemokraten. 1985 begann ihre Laufbahn bei den Grünen. Über die taz suchte die Bundestagsfraktion eine Pressesprecherin. Claudia Roth bewarb sich erfolgreich und behielt die Position bis 1989. Anschließend wurde sie ins Europaparlament gewählt.

    In Brüssel setzte sie sich vor allem für die Wahrung der Menschenrechte ein. Insbesondere versuchte sie die Lage der kurdischen Minderheit in der Türkei zu verbessern. Aber auch die Gleichstellung Homosexueller war für Claudia Roth ein zentrales Anliegen.

    1998 wurde Claudia Roth in den Bundestag gewählt. Bis 2001 stand sie dem neu gegründeten Ausschuss für humanitäre Hilfe und Menschenrechte vor. Anschließend übernahm sie für knapp zwei Jahre den Parteivorsitz.

    Nachdem 2003 eine Lockerung der strikten Trennung von Amt und Mandat beschlossen wurde, kandidierte Claudia Roth 2004 erneut für den Parteivorsitz. Sie konnte die Wahl für sich entscheiden und wurde seither immer wieder im Amt bestätigt.

    2004 wurde sie für ihr Engagement als Beauftragte für humanitäre Hilfe und Menschenrechte mit dem Ritterorden der französischen Ehrenlegion ausgezeichnet.

    Claudia Roth ist außerdem Sprecherin des DFB-Umweltbeirates. 2010 hat sie sich erfolgreich für eine klimafaire FIFA Frauen-WM eingesetzt.

    2013 gibt Claudia Roth nach der Wahl ihr Amt als Parteivorsitzende ab und ist seither als Bundestags-Vizepräsidentin in der Politik aktiv.

    Barbara Lochbihler erinnert sich noch gut, wie sie im April in Brüssel den saudischen Justizminister Mohammed al-Issa getroffen hat und der ihr anschließend anbot, das interessante Gespräch demnächst doch in seinem Heimatland fortzusetzen. Auch einige Abgeordnete der Shura, einer Art beratender Versammlung des autoritär herrschenden Königshauses, hätten sich von ihr mit den Worten „bis bald in Riad“ verabschiedet. Nun hat sie, anders als Roth, zwar ein Visum, mit dem sie theoretisch einreisen kann, der Minister hat aber keine Zeit mehr für sie. Vermutlich sei den Saudis das alles viel zu heikel geworden, ahnt sie. „Ich rede ja über nichts anderes als über Menschenrechte.“

    Aus ihrer Erfahrung als Deutschlandchefin von Amnesty International und als Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Europaparlament traut die Allgäuerin den jüngsten Signalen aus Riad noch nicht. Zwar habe es gerade eine Informationskampagne gegeben, um die Gewalt gegen Frauen einzudämmen. Aus Sicht der Menschenrechtler sei Saudi-Arabien aber nach wie vor „eines der schwierigsten Länder überhaupt“. Umso wichtiger wäre es, findet Barbara Lochbihler, dass Kanzlerin und Außenminister dies bei ihren Gesprächen stärker thematisierten. Eine Anfrage unserer Redaktion nach den Gründen der Absage ließ die saudische Botschaft in Berlin unbeantwortet.

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