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Sachsen: Terroralarm in Chemnitz - Was wir wissen und was nicht

Sachsen

Terroralarm in Chemnitz - Was wir wissen und was nicht

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    Polizisten sichern ein Wohnhaus in Chemnitz ab. Gefahndet wird aktuell nach einem terrorverdächtigen Syrer.
    Polizisten sichern ein Wohnhaus in Chemnitz ab. Gefahndet wird aktuell nach einem terrorverdächtigen Syrer. Foto: Hendrik Schmidt (dpa)

    WAS WIR WISSEN:

    - Hauptverdächtiger ist der Syrer Dschaber al-Bakr, geboren am 10. Januar 1994 in Sasa, einem Ort südlich von Damaskus. Er wurde vom Verfassungsschutz beobachtet, zu ihm lagen "Erkenntnisse" vor. 

    - Der Hinweis auf die später vom Spezialeinsatzkommando gestürmte Wohnung kam am Freitag vom Bundesamt für Verfassungsschutz. Der 22-Jährige soll sich in der Wohnung aufgehalten und einen Bombenanschlag vorbereitet haben. 

    - Mieter der Wohnung ist eine "Kontaktperson" des Flüchtigen, er soll allein dort gemeldet sein. Als sie gestürmt wurde, war sie leer.

    - Der Syrer ist den Einsatzkräften am Samstag knapp entwischt. Während der Vorbereitung des Zugriffs nahmen Beamte eine Bewegung im Haus war, wie eine Sprecherin des Landeskriminalamtes (LKA) Sachsen am Sonntag auf Anfrage sagte. Die Polizisten hätten den Verdächtigen gesehen. Die Sprecherin bestätigte entsprechende Medienberichte. Die Ermittler seien davon ausgegangen, dass es sich um den 22-Jährigen handelte, und hätten einen Warnschuss abgegeben. Die Annahme, dass er zurück in die Wohnung gelaufen sei, habe sich dann als falsch erwiesen.

    - Das Foto in dem Fahndungsaufruf stamme vom Verfassungsschutz und sei "ziemlich aktuell".

    - Der gesuchte syrische Terrorverdächtige ist als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Er sei "seit mehreren Monaten" in

    - In den Räumen wurden nach Stunden Hunderte Gramm Sprengstoff gefunden. Er war gut versteckt. Dabei handelt es sich um ein Gemisch, das weit gefährlicher als das bekannte TNT ist. Das Material wurde kontrolliert in einem ausgehobenen Erdloch vernichtet, die Detonation war noch in deutlicher Entfernung spürbar.

    - Drei Landsleute des Gesuchten stehen im Verdacht, Kontakt zu dem flüchtigen Dschaber al-Bakr gehabt zu haben. Ein Mann wurde in der Chemnitzer Siedlung, zwei weitere am Hauptbahnhof festgenommen. Auch gegen sie wird wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ermittelt. 

    Fahndungsbild der Polizei: Im Zusammenhang mit dem bei der Durchsuchung einer Wohnung in Chemnitz gefundenen Sprengstoff sucht die Polizei einen 22-jährigen Syrer.
    Fahndungsbild der Polizei: Im Zusammenhang mit dem bei der Durchsuchung einer Wohnung in Chemnitz gefundenen Sprengstoff sucht die Polizei einen 22-jährigen Syrer. Foto: Polizei Sachsen/dpa

    - Nach Dschaber al-Bakr wird bundesweit gefahndet. Die Behörden warnen, dass er gefährlich ist. 

    WAS WIR NICHT WISSEN:

    - Ob Dschaber al-Bakr als Flüchtling nach Deutschland kam, wo er lebte und wie lange er in Chemnitz war, geben die Behörden bisher nicht bekannt.

    - Es ist offen, ob der Verdächtige bewaffnet ist und Sprengstoff dabei hat und wenn ja, wie viel. 

    Vereitelte islamistische Sprengstoffanschläge in Deutschland

    In den vergangenen Jahren wurden mehrere islamistische Sprengstoffanschläge in Deutschland vereitelt oder deren Planung gestoppt. Einige aufsehenerregende Fälle:

    September 2007: Die islamistische Sauerland-Gruppe wird gefasst. Die vier Mitglieder werden wegen geplanter Terroranschläge auf Diskotheken, Flughäfen und US-Einrichtungen in Deutschland zu mehrjährige Freiheitsstrafen verurteilt. 

    April 2011: Ermittler nehmen in Düsseldorf drei mutmaßliche Al-Kaida-Mitglieder fest, die einen Sprengstoffanschlag in Deutschland geplant hatten. Im Dezember 2011 wird ein vierter Verdächtiger gefasst. Die Männer müssen mehrere Jahre ins Gefängnis.

    Februar 2016: Die Polizei kommt einer mutmaßlichen Terrorzelle auf die Schliche und schlägt gleichzeitig in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen zu. Die vier Verdächtigen hatten womöglich einen Anschlag in Berlin geplant.

    Juni 2016: Spezialkräfte der Polizei nehmen drei mutmaßliche Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Brandenburg fest. Sie sollen einen Anschlag in der Düsseldorfer Altstadt geplant haben.

    September 2016: Ein 16-jähriger Flüchtling aus Syrien wird von der Polizei in Köln festgenommen. Laut den Ermittlern hatte er einen Sprengstoffanschlag geplant und von einem Chatpartner im Ausland Anweisungen zum Bombenbau erhalten.

    - Handelte der Hauptverdächtige aus eigenem Antrieb oder hatte er Hintermänner im Ausland? Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll er Kontakte zur Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) haben. Ein im September in Köln festgenommener 16-jähriger Flüchtling aus Syrien erhielt nach Ermittler-Angaben von einem Chatpartner im Ausland Anweisungen zum Bombenbau.

    - Über mögliche Anschlagsziele des Syrers aus Chemnitz ist bisher nichts bekannt. Weder der Verfassungsschutz noch die Polizei wollten sich zu einem "Focus"-Bericht äußern, wonach ein deutscher Flughafen angegriffen werden sollte.

    - Wie und warum der offenkundig observierte 22-Jährige verschwinden konnte, ist offen. Vor dem Eindringen der Polizei in die Wohnung wurden Nachbarn gewarnt und zum Verlassen des Hauses aufgefordert. Angesichts der Tatsache, dass es um einen Sprengstoffverdacht ging, musste sensibel vorgegangen werden, vor allem in einem Wohngebiet, sagte ein LKA-Sprecher. Warum die Wohnungstür aufgesprengt wurde - es gab laut Polizei dabei eine Explosion -, dafür gibt es noch keine Erklärung. dpa/AZ

    Polizisten nehmen in einem Wohngebiet in Chemnitz eine Person fest.
    Polizisten nehmen in einem Wohngebiet in Chemnitz eine Person fest. Foto: Bernd März (dpa)
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