Die Sozialdemokraten Europas und Deutschlands haben sich personell für die Europawahlen Ende Mai 2019 aufgestellt. Der frühere niederländische Außenminister und Vizechef der EU-Kommission, Frans Timmermans, 57, wird als europaweiter Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) von der konservativen Europäischen Volkspartei herausfordern. Bundesjustizministerin Katarina Barley wird in Deutschland die Liste der 96 SPD-Kandidaten anführen.
Timmermans wurde am Samstag auf einem Kongress der SPE in Lissabon gekürt. Er will möglichst die Nachfolge von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker antreten. Barley erhielt auf einer SPD-Delegiertenkonferenz am Sonntag in Berlin 99 Prozent der Stimmen. Die 50-Jährige soll eine führende Rolle im Europaparlament übernehmen. Auf Platz zwei der SPD-Liste folgt der hessische Europaabgeordnete Udo Bullmann, 62.
„Das ist ein starker Rückhalt, der heute hier von unserer Europa-Delegiertenkonferenz für unsere beiden Kandidaten ausgeht“, sagte die Parteivorsitzende Andrea Nahles, als sie in Berlin gemeinsam mit Frans Timmermans vor die Kameras trat. Die Wahl des Europaparlaments sei eine Schicksalswahl: „Wir wollen gegen die nationalistischen Kräfte gemeinsam ein klares Stoppsignal setzen.“
SPD steckt vor Europawahlen in Umfragetief fest
Der Parteitag fand in schwierigen Zeiten für die SPD statt. In Umfragen liegt sie derzeit bei 13,5 Prozent, dem niedrigsten Wert in der Parteigeschichte. Fallen die Werte bei der Europawahl ähnlich aus, ziehen weniger als 20 Sozialdemokraten aus Deutschland ins Europäische Parlament ein. Umso wichtiger seien die Spitzenkandidaten, betonte Nahles: „Es ist wichtig, dass wir Repräsentanten haben, die für unsere Werte kämpfen.“
Bundesjustizministerin Katarina Barley, die nach der Wahl ihr Amt in Berlin aufgeben wird, will diese Rolle übernehmen. „Ich freue mich wirklich und ehrlich, hier zu sein und hier zu stehen und für Europa zu kandidieren“, sagt sie. Sie sei zwar keine „Lautsprecherin und Wadenbeißerin“, „aber was ich nun wirklich bin, ist Europäerin vom Scheitel bis zur Sohle“. Ein wirtschaftlich starkes Europa sei in Zeiten des erstarkenden Nationalismus nicht mehr genug, mahnte die 50-Jährige: „Wir dürfen da nicht stehen bleiben. Wir müssen Europa weiterentwickeln.“ Deshalb brauche es ein soziales Europa, mit europäischem Mindestlohn und Arbeitslosenversicherung. „Wir stehen an einem Scheideweg, alle in Europa müssen sich jetzt entscheiden.“
Nahles: SPD soll "bunter und weiblicher" werden
Die vorgeschlagene Wahlliste hatte im Vorfeld für Aufregung gesorgt. Andrea Nahles hatte sich eingemischt und sich auch über die Wünsche der SPD-Landesverbände hinweggesetzt. Um die Partei jünger und weiblicher zu machen, beförderte die Bundesspitze mehrere Kandidaten auf die aussichtsreichen Plätze, die noch nicht zu den etablierten SPD-Europapolitikern gehörten. Noch bis Sonntagmorgen wurde um die richtige Rangfolge hinter den Kulissen gerungen. Nahles verteidigte die Umverteilung durch den Parteivorstand: „Wir haben uns vorgenommen, im letzten Jahr schon, dass wir unsere Partei bunter und weiblicher machen wollen, das setzen wir hiermit um.“ (mit dpa)