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SPD: Wer hat Angst vor Saskia Esken?

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Wer hat Angst vor Saskia Esken?

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    Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken ist scharfen Angriffen ausgesetzt. Doch anders als sonst bei der SPD üblich, kommen die diesmal nicht aus der eigenen Partei.
    Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken ist scharfen Angriffen ausgesetzt. Doch anders als sonst bei der SPD üblich, kommen die diesmal nicht aus der eigenen Partei. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Die Fußstapfen, in die sie trat, waren groß. Zu groß, meinten manche. Willy Brandt, Hans-Jochen Vogel, Gerhard Schröder. 15 Parteichefs hatte die SPD seit dem Zweiten Weltkrieg – und da sind die kommissarischen nach den Rücktritten noch gar nicht mitgerechnet. Viele von ihnen haben der Sozialdemokratie ihren Stempel aufgedrückt, sind in die Geschichtsbücher eingezogen. Manche andere warfen nach wenigen Monaten entnervt hin, waren überfordert von der Streitlust der eigenen Partei. Als Saskia Esken 2019 gemeinsam mit Norbert Walter-Borjans zur neuen SPD-Chefin gewählt wurde, hatte sie keinen großen Namen – aber einen Ruf, der ihr seitdem anhaftet: Sie wolle die Partei weg aus der Mitte nach links führen. Seit die SPD die Union in den Umfragen überholt hat, warnen die Konservativen daher vor allem vor ihr: Nicht der konservativere Olaf Scholz stehe für die Partei, sondern die linke Esken.

    Die SPD haderte mit sich selbst und ihrer Politik

    Tatsächlich wurde die 60-Jährige genau deshalb an die Spitze der Partei gewählt: Die SPD war ausgezehrt von inneren Machtkämpfen, fand sich erneut in einer Zwangsehe mit der Union wieder. Zumindest im Innern aber, so war der Anspruch vieler Mitglieder, wollte man „SPD pur“ – der politische Pragmatismus etwa von Schröders Hartz-Reformen und Sigmar Gabriels Mitte-Kurs verwässerte nach Meinung vor allem des linken Lagers die eigenen Ansprüche. Esken stand der GroKo stets mit Missbilligung gegenüber, die Kompromisse, so glaubte sie, nehmen der Partei die Luft zum Atmen. Mit dieser Position steht die Frau mit dem schwäbischen Zungenschlag im krassen Widerspruch zu Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Und dennoch ist es ihr gelungen, diesen schmerzhaften inneren Konflikt in den vergangenen Jahren nahezu lautlos zu überbrücken. Was bei der SPD, der es schon immer mehr auf die Haltung als auf den bloßen Machterhalt ankam, ein echtes Kunststück ist. Selbst das Wahlprogramm der SPD ist weitgehend auf Scholz zugeschnitten. Das Trio Scholz, Esken und Walter-Borjans bildet eine Zweckgemeinschaft. Scholz boxte als Minister linke Ideen wie Hartz IV ohne Vermögensprüfung oder ein höheres Kurzarbeitergeld durch, dafür hält Esken ihm in der Partei den Rücken frei. So nach außen geschlossen sind die Sozialdemokraten selten aufgetreten.

    Dass diese Symbiose mit einer möglichen SPD-geführten Regierung zu Ende geht, ist kaum vorstellbar. Olaf Scholz hat zwar anders als sein CDU-Gegner Armin Laschet kein „Zukunftsteam“, kein Schattenkabinett aufgestellt, doch er hält Saskia Esken durchaus für geeignet für die Führung eines Ministeriums. Dem Spiegel sagte Scholz: „In der SPD sind viele ministrabel, die Führungsaufgaben in der Fraktion oder der Partei wahrnehmen“ – dazu gehörten „die Vorsitzenden selbstverständlich auch“. Er will im Fall einer Wahl allein bestimmen, wer zu seinem Team gehört. „Ich habe mir dort, wo ich Regierungschef war, in Hamburg, bei all den Regierungsbildungen nie reinreden lassen“, sagte Scholz bei einer Fragerunde von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten. Er habe immer gewollt, „dass da Leute reinkommen, die das, was da zu bewältigen ist, gut können. Das Prinzip würde ich gern nicht aufgeben“.

    Olaf Scholz macht bei seiner Wahlkampf-Tour Station in Worms.
    Olaf Scholz macht bei seiner Wahlkampf-Tour Station in Worms. Foto: Joachim Ackermann, dpa

    Trotzdem dürfte er nicht daran vorbeikommen, in einer eventuellen Regierungsmannschaft dem linken Flügel seiner Partei ein Zugeständnis zu machen. Und gerade weil Esken nicht das Erbe des „Establishments“, wie die SPD-Groko-Minister genannt werden, mit sich schleppt, wäre ein Ministerposten für sie gar nicht mal unwahrscheinlich. Es wäre eine erstaunliche Karriere für eine Frau, die es 2017 nur mit Ach und Krach in den Bundestag schaffte.

    Saskia Esken kennt die Mühen einfacher Arbeit

    Esken trat 1990 der Partei bei. Beruflich arbeitete sie unter anderem in der Gastronomie, als Fahrerin und Schreibkraft. Später schloss sie eine Ausbildung zur Informatikerin ab und entwickelte Softwares. Erfahrungen sammelte sie im Landeselternbeirat, in der Politik auf Kommunal– und Kreisebene. Sie ist Mutter dreier Kinder und sitzt seit 2013 für den Wahlkreis Calw/Freudenstadt im Bundestag, wo sie zur Parlamentarischen Linken in der SPD-Fraktion gehört. Esken tritt für gleiche Chancen und Gerechtigkeit ein und für einen starken Staat.

    Sie selbst weist die Angriffe, die vor allem aus der Union auf sie erfolgen, zurück. „All diese Kampagnen (...) sind Ausweis einer Union in Panik, die inhaltlich entkernt ist, die keinen Plan und keinen Kompass hat, deswegen ist es Zeit, dass die in die Opposition gehen", sagt sie. „Wer Olaf Scholz wählt, der bekommt die SPD als Gesamtpaket mit und das ist auch richtig und gut – die SPD hat gemeinsam mit Olaf Scholz, mit unserem Kanzlerkandidaten, ein sehr gutes Zukunftsprogramm aufgestellt und hat den klaren Willen, als regierungsführende Partei die Gestaltung dieses Landes in die Hand zu nehmen.“ Zu möglichen Vorbereitungen auf Koalitionsgespräche nach der Wahl wollte sich Esken nicht äußern. Mit den Grünen gebe es aber „nicht unerhebliche Übereinstimmungen“, sagt sie. „Wir könnten einen guten Weg zusammen gehen.“ Die Linkspartei, so viel darf man unterstellen, ist ihr nicht unsympathisch. Klares Ziel sei es aber, so Esken, dass die Union auf den Oppositionsbänken Platz nehmen müsse. Damit schließt sie nur eines aus: eine Neuauflage der GroKo.

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