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SPD-Parteitag in Augsburg: Steinbrück: "Ich will Kanzler werden"

SPD-Parteitag in Augsburg

Steinbrück: "Ich will Kanzler werden"

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    Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat auf dem SPD-Parteitag seinen Anspruch auf die Kanzlerschaft betont.
    Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat auf dem SPD-Parteitag seinen Anspruch auf die Kanzlerschaft betont. Foto: Hannibal Hanschke/dpa

    Ungeachtet schlechter Umfragewerte sieht SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück weiterhin gute Chancen, im Herbst Angela Merkel als Kanzlerin abzulösen. "Ich will Kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden", sagte Steinbrück am Sonntag zum Auftakt seiner Rede beim Bundesparteitag in Augsburg - und bekam von den rund 600 Delegierten minutenlangen Jubel. "Nicht weil es für mich persönlich wichtig ist. Sondern weil ich mit Euch gemeinsam wieder vieles in unserem Land ins Lot bringen will."

    Steinbrück beschwört Zusammenhalt der SPD

    Zugleich beschwor Steinbrück den Zusammenhalt der  Sozialdemokraten bei dem angestrebten Regierungswechsel: "Das  schaffen wir nur gemeinsam." Er bedankte sich unter Anspielung auf seinen holprigen Start als Kanzlerkandidat für den Rückhalt, den er  in den vergangenen Monaten von der Partei erfahren habe. Das sei  "bewundernswert und nicht immer leicht" gewesen.

    Steinbrücks Aufreger

    Seit Beginn seiner Kandidatur hat Peer Steinbrück immer wieder mit pointierten Aussagen für Aufsehen gesorgt - der SPD-Kanzlerkandidat selbst findet manches über Gebühr zugespitzt. Die Partei fragt sich, ob das Land nicht andere Probleme habe, als auf vermeintliche Fettnäpfchen zu lauern. Im Kontext gesehen wirken einige Aussagen weit weniger spektakulär.

    NEBENVERDIENSTE: «Ich glaube, dass es Transparenz nur in Diktaturen gibt. Ich glaube, dass eine gewisse Privatheit gelten muss.» (Steinbrück am 6.10.2012 im Deutschlandfunk auf die Frage, ob es nicht einen gläsernen Abgeordneten geben muss, der alles offen legt.)

    «Ich werde mich dafür einsetzen, die Transparenzregeln des Deutschen Bundestags so zu verschärfen, dass alle Abgeordneten bis auf den letzten Cent angeben müssen, von wem und wofür sie in welcher Höhe für eine Nebentätigkeit bezahlt worden sind.» (Steinbrück nach allgemeiner Kritik an seinen hohen Nebeneinkünften am selben Tag in einer persönlichen Erklärung.)

    PINOT GRIGIO: «Schon zehn Euro Erhöhung würden den Staat eine Milliarde kosten. Und man weiß dann auch nicht, wo das Geld hingeht. Zehn Euro sind ja auch zwei Schachteln Zigaretten, zweieinhalb Bier oder zwei Pinot Grigio. Also zwei Gläser Pinot Grigio. Denn eine Flasche, die nur fünf Euro kostet, würde ich nicht kaufen.» (Steinbrück nach Angaben der «Bild»-Zeitung» am 3.12.2012 bei einer Veranstaltung in Berlin mit Blick auf eine Kindergelderhöhung.)

    KANZLERGEHALT: «Nein. Dieses Gefühl gab es nie. Im Übrigen finde ich allerdings, dass manche Debatte über die Bezahlung unserer Abgeordneten bis hin zur Spitze der Bundesregierung sehr schief ist. Nahezu jeder Sparkassendirektor in Nordrhein-Westfalen verdient mehr als die Kanzlerin. Abgeordnete des Bundestags arbeiten fast sieben Tage die Woche, durchschnittlich zwölf bis 13 Stunden. Sie sind gemessen an ihrer Leistung nicht überbezahlt. Manche Debatte, die unsere Tugendwächter führen, ist grotesk und schadet dem politischen Engagement. (...) Ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin verdient in Deutschland zu wenig - gemessen an der Leistung, die sie oder er erbringen muss und im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten mit weit weniger Verantwortung und viel größerem Gehalt.» (Steinbrück am 30.12.2012 in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» auf die Frage, ob er sich als Abgeordneter unterbezahlt fühle und ob die Kanzlerin zu wenig verdiene.)

    CLOWNS IN ITALIEN: «Bis zu einem gewissen Grad bin ich entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen haben.» (Steinbrück am 26.02.2012 bei einer «Klartext»-Veranstaltung in Potsdam zum Wahlausgang in Italien in Anspielung auf Silvio Berlusconi und den Berufskomiker Beppe Grillo.)

    UMGANG MIT RUSSLAND: «Zweifellos. Aber in bilateralen Gesprächen und nicht auf dem Marktplatz. Sonst verspielt man Zugänge, um praktische Fortschritte zu bewirken.» (Steinbrück in einem am 26. März 2013 veröffentlichten Zeit-Online-Interview auf die Frage, ob man die Russen nicht auf Demokratiedefizite und Menschenrechtsverletzungen hinweisen müsse. An dem Tag gab es Razzien bei deutschen Stiftungen in Russland, das Interview war aber bereits zuvor geführt worden.)

    GETRENNTER SPORTUNTERRICHT VON JUNGEN UND MÄDCHEN: «Wenn die Schulen es einrichten können, dann sollten sie es machen. Ich würde da Rücksicht nehmen auf religiöse Überzeugungen. Mir ist die Problematik aus den familiären Schilderungen meiner Frau sehr geläufig. Es läuft dann meistens darauf hinaus, dass die Eltern eines Mädchens islamischen Glaubens einfach eine Krankheitsmeldung machen, damit sie nicht teilnehmen muss. Eh das so gehandhabt wird, würde ich versuchen, Lösungen zu finden, um den religiösen Überzeugungen Rechnung zu tragen.» (Bei einer «Klartext»-Veranstaltung am 3. April 2013 im Berliner Tempodrom mit Blick auf die Forderung eines muslimischen Vaters, nach Geschlecht getrennten Schulsportunterricht anzubieten.)

    Eine Woche vor der Bundestagswahl 2013 posiert Peer Steinbrück auf dem Cover des SZ-Magazins - mit gerecktem Mittelfinger. Die eindeutige Geste ruft unterschiedliche Reaktionen hervor. In den sozialen Netzwerken tauchen Bild-Montagen und Spott-Fotos auf. (dpa/AZ)

    Unter der schwarz-gelben Bundesregierung werde Deutschland unter Wert regiert, so Steinbrück weiter. Viel zu vielen Menschen gehe es nicht gut, und die Lücke zwischen Arm und Reich klaffe viel zu sehr auseinander, sagte der SPD-Spitzenkandidat. Er warf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unter anderem vor, die Spaltung des Arbeitsmarktes verschärft zu haben, so dass viele Menschen nicht von ihrer Hände Arbeit leben könnten. Und trotz einer vernünftigen Wirtschaftslage, niedriger Zinsen und sprudelnder Steuereinnahmen habe die Koalition noch einmal 100 Milliarden Euro neue Schulden gemacht. "Keine schöne Bilanz, Frau Merkel", rief Steinbrück.

    Steinbrück kritisiert Regierungspolitik als "Blendwerk"

    Steinbrück wandte sich gegen Vorwürfe des konservativen Lagers, die  SPD wolle lediglich eine Umverteilung von oben nach unten. Es sei "immer der Antrieb der Sozialdemokratie gewesen, ein Bündnis der  Starken mit den Schwachen zu schmieden". Dies sei nicht nur der  Garant für eine friedfertige Gesellschaft, "sondern auch für  erfolgreiches Wirtschaften". Dieser Logik folge die SPD mit den im  SPD-Programm geplanten Steuererhöhungen für Gutverdiener.

    Steinbrück kritisierte die Regierungspolitik als "Blendwerk".  Schwarz-Gelb mache unzählige Versprechen, die unbezahlbar seien und  nicht umgesetzt würden. Die Bürger würden aber, je näher der  Wahltag komme, die "Politikruinen" erkennen, die in der Landschaft  stünden.

    SPD-Chef Gabriel greift Schwarz-Gelb an

    Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Union und FDP eine Politik des Egoismus vor, die die SPD bei einem Wahlsieg im September beenden wolle. "Das Zeitalter des egoistischen Neoliberalismus muss endlich zu Ende sein", sagte Gabriel am Sonntag auf dem SPD-Bundesparteitag in Augsburg. Die Sozialdemokraten dagegen würden die Menschen und das Gemeinwohl wieder ins Zentrum der

    FDP-Außenminister Guido Westerwelle, der den SPD-Slogan mit DDR-Propaganda verglichen hatte, habe die Maske des Außenministers abgelegt und zeige wieder das alte Gesicht des FDP-Generalsekretärs. "Und das kann er von mir aus nach der Bundestagswahl auch wieder werden", sagte Gabriel.

    SPD macht soziale Gerechtigkeit zum Wahlkampfthema

    Mit Blick auf Steuerbetrüger, die ihr Vermögen in Steueroasen deponieren, sagte Gabriel: "Das sind die wahren Asozialen in unserem Land." Der Kapitalismus müsse wieder gebändigt werden. Die SPD wolle die soziale Marktwirtschaft wieder zurück nach Deutschland bringen.

    Am Nachmittag will die SPD ihr Programm für die bevorstehende Bundestagswahl beschließen. Einen besonderen Schwerpunkt setzen die Sozialdemokraten dabei auf das Thema soziale Gerechtigkeit. dpa/afp/AZ

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