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SPD-Parteitag: Gabriel bekommt Vorratsdatenspeicherung - mit der Hilfe eines Gegners

SPD-Parteitag

Gabriel bekommt Vorratsdatenspeicherung - mit der Hilfe eines Gegners

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    An der Seite, und doch immer im Mittelpunkt: Sigmar Gabriel (links) nach dem Parteikonvent am Samstag. In der Mitte, und doch etwas an den Rand gedrängt: Heiko Maas.
    An der Seite, und doch immer im Mittelpunkt: Sigmar Gabriel (links) nach dem Parteikonvent am Samstag. In der Mitte, und doch etwas an den Rand gedrängt: Heiko Maas. Foto: Rainer Jensen, dpa

    Als Lehrer für Mathematik wäre Sigmar Gabriel eine ziemliche Fehlbesetzung. Ob er die sieben Enthaltungen nun mitzählt oder nicht: Wenn 124 Delegierte für einen Antrag stimmen und 88 dagegen, kommt dabei am Ende je nach Zählweise ein Ergebnis von 56,6 oder 58,5 Prozent heraus. Gabriel aber hat nicht

    Von 60 Prozent spricht der Vorsitzende anschließend und von einer „klaren Mehrheit für die Politik der Koalition“. Ganz so eindeutig liegen die Dinge zwar nicht, zumal die Abstimmung sogar einmal wiederholt werden muss. Mit dem Votum seiner Genossen im Rücken allerdings vermeidet Gabriel nicht nur einen neuen Hauskrach mit der Union – er nimmt auch sich selbst etwas aus der Schusslinie. Es war schließlich seine Generalsekretärin Yasmin Fahimi, die die Abstimmung zu einer Entscheidung über die Regierungsfähigkeit der Sozialdemokraten aufgewertet hatte, was vor allem bei den vielen Skeptikern unter den Parteilinken nicht gut angekommen war.

    Evaluation des Gesetzes spätestens 2018

    Am Ende macht Gabriel, sichtlich erleichtert, aus der Not eine Tugend: „60 Prozent in einer Partei, die diskutiert,“ sagt er, „sind besser als 100 Prozent in einer Partei, die nicht diskutiert.“ In der Sache allerdings argumentiert er nicht anders als die Union: „Es gibt keine Sicherheit ohne Freiheit und keine Freiheit ohne Sicherheit.“

    Bedanken kann der SPD-Chef sich vor allem bei Justizminister Heiko Maas, der lange Zeit ein Gegner der Vorratsdatenspeicherung war und nun der Mann ist, der viele Kritiker überzeugt. Wenn die Standortdaten von Handys aller Bürger vier Wochen lang gespeichert werden und jede Telefon- und Internetverbindung zehn Wochen, beteuert Maas, sei das sicher kein Allheilmittel. „Aber es ist auch nicht der Untergang des digitalen Abendlandes.“ Das Gesetz, auf das Union und

    Um den zweifelnden Genossen die Zustimmung etwas leichter zu machen, haben Maas und Gabriel sich mit Innenminister Thomas de Maizière von der CDU darauf verständigt, das Gesetz spätestens im Jahr 2018 noch einmal zu evaluieren, wie es im Politdeutsch so schön heißt – also zu überprüfen, ob es tatsächlich dabei hilft, Terroranschläge zu verhindern oder schwere Straftaten wie Mord, Drogenhandel oder Kindesmissbrauch aufzuklären.

    Heiko Maas ist der heimliche Vater des Erfolgs

    Gabriel selbst geht in seiner Rede vor den Delegierten nur kurz auf das heikle Thema ein, spricht stattdessen lang und breit über die Griechenland-Krise und die wachsende Zahl an Flüchtlingen. Auch in die anschließende Debatte, berichten Teilnehmer des nichtöffentlichen Konvents später, habe der Vorsitzende sich nur einmal kurz eingeschaltet – mit dem Hinweis, dass die SPD in der Koalition verlässlich sein müsse. Immerhin hat das Kabinett den Gesetzentwurf mit den Speicherfristen bereits beschlossen, mit den Stimmen der SPD-Minister. Entsprechend erleichtert ist der Koalitionspartner nun. „Die Sozis folgen der Union“, twittert CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Und fügt spöttisch hinzu: „War doch gar nicht so schwer, liebe SPD.“

    Der heimliche Vater dieses Erfolges, Heiko Maas, spielt am Ende die undankbarste Rolle im sozialdemokratischen Drama um die Vorratsdatenspeicherung. Zur anschließenden Pressekonferenz nimmt Gabriel ihn zwar mit, zu Wort kommen allerdings lässt er den Justizminister praktisch nicht. Wie ein Praktikant steht Maas zwischen dem Parteichef und dem Präsidenten des Europaparlamentes, Martin Schulz. Selbst als er von einem Reporter direkt angesprochen wird, drängelt Gabriel sich vor, um die Frage zu beantworten. Der Druck auf ihn war offenbar groß – nun braucht er ein Ventil, aus dem er entweichen kann.

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