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SPD-Krise: Rolf Mützenich soll die SPD-Fraktion zusammenhalten

SPD-Krise

Rolf Mützenich soll die SPD-Fraktion zusammenhalten

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    Ein Mann, der das Rampenlicht nicht sucht: Der kommissarische SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich.
    Ein Mann, der das Rampenlicht nicht sucht: Der kommissarische SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich. Foto: Paul Zinken, dpa

    Diese Liste liest sich wie das „Who-is-Who“ der Nachkriegs-SPD – nur Willy Brandt und Gerhard Schröder fehlen. Es begann mit Kurt Schuhmacher (1949–1952) und Erich Ollenhauer (1952–1963). Und es folgten ihnen unter anderen Helmut Schmidt (1967–1969), Herbert Wehner (1969–1983), Hans-Jochen Vogel (1983–1991), Rudolf Scharping (1994–1998), zweimal Peter Struck (1998–2002 und 2005–2009), schließlich Franz Müntefering (2002–2005) und Frank-Walter Steinmeier (2009–2013).

    Sie verbindet, dass sie vor Andrea Nahles alle die SPD-Bundestagsfraktion geführt haben zu einer Zeit, als die Partei personell noch aus dem Vollen schöpfte. Schaut man in die Liste der Stellvertreter, finden sich ebenso illustre Namen: Verfassungsvater Carlo Schmid, Karl Schiller, der spätere Verfassungsrichter Martin Hirsch, Horst Ehmke, „Ben Wisch“ Hans-Jürgen Wischnewski, Renate Schmidt, Wolfgang Thierse oder Otto Schily.

    Rolf Mützenich ist bisher kaum bekannt

    Einer der amtierenden Stellvertreter heißt Rolf Mützenich, demnächst 60 und aus Köln. Er soll nach dem Nahles-Rücktritt die Fraktion in ihrer tiefsten Krise vorübergehend führen und zusammenhalten – vermutlich auch deshalb, weil sich momentan kein potenter Nachfolger oder eine Nachfolgerin aufdrängt. Über die Grenzen von Nordrhein-Westfalen kennt man den Außen- und Abrüstungsexperten der Fraktion kaum, der 1991 in Bremen mit einer Arbeit über atomwaffenfreie Zonen promoviert hat. Seit 2002 vertritt er den

    Er ist kein Mann der ersten Reihe, der das Rampenlicht sucht. Er wurde aber am Sonntag schon bald nach Nahles’ Rücktrittsankündigung als „dienstältester Stellvertreter“, als Übergangsvorsitzender der 153 Mitglieder zählenden Fraktion ins Spiel gebracht. Er ist schon vorher häufiger für seine Chefin in die Bresche gesprungen. Manche sagen auch, er hätte sich selbst vorgeschlagen. Was eigentlich wenig zu seiner ansonsten zurückhaltenden Art passt. Aber wenn sich der Rheinländer mal was in den Kopf setzt, dann zieht er es auch durch. Zum Beispiel trotz des Widerstands der Union die „Jemen-Klausel“ im Koalitionsvertrag. Was zur Folge hat, dass zumindest noch bis zum Herbst keine Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien wegen dessen Beteiligung am Jemen-Krieg exportiert werden dürfen.

    Augsburger Abgeordnete attestiert Mützenich großen Rückhalt

    Als Kind aus einem Kölner Arbeiterhaushalt trägt der Politwissenschaftler, der in der Landesverwaltung von NRW gearbeitet hatte, bevor er die politische Bühne betrat, sozialdemokratisches Herzblut in sich. Noch als Schüler trat Mützenich 1976 in die SPD ein. Auf seiner Internetseite betont er: „Über Einkünfte aus Nebentätigkeiten oder als Lobbyist verfüge ich nicht.“

    Wie wichtig ein SPD-Fraktionschef für eine nicht immer einfache Koalitionsregierung sein kann, bewiesen in den sozial-liberal geprägten siebziger Jahren Herbert Wehner und sein FDP-Gegenüber Wolfgang Mischnick mit einer Portion gegenseitigen Respekts; oder während der ersten Merkel-GroKo Peter Struck und sein Unionskollege Volker Kauder. Am Ende verband beide eine persönliche Freundschaft. Solche funktionierenden Tandems können eine Koalition auch über schwierige Hürden retten. Vergleichbares ist von Andrea Nahles und dem aktuellen CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus allerdings nicht bekannt.

    Auch Mützenich wird kaum Zeit bleiben, solche Bande zu knüpfen, wenn er die Fraktion nur für eine Übergangszeit bis zur Neuaufstellung der SPD führen soll. Dann wird er vielleicht in der Ahnenreihe der Vorsitzenden ein ähnliches Mauerblümchendasein fristen wie der Oberpfälzer Ludwig Stiegler. Der übernahm das Vorsitzendenamt im Juli 2002 für zwei Monate bis zur Bundestagswahl für Peter Struck, der als Verteidigungsminister den in diverse Affären verwickelten Rudolf Scharping ablöste.

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