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SPD: Genossen kämpfen um ihre Pfründe

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Genossen kämpfen um ihre Pfründe

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    SPD-Chef Sigmar Gabriel hat eine umfassende Parteireform angestoßen. dpa
    SPD-Chef Sigmar Gabriel hat eine umfassende Parteireform angestoßen. dpa

    Peter Friedrich erinnert sich noch gut. Im Juni 1993 bestimmten die Mitglieder der SPD Rudolf Scharping in einer Urwahl zum neuen Parteivorsitzenden. Ein Jahr später allerdings unterlag der damalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz klar gegen Helmut Kohl. Mehr Basisdemokratie, das weiß der neue baden-württembergische Bundesratsminister Friedrich seitdem, „ist noch keine Erfolgsgarantie“.

    SPD-Chef Sigmar Gabriel und seine Generalsekretärin Andrea Nahles schreckt das Beispiel von damals nicht. Die Parteireform, die sie gerade planen, sieht nicht nur eine drastische Verkleinerung der sozialdemokratischen Führungsgremien und die Einführung einer sogenannten Migrantenquote vor, sondern auch ein völlig neues, dem Amerikanischen entliehenes Modell der Kandidatenkür: Über die Bewerber der SPD für die Wahl von Bundes- und Landtagen, ja sogar über ihren Parteivorsitzenden und den Kanzlerkandidaten sollen in Zukunft auch Nichtmitglieder entscheiden können. Befürworter des Vorhabens wie der baden-württembergische Landesvorsitzende Nils Schmid und sein Berliner Statthalter Friedrich halten das nur für konsequent: „Eine Volkspartei“, sagt Schmid, „muss die Tore weit aufmachen in die Gesellschaft hinein.“

    Viele Funktionäre allerdings verfolgen das Vorhaben mit Unbehagen. Es sei etwas anderes, ob man einen Landratskandidaten nominiere oder einen Kanzlerkandidaten, tobt der schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Ralf Stegner. „Bestimmte Wahlen müssen den Mitgliedern vorbehalten sein.“ Der Niedersachse Wolfgang Jüttner, selbst Mitglied des Parteivorstandes, spricht gar von „massivem Widerstand“ unter den Genossen. In einem Interview mit der Welt hat er bereits angekündigt, er werde einer „Entwertung der Mitgliedschaft“ auf keinen Fall zustimmen.

    Am Montag will die Generalsekretärin den Parteigremien ihre Absichten erläutern. Die radikale Öffnung soll die SPD wieder interessanter machen, vor allem für jüngere Wähler. Danach könnte künftig jeder, der nicht Mitglied einer anderen Partei ist und sich vorher in eine Art Wahlliste eingetragen hat, über das Spitzenpersonal der Sozialdemokraten mit entscheiden. Dass Orts-, Kreis- und Bezirksvorsitzende von dieser Idee alles andere als begeistert sind, liegt allerdings nicht nur an dem zusätzlichen Aufwand, den sie dann vor Nominierungen zu betreiben hätten – auch ihr Einfluss in der SPD würde dramatisch sinken. Genau das aber will Gabriel: Er hatte bereits bei seiner Wahl zum Vorsitzenden im November 2009 angekündigt, die etwas träge, überalterte und strukturkonservative Partei gründlich „durchzulüften“. Raus ins Leben müsse sie wieder, hatte er da gefordert. Wer so tief falle wie die SPD bei der letzten Bundestagswahl, „der hat mehr als nur ein Kommunikationsproblem“.

    Das neue Präsidium soll nur noch halb so groß sein

    Es könne nicht sein, dass jemand 30 Jahre Plakate kleben müsse, um in der SPD mitreden zu dürfen, sekundierte eine Delegierte damals. Ob der Parteitag Anfang Dezember deshalb schon den Weg für eine große Parteireform freimachen wird, ist jedoch alles andere als sicher. Dazu stehen in der Partei zu viele Pfründe zur Disposition: Im Präsidium, zum Beispiel, sollen nach dem Willen von Gabriel und Nahles in Zukunft nur noch neun statt bislang 17 Genossen sitzen, den Parteivorstand wollen sie sogar mehr als halbieren: von 45 auf 20 Mitglieder.

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