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SPD-Debatte: Hartz IV abschaffen: Scholz befürwortet Nahles' Plan für Sozialstaatsreform

SPD-Debatte

Hartz IV abschaffen: Scholz befürwortet Nahles' Plan für Sozialstaatsreform

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    Bei ihren Plänen für eine Abkehr von Hartz IV hat SPD-Chefin Andrea Nahles die Unterstützung von Parteikollege Olaf Scholz. Gegenwind schlägt dem Finanzminister seitens der Grünen entgegen.
    Bei ihren Plänen für eine Abkehr von Hartz IV hat SPD-Chefin Andrea Nahles die Unterstützung von Parteikollege Olaf Scholz. Gegenwind schlägt dem Finanzminister seitens der Grünen entgegen. Foto: Sven Hopp, dpa

    Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hat bei ihren Plänen für eine Abkehr vom Sozialsystem Hartz IV und damit für eine Neuausrichtung der Partei offensichtlich die Rückendeckung von Vizekanzler Olaf Scholz. Der bekommt gerade in einer anderen Angelegenheit starken Gegenwind von den Grünen.

    Die Zeit habe sich gewandelt, die SPD schlage deshalb gut fünfzehn Jahre nach den bislang letzten grundlegenden Reformen "abermals eine Modernisierung des Sozialstaates vor", sagte der Vize-Parteichef der Süddeutschen Zeitung. Am Sonntag und Montag will der SPD-Vorstand auf einer zweitägigen Klausurtagung über konkrete Ideen beraten.

    Der immer schnellere Wandel der Arbeitswelt durch technischen Fortschritt und Globalisierung dürfe nicht mit weniger Sicherheit einhergehen, sagte Scholz. Er halte deshalb etwa Verbesserungen bei der Dauer des Arbeitslosengeldbezugs für nötig.

    Der Ex-Vorsitzende Sigmar Gabriel warnte die SPD aber davor, sich auf das Thema Soziales reduzieren zu lassen. "Wir müssen mehr sein wollen als der Betriebsrat der Nation", mahnte der frühere Wirtschaftsminister in einem Interview mit unserer Redaktion. Er sprach sich für eine Senkung der Unternehmenssteuern aus, "weil sie international nicht wettbewerbsfähig sind", sowie für staatliche Investitionen in die digitale Infrastruktur, "weil der Treibstoff der Zukunft schnelle Daten sind".

    Gabriel poltert gegen Nahles' Sozialprogramm

    "Nur Milliarden in Sozialprogramme zu packen, wird Menschen nicht bewegen, uns zu wählen", warnte Gabriel. "Wählerinnen und Wähler wollen erkennen, dass eine Partei und ihre Persönlichkeiten mit den Herausforderungen der Zukunft fertig werden."

    Der SPD-Vorstand berät auf der Klausurtagung am Sonntag und Montag über Wege aus dem anhaltenden Umfragetief. Seit Monaten dümpelt die Partei um die 15 Prozent. In einer Vorlage schlägt die Spitze um Nahles eine Reihe sozialpolitischer Maßnahmen vor: den Mindestlohn zu erhöhen, Leistungen für Kinder einfacher zu gestalten und ein Recht auf das Arbeiten von zu Hause gesetzlich zu verankern. Zudem will sie älteren Arbeitslosen länger das höhere Arbeitslosengeld I zahlen und spricht vom Ziel, das bisherige Hartz-IV-System zu überwinden.

    Gabriel, der bei der Kabinettsbildung vom Führungsduo Nahles/Scholz nicht mehr berücksichtigt worden war, fiel zuletzt mit Seitenhieben gegen die Vorsitzende auf, ebenso wie Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Parteivize Malu Dreyer kritisierte dies nun. "Es gibt derzeit in der Tat einzelne Stimmen, die dazwischenfunken, während wir größtenteils gemeinsam an einem Strang ziehen", sagte die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz der Welt. Sie habe noch nie geglaubt, dass sich Dinge veränderten, indem man anderen die Schuld gebe. "Jeder muss seinen Beitrag leisten, auch ehemals wichtige Mitglieder."

    Grüne fordern Aufklärung von Bundesfinanzminister Scholz

    Auch der Sprecher des Seeheimer Kreises konservativer Sozialdemokraten, Johannes Kahrs, verteidigte Nahles und stellte sich hinter das geplante Zurückdrehen zentraler Hartz-Reformen. Zugleich forderte er wieder mehr Gewicht für Gabriel und Ex-Parteichef Martin Schulz. "Sie müssen eine wichtige Rolle spielen", sagte er den Stuttgarter Nachrichten und der Stuttgarter Zeitung. "Ich kann allen in meiner Partei nur empfehlen, Sigmar Gabriel und Martin Schulz mitzunehmen und überall einzubauen"."

    Nach der überraschend aufgetauchten Lücke von rund 25 Milliarden Euro in der Finanzplanung des Bundes fordert die Opposition Aufklärung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Scholz müsse dem Haushaltsausschuss des Bundestags "Rede und Antwort zu seinem Haushaltsloch stehen", sagte der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler der Deutschen Presse-Agentur. Scholz soll am kommenden Mittwoch Aufklärung liefern. Bis 2023 fehlen mindestens 24,7 Milliarden Euro - vor allem wegen einer sich eintrübenden Konjunktur und geringer als erwartet steigenden Steuereinnahmen. Die FDP rechnet am Ende sogar mit einer Lücke von bis zu 80 Milliarden Euro. 

    Schwarze Null bleibt oberstes Ziel - FDP befürchtet Lücke von 80 Milliarden Euro

    Derzeit wird der Haushalt für 2020 und die Finanzplanung bis 2023 aufgestellt, beides soll vom Kabinett am 20. März beschlossen werden. Wegen der Engpässe darf es neue Ausgaben nur geben, wenn an anderer Stelle von den Ministerien gespart wird. Auch die geplante Grundrente für Geringverdiener steht unter Finanzierungsvorbehalt. Oberstes Ziel bleibt die "Schwarze Null", ein Bundeshaushalt ohne neue Schulden. 

    Kindler forderte, die Reißlinie zu ziehen und die geplanten Ausgaben der großen Koalition von Union und SPD auf den Prüfstand zu stellen. "Wieso plant die Bundesregierung weiterhin, mit dem Abschmelzen des Soli ein zweistelliges Milliarden-Loch in den Haushalt zu reißen", fragte Kindler mit Blick auf die ab 2021 geplante Abschaffung des Solidaritätsbeitrags für untere und mittlere Einkommen. 

    "Jedes Jahr verschwendet der Bund über 50 Milliarden an Subventionen, die das Klima und damit unsere Lebensgrundlagen zerstören", kritisierte Kindler. "Diese Subventionen für den schmutzigen Diesel, für die Flugkonzerne, für Plastiktüten oder für die Agrarindustrie müssen konsequent abgebaut werden." Zudem gebe es Verschwendung im Verteidigungsbereich. Hinzu komme, dass allein das Baukindergeld für Familien in den nächsten Jahren zehn Milliarden koste und eher die Immobilienspekulation anheize, statt günstigen Wohnraum zu schaffen. (dpa)

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