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Russland: Russland: Beobachter kritisieren massive Wahlmanipulationen

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Russland: Beobachter kritisieren massive Wahlmanipulationen

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    Die Transparente und Fahnen mit dem Konterfei des offiziellen Wahlsiegers Dmitri Medwedew erinnern an heroische Aufmärsche zu Sowjetzeiten in Moskau. Nur die Grundfarbe Rot ist nicht mehr so dominierend wie früher. Hammer und Sichel kommen bei der Partei „Einiges Russland“ ebenfalls nicht vor.
    Die Transparente und Fahnen mit dem Konterfei des offiziellen Wahlsiegers Dmitri Medwedew erinnern an heroische Aufmärsche zu Sowjetzeiten in Moskau. Nur die Grundfarbe Rot ist nicht mehr so dominierend wie früher. Hammer und Sichel kommen bei der Partei „Einiges Russland“ ebenfalls nicht vor. Foto: Foto: dpa

    Bei einer der größten Kundgebungen von Regierungsgegnern in Russland in den vergangenen Jahren haben Tausende gegen die von Fälschungsvorwürfen überschattete Parlamentswahl protestiert. Allein in Moskau seien mindestens 300 Menschen festgenommen worden, als sie nach einer genehmigten Demonstration unerlaubt weitermarschieren und einen Polizeikordon durchbrechen wollten.

    Das teilten die Behörden in Moskau mit. Zuvor hatten sich nach Angaben des kremlkritischen Internetportals kasparov.ru mehr als 6000 Kremlgegner an einer Großkundgebung unter dem Motto „Diese Wahlen sind eine Farce“ beteiligt.

    140 Prozent gaben ihre Stimme ab

    Unregelmäßigkeiten wurden zum Beispiel im Umkreis der Millionenstadt Rostow am Don gemeldet. Dort haben am Sonntag 140 Prozent aller Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Bei Woronesch, 500 Kilometer südlich von Moskau, waren es 130 Prozent. Und im Kreis Swerdlowsk am Ural 115. Publiziert hat die Zahlen der Staatssender „Rossija-24“. Ein verräterischer Einblick angesichts einer offiziellen Wahlbeteiligung von 60,2 Prozent – oder doch nur ein Rechenfehler?

    Russland hat sein Parlament, die Duma, gewählt. Dem vorläufigen Endergebnis nach kommt die Putin-Partei „Einiges Russland“ auf 49,5 Prozent und verfügt über 238 der 450 Sitze. Das ist das schlechteste Ergebnis der Parteigeschichte. Ihr Spitzenkandidat, Präsident Dmitri Medwedew, und ihr Chef, Wladimir Putin, sprechen zwar von einem klaren Sieg, doch klar ist vor allem eines: der herbe Verlust. „Einiges Russland“ behält zwar die Oberhand im Parlament, die Zweidrittelmehrheit aber ist dahin. Um Verfassungsänderungen durchzubringen, ist sie auf Koalitionen angewiesen.

    Auf Platz zwei landen die Kommunisten

    Zweite Kraft sind die Kommunisten, die sich auf 19,2 Prozent (92 Sitze) fast verdoppelten. Das ebenfalls als kremlnah geltende „Gerechtes Russland“ kommt auf 13,2 Prozent (64 Sitze) und die nationalistische Liberal-Demokratische Partei des Wladimir Schirinowski auf 11,7 Prozent (56 Sitze). Die liberale Oppositionspartei „Jabloko“, die wirtschaftsliberale „Rechte Sache“ und die „Patrioten Russlands“ scheiterten an der Sieben-Prozent-Hürde.

    Die Resultate in Rostow bezeichnet Wladimir Tschurow, ein Schulfreund Putins, der die Wahlkommission leitet, als „kleine Unregelmäßigkeiten“. Für professionelle Beobachter sind solche Auffälligkeiten „etwas vollkommen Gängiges in einem Land, das keine fairen Wahlen hat“, sagt Lilia Schibanowa, die Leiterin der unabhängigen Organisation „Golos“ (Stimme). Sie berichtet von geknackten Postfächern, überwachten Telefonen, nicht funktionierenden E-Mail-Zugängen.

    Medwedew weist Kritik zurück

    Auch die Beobachter von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sprechen von „häufigen“ Manipulationen – „zugunsten der Kreml-Partei“. Der Wahlkampf sei von „begrenztem politischen Wettbewerb und einem Mangel an Fairness“ geprägt gewesen.

    Medwedew weist die Vorwürfe von sich und verlangt nach „Beweisen für die Eingriffe der Staatsmacht“. Die Abstimmung sei „ehrlich, gerecht und demokratisch“ verlaufen. Wahlbeobachter berichten dagegen über Missbrauch von Wahlberechtigungsscheinen, die Menschen erhalten, wenn sie nicht in ihrem angestammten Lokal wählen. „Wir gehen davon aus, dass zehn bis 15 Prozent der Stimmen gefälscht sind“, sagt Lilia Schibanowa. Dennoch sei die Regierungspartei abgestraft worden. „Der Veränderungsprozess in der Gesellschaft hat begonnen“, sagt sie. (mit dpa)

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