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Russland-Affäre: Triumph für Trump: Mueller-Bericht entlastet US-Präsidenten

Russland-Affäre

Triumph für Trump: Mueller-Bericht entlastet US-Präsidenten

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    Donald Trump hat Mueller immer wieder attackiert. Er warf ihm vor, den Demokraten helfen zu wollen und eine «Hexenjagd» zu betreiben.
    Donald Trump hat Mueller immer wieder attackiert. Er warf ihm vor, den Demokraten helfen zu wollen und eine «Hexenjagd» zu betreiben. Foto: Manuel Balce Ceneta/AP (dpa)

    Im Internet kann man das hochbrisante Enthüllungswerk schon bestellen. Als „Bestseller“ preist der Versender Amazon das 9,20 Dollar teure Taschenbuch mit einem Vorwort des Starjuristen Alan Dershowitz an. „The Mueller Report“ steht in roten und blauen Lettern auf dem Titel. Dahinter sollen 960 Seiten folgen. Am 30. April will der New Yorker Verlag Skyhorse ausliefern. Vielleicht aber auch später. Oder nie.

    Bislang nämlich haben die Lektoren nicht eine Zeile des Berichts gelesen, der seit Freitagabend die amerikanische Öffentlichkeit in Atem hält. Sie wissen nicht einmal, ob es jemals publiziert werden darf. Insgesamt 22 Monate lang hat die Mueller-Untersuchung das Land aufgewühlt und Präsident Donald Trump erregt. Nun ist die Ermittlung abgeschlossen. Ex-FBI-Chef Robert Mueller hat sein schriftliches Fazit an Justizminister William Barr übergeben. Doch ein neuer Streit könnte noch erbitterter als die bisherige Auseinandersetzung werden: Es ist der Kampf um die Veröffentlichung und die Deutung des kompletten Reports.

    Nach einem Wochenende voller Hochspannung, während dessen das politische Washington jede öffentliche Bewegung Muellers eingehend auf mögliche Hinweise untersuchte und Trump demonstrativ entspannt n in Florida Golf spielte, machte Barr in einer vierseitigen Erklärung am Sonntagabend zumindest die Kernaussagen des Berichts bekannt. Seit dem Mai 2017 hatte die Untersuchung angeblicher Absprachen zwischen dem Trump-Lager und Russland während des US-Wahlkampfes und einer möglichen Behinderung der Aufklärung durch Präsident Donald Trump wie ein Damoklesschwert über dem Weißen Haus geschwebt. Die akribischen Recherchen des Sonderermittlers und seiner 19 Anwälte, in deren Verlauf rund 500 Zeugen vernommen wurden, sprechen den Präsidenten nun von dem Vorwurf einer Konspiration mit den Russen frei, während sie die Justizbehinderung weder nachweisen noch widerlegen können.

    Der Sonderermittler habe sich mit den diversen russischen Versuchen einer Einflussnahme auf die US-Präsidentschaftswahl beschäftigt, erklärt Barr. Doch für Absprachen gebe es keine Belege. Ausdrücklich wird das Originalschreiben von Mueller zitiert: „Die Untersuchung hat nicht nachgewiesen, dass Mitglieder der Trump-Kampagne sich mit der russischen Regierung verschwört oder abgestimmt haben.“ Diese Feststellung ist für Trump von enormer politischer Bedeutung. „No collusion!“ (Keine Absprachen!) hatte er zuletzt fast täglich getwittert und die Untersuchung von Mueller als „Hexenjagd“ diffamiert. Dass er nun ausgerechnet von dem Ex-FBI-Chef, den er am liebsten gefeuert hätte, zumindest teilweise rehabilitiert wird, entbehrt nicht einer pikanten Note.

    Russland-Ermittlungen: Trump sieht eine „totale und komplette Entlastung“

    Freilich hatte Mueller im Rahmen seiner Ermittlungen andere schwere Vergehen von Trump-Vertrauten zu Tage gefördert. Ganz offensichtlich wurde im direkten Umfeld des Milliardärs das Gesetz mit den Füßen getreten: Trumps ehemaliger Wahlkampfmanager Paul Manafort und sein Ex-Anwalt Michael Cohen müssen demnächst ins Gefängnis, seinem ehemaligen Sicherheitsberater Michael Flynn droht ebenfalls eine Haftstrafe. Nach Aussagen mehrerer Zeugen hat Trump seine Ex-Geliebten mit Schweigegeldzahlungen ruhiggestellt und die Öffentlichkeit darüber belogen, dass er noch während des Präsidentschaftswahlkampfes in Moskau über den Bau eines Trump-Towers verhandelte. Sein Sohn Donald Jr. wiederum initiierte ein Treffen mit einer Kreml-nahen Anwältin, die Material für eine Schmutzkampagne gegen Hillary Clinton liefern sollte.

    Insgesamt gab es nach Muellers Erkenntnissen während des US-Wahlkampfes und der Regierungsbildung mehr als 100 Kontakte von Trump und seinen Vertrauten mit Russen. So verhandelte Flynn über eine Lockerung der Sanktionen, und Trumps Vertrauter Roger Stone hatte mutmaßlich seine Finger bei der Veröffentlichung der von Russen gestohlenen Clinton-Mails im Spiel. Doch war von Anfang an die entscheidende Frage gewesen, ob Mueller dem Präsidenten eine gezielte Zusammenarbeit mit den Russen nachweisen könnte. Diese „Smoking Gun“ existiert offenbar nicht, oder zumindest hat ein 20-köpfiges Ermittlerteam sie in knapp zwei Jahren nicht gefunden.

    Der Weg zum Gottesdienst führte Sonderermittler Robert Mueller am Sonntag auch am Weißen Haus vorbei. Auch dort dürfte man noch auf seinen Bericht warten, den er dem Justizminister übergeben hat.
    Der Weg zum Gottesdienst führte Sonderermittler Robert Mueller am Sonntag auch am Weißen Haus vorbei. Auch dort dürfte man noch auf seinen Bericht warten, den er dem Justizminister übergeben hat.

    Nachdem er sich gegen seine Gewohnheit zwei Tage bei Twitter weitgehend zurückgehalten hatte, setzte Trump am Sonntagabend einen Sieges-Tweet ab: „Totale und komplette Entlastung“, triumphierte er. Sein Vertrauter, der Senator Lindsey Graham, mit dem er den ganzen Tag Golf gespielt hatte, erklärte: „Das ist ein ganz schlechter Tag für all diejenigen, die den Präsidenten zu Fall bringen wollten.“

    Doch die oppositionellen Demokraten wollen keineswegs klein beigeben.  „Es ist unerlässlich, dass der gesamte Bericht der Öffentlichkeit vorgelegt und die zugrundeliegenden Dokumente und Erkenntnisse dem Kongress übermittelt werden“, hatten Nancy Pelosi und Chuck Schumer, die Anführer der Demokraten im Repräsentantenhaus und im Senat, schon am Freitag protestiert. Justizminister Barr hat zwar „soviel Transparenz wie möglich“ angekündigt, will den Mueller-Report jedoch keinesfalls komplett herausgeben. Seine Beamten arbeiten an einer bereinigten Fassung, die zu einem unbekannten Zeitpunkt an den Kongress gehen soll. Es dürften keine vertraulichen Informationen herauskommen, erklärte Barr. Das wollen die Demokraten nicht akzeptieren.

    Ohnehin könnte das euphorische Siegesgeheul des Präsidenten verfrüht sein. Nicht nur hat Mueller mehrere Verfahren bereits an andere Staatsanwaltschaften abgetreten, die weiter arbeiten. Vor allem enthält Muellers Bericht zur Frage einer möglichen Justizbehinderung keine klare Aussage: „Während dieser Report nicht zu dem Schluss kommt, dass der Präsident eine Straftat begangen hat, entlastet er ihn auch nicht“, heißt es dort ausdrücklich. Offenbar war Mueller die Frage zu heikel, und er lieferte dem Justizminister Argumente für beide Positionen. Es waren dann Barr und sein Stellvertreter Rod Rosenstein, die entschieden, dass die Indizien nicht ausreichen, um Trump eine bewusste Justizbehinderung nachzuweisen.

    "Der Müller-Report befasst sich nur mit möglichen Verbrechen"

    Vor allem auf diesen Punkt dürften sich die Demokraten nun stürzen, die die Untersuchung im Kongress fortführen wollen: „Der Müller-Report befasst sich nur mit möglichen Verbrechen“, sagt Jerry Nadler, der Vorsitzende des Justizausschusses: „Unser verfassungsmäßiger Auftrag ist es, die Herrschaft des Rechts sicherzustellen, und das beinhaltet auch andere Missbräuche von Macht sowie die Behinderung der Justiz.“ Tatsächlich gibt es für den letztgenannten Vorwurf reichlich Anhaltspunkte. Immerhin begann die ganze Affäre damit, dass Trump den damaligen FBI-Direktor James Comey feuerte, weil dieser ihm keinen Persilschein in den Russland-Ermittlungen ausstellen wollte. Später attackierte und beleidigte Trump mehrfach seinen damaligen Justizminister Jeff Session, weil dieser das Verfahren nicht unterdrückte.

    Um ihre Arbeit mit weiteren Anhörungen und Untersuchungen möglichst effektiv fortsetzen zu können, brauchen die Demokraten aber Muellers Erkenntnisse. Deshalb fordern sie die Herausgabe der kompletten Unterlagen. „Wenn der Justizminister irgendwelche Spielchen spielt, werden wir Herrn Mueller vorladen und das Ganze notfalls vor Gericht bringen“, droht Sean Patrick Maloney, ein Mitglied des Geheimdienstausschusses, schon.  

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