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Analyse: Demokraten wollen Amtsenthebung: Steht Trump vor dem Sturz?

Analyse

Demokraten wollen Amtsenthebung: Steht Trump vor dem Sturz?

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    Die Demokraten haben erste Schritte für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump eingeleitet.
    Die Demokraten haben erste Schritte für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump eingeleitet. Foto: Alex Brandon, dpa (Archiv)

    Monatelang hat die Führung der US-Demokraten auf die Bremse getreten. Ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident sei politisch zu riskant, die Mehrheiten dafür nicht in Sicht, argumentierte Parlamentssprecherin Nancy Pelosi. Am Dienstagnachmittag war plötzlich alles ganz anders. "Der Rubikon ist überschritten", erklärte Pelosi. Nun wollen die Demokraten die formellen Untersuchungen für ein Impeachment einleiten.

    Wir erklären hier die Hintergründe des Verfahrens: Was sind die Motive? Wie läuft das Verfahren? Wie wahrscheinlich ist der Sturz von Donald Trump?

    Warum streben die Demokraten die Amtsenthebung an?

    Konkreter Auslöser ist Trumps Ukraine-Affäre. Mitte Juli hatte er versprochene Hilfsgelder in Höhe von 400 Millionen Dollar für das Land zunächst ohne erkennbaren Grund auf Eis gelegt. Am 25. Juli telefonierte er dann mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und drängte diesen, eine Untersuchung gegen den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden und dessen Sohn Hunter einzuleiten, der im Verwaltungsrat eines ukrainischen Gaskonzerns sitzt. Das hat Trump in den vergangenen Tagen zugegeben.

    Er bestreitet jedoch, den Finanztransfer von der Verfolgung seines politischen Gegners abhängig gemacht zu haben. Die Demokraten sehen einen direkten Zusammenhang und sprechen von Korruption. "Das ist ein Betrug am Amtseid, an der nationalen Sicherheit und an der Unversehrtheit der Wahlen", sagte Pelosi.

    Was bedeutet "Impeachment"-Verfahren?

    Laut amerikanischer Verfassung kann der Kongress den Präsidenten seines Amtes entheben, wenn er "Verrat, Bestechung oder andere schwere Verbrechen und Vergehen" begangen hat. Der Begriff stammt aus der britischen Rechtstradition, ihre genaue Definition ist umstritten. Allgemein wird jedoch argumentiert, dass ein Präsident wegen eklatanten Machtmissbrauchs entlassen werden kann, selbst wenn dieser nicht strafbar ist.

    Wie oft kommt es zum Amtsenthebungs-Verfahren?

    Sehr selten. In der Geschichte der USA wurden nur zwei Präsidenten in einem Impeachment-Verfahren angeklagt: Andrew Johnson (1868) und Bill Clinton (1998). Beide wurden am Ende aber freigesprochen und blieben im Amt. Richard Nixon trat 1974 freiwillig zurück, um ein Impeachment zu verhindern.

    Wie läuft das Impeachment-Verfahren ab?

    Zunächst suchen ein oder mehrere Ausschüsse des Repräsentantenhauses nach Anklagepunkten gegen den Präsidenten. Diesen Prozess hat Nancy Pelosi nun eingeleitet. Dann stimmt das Plenum des Repräsentantenhauses ab. Dort sitzen 235 Demokraten und 198 Republikaner. Allerdings haben noch nicht alle Demokraten erklärt, dass sie mit "Ja" stimmen würden.

    Kommt eine Mehrheit zustande, ist das Impeachment beschlossen. Im Grunde ist das die Anklage des Präsidenten. Dann geht der Vorgang in den Senat. Abgeordnete des Repräsentantenhauses tragen die Anklage vor, der Präsident hat Verteidiger, die Senatoren sind quasi die Richter. Wenn sie der Anklage mit Zweidrittelmehrheit zustimmen, ist der Präsident des Amtes enthoben. Der Vizepräsident rückt automatisch nach.

    Gab es nicht schon früher Anlässe für ein "Impeachment"-Verfahren?

    Doch. Während der ganzen Mueller-Untersuchung haben die Demokraten mit der Frage gerungen, sich aber gegen ein Impeachment-Verfahren entschieden, weil ihnen die Gefahr des Scheiterns zu groß war und sie fürchteten, dass  der Prozess von der Diskussion inhaltlicher Alternativen zu Trump abhalten könnte. Doch inzwischen ist der Druck der Basis übergroß geworden. Längst fordern nicht mehr nur linke Abgeordnete die Amtsenthebung, sondern auch pragmatische Parlamentarier und inzwischen sogar Präsidentschaftskandidat Biden. Sie fürchten um ihre Glaubwürdigkeit, wenn sie immer skandalösere Verstöße des Präsidenten gegen Recht und Gesetz ungeahndet durchgehen lassen.

    Wie sind die Chancen des Verfahrens?

    Eher mäßig. Eine Mehrheit im Repräsentantenhaus scheint erreichbar. Aber im Senat haben die Republikaner die Mehrheit. Dort zwei Drittel der Stimmen zusammenzubekommen, scheint im Augenblick unmöglich. In der Vergangenheit haben sich die Republikaner immer wieder um Trump geschart. Bislang ist mit Mitt Romney erst ein einziger Senator auf Distanz zum Präsidenten gegangen. Auch in der Öffentlichkeit gab es bei den jüngsten Umfragen, die allerdings vor der Ukraine-Affäre durchgeführt wurden, keine Mehrheit.

    Dann sitzt Trump also fest im Sattel?

    Das kann man auch nicht sagen. Die Untersuchung des Vorgangs könnte weitere krumme Geschäfte des Präsidenten zutage fördern, die zu einem öffentlichen Meinungsumschwung führen. Dann dürften auch einige Republikaner aus Angst vor einer Wahlniederlage von der Stange gehen. Vor allem könnte Trump durch unbedachte öffentliche Äußerungen, wie er sie in Momenten der emotionalen Aufwallung gerne macht, ungewollt belastendes Material liefern. Darauf bauen kann man freilich nicht. Sicher ist nur, dass das Impeachment-Verfahren von nun an den Wahlkampf überschatten wird.

    Hier lesen Sie unseren Artikel zu Trumps Auftritt bei der UN-Vollversammlung: Trump entschärft Ton gegenüber Iran.

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